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1901 - 2001

 

Gestern -  Heute - Morgen

 

Ein Kindergarten wird 100!

 

 

Janett Birr

 

 

   Eine wechselvolle und spannende Entwicklung eines Gebäudes, das vielleicht sogar schon als Institution bezeichnet werden kann!

 

   Manch einer der  älteren Generation erinnert sich an den Kindergarten früherer Tage. Der Eingang befand sich genau an der heutigen Strasse der Freundschaft. Im Erdgeschoß befanden sich Gruppenräume für Kindergarten- und Hortkinder. Im oberen Teil des Hauses gab es eine Wohnung für die Familie Steinberg. Frau Steinberg arbeitete lange Jahre als Leiterin des Kindergartens. Ebenfalls im oberen Teil gab es eine kleine Teeküche, ein kleines Bad und ein winziges Zimmer für die Kindergartenschülerinnen.

   Der große Gruppenraum wurde erst später angebaut. In dem genannten Schülerinnenzimmer lebte auch für einige Zeit Frau E. Lucka. Sie begann 1951 ihre Arbeit im Kindergarten. Frau Lucka und Frau Seemann, die 1954 ihre Arbeit im Kindergarten begann, wissen noch viel  Interessantes aus der damaligen Zeit zu berichten. Begonnen wurde der Tag mit einem Frühstück für alle Kinder, das größtenteils aus belegtem Brot und Milchsuppe bestand. Da es noch keine Küche und somit auch kein Mittagessen im Kindergarten gab, wurden die Kinder zur Mittagszeit auf den Markt gebracht, wo sie dann von ihren Müttern abgeholt wurden. Nach dem Mittagessen brachten die Mütter ihre Kinder wieder in die Einrichtung. Abends marschierten die Kinder dann wieder in Begleitung einer Erzieherin zum Marktplatz wo sie wieder von ihren Müttern in Empfang genommen wurden. Der damalige Arzt Dr. Rademacher verordnete den Kindern Höhensonne um ihre Gesundheit zu kräftigen. In späteren Jahren setzte sich Dr. Grünwold dafür ein, daß die Kinder 1x wöchentlich die Sauna besuchen konnten.  Mit dem teilweisen Neuaufbau der oberen Etage kam der Kindergarten im Jahr 1955 auch in den Genuß einer eigenen Küche. Hier konnte dann das Mittagessen für die Kinder vorbereitet werden. Für die damaligen Köchinnen war es eine schwierige Aufgabe das Essen zu kochen. Es gab Fleischzuteilungen und man konnte nicht einfach in den Laden gehen und das Benötigte einkaufen. Oftmals gab es nur Kartoffeln mit Rotkohl. Nichts weiter! An den "süßen" Geschmack von Kartoffeln, die Frost bekommen hatten, erinnerte sich Frau Seemann noch besonder gut. Kartoffeln und andere Gemüse wurden von den Kindergärtnerinnen und Köchinnen selbst in stadteigenen Gärten angebaut und mußten dann auch möglichst frostsicher gelagert werden. Hierzu diente der relativ kleine Keller des Kindergartens, aber auch Kellerräume im damaligen Landambulatorium.

   Die Essenpreise betrugen pro Kind 35 Pfennige und 10 Pfennig Milchgeld pro Tag. Die Köchinnen konnten aber 60 und später 80 Pfennig pro Kind verplanen. Der Differenzbetrag wurde vom Staat gezahlt.

   Aber auch die Einwohner Neukalens trugen viel zur besseren Versorgung der Kinder bei, indem sie viel Obst u.ä. in den Kindergarten brachten. Das wurde dann zusammen mit dem Obst aus dem Garten des Kindergartens eingeweckt und so konserviert.

   Mit dem teilweisen Neubau der oberen Räume wurden die Horträume in den oberen Bereich verlegt.

   Frau Dierschow erinnert sich an den Neubau des Hortgebäudes 1967/68 : Auf der einstigen Wiese, die bei gutem Wetter auch zum Mittagsschlaf genutzt wurde, entstand ein Neubau mit 2 Gruppenräumen sowie sanitären Einrichtungen. Hier fand sich der Platz für eine Kindergarten- und eine Krippengruppe. Ungefähr nach zwei Jahren wurde auf Grund der großen Nachfrage eine komplette Kinderkrippe eröffnet. Das Gebäude befand sich in direkter Nachbarschaft des Kindergartens. Jetzt wurde der Neubau ausschließlich von Kindergartenkindern besucht.

   Aber es kamen immer mehr Kinder in den Kindergarten. Und so mußten neue Räumlichkeiten gefunden werden, um alle Kinder betreuen zu können. Ausweichmöglichtkeiten wurden mit dem Anglerheim, der alten Baracke und Räumen am Rathmannsteich gefunden. Teilweise wurden auch Kinder mit einem Bus nach Warsow in den Kindergarten gebracht.

   Auch damals wurde viel mit den Kindern unternommen. Es gab Ausflüge mit Pferd und Wagen, der Kindertag wurde besonders bunt und fröhlich gefeiert. Höhepunkte wurden langfristig vorbereitet. So wurden die Gruppenräume von den Erzieherinnen besonders liebevoll geschmückt und es gab einen Wettstreit um den bestgeschmückten Raum. Es herrschte meist eine fröhliche und lockere Atmosphäre, die sich auch auf die Kinder übertrug.

   Beschäftigungen standen, ähnlich wie heute unter einem ganz bestimmten Thema und zogen sich über mehrere Tage und Wochen hin. Schon damals wurde "ganzheitlich" gearbeitet und die Kinder sollten das Thema mit allen Sinnen begreifen und erleben.

   Noch eine Besonderheit gab es damals. Aller Erzieherinnen wurden mit Tante und ihrem Vornamen angeredet und auch die Erzieherinnen sagten im Beisein der Kinder Zueinander: Guten Tag Tante Hildegard oder Tante Erna gehst du mit deinen Kindern spazieren.

   Das äußere Erscheinungsbild einer Erzieherin war zu dieser Zeit durch eine weiße und später durch eine farbige Schürze geprägt.

   Frau Dierschow erinnerte sich daran, daß es in den 60-er und Anfang der 70- er  Jahre kaum Möbel in den Gruppenräumen gab. Auch Spielzeug war noch selten und so wurde viel Kreativität sowohl von den Kindern als auch von den Erzieherinnen verlangt.

   So wurde viel mit den Kindern gemalt und gebastelt aber auch Lieder und Gedichte klangen durch das Haus.

   Es wurden mit den Kindern viele Spazier- und Beobachtungsgänge unternommen. Da zu dieser Zeit noch relativ wenig Verkehr herrschte, war es auch noch  ungefährlicher mit den Kindern das Kindergartengelände zu verlassen.

   Frau Lucka erinnerte sich an die Mahlzeiten der Kinder. Die Kinder wurden angehalten alles zu essen, d.h. alles zu probieren und meistens mußten die Kinder den Teller auch leer essen.

   Auch an die viele Schreibarbeit erinnerten sich die ehemaligen Erzieherinnen noch sehr gut. So mußte jede Beschäftigung schriftlich vorbereitet werden und im Anschluß mußte auch jede Beschäftigung schriftlich nachbereitete werden.

   Als besonders schön wurde auch der Zusammenhalt der Kolleginnen untereinander bewertet. So wurde in der Vorweihnachtszeit "gewichtelt". Jede Kollegin erhielt von einer Anderen an jedem Tag vor Weihnachten eine kleine Überraschung, ohne daß man wußte von wem diese kleine Gabe kam (jedenfalls meistens!) So bekam damals Frau Dierschow einen Liebesknochen gewichtelt und da brauchte sie gar nicht lange zu überlegen, von wem diese Überraschung stammte. Vielleicht erraten sie es selbst, wenn ich verrate, daß diese Kollegin aus Neukalen stammt, gerade 1984 schwanger war (daher die große Liebe für diese Gebäck!) und noch heute im Kindergarten arbeitet!

   Besondere Höhepunkte im Jahr waren auch die Weihnachtsfeiern. Hier wurden kleine Programme mit den Kindern eingeübt, Geschenke gebastelt und die Räume liebevoll dekoriert.

   Auch die nicht gerade seltenen Versammlungen schweißten das Kollektiv enger zusammen. So gab es Versammlungen des Rates der Stadt, des Kulturbundes, des DFD (Frauenbund), Einwohnerversammlungen, verschiedenartige Vorträge, Versammlungen des FDGB (Gewerkschaftsbund). Diese Versammlungen waren zum größtenteil Pflichtveranstaltungen, an denen jede Erzieherin teilnehmen mußte bzw. der Kindergarten durch einige Frauen vertreten werden mußte.

   Die jahrelange Arbeit im Kindergarten wurde in regelmäßigen Abständen honoriert. So gab es nach 10 jähriger Tätigkeit als Erzieherin die Pestalozzimedaille. Diese Auszeichnungen wurden dann gemeinsam mit Erzieherinnen und Kindern gefeiert.

   Die damalige Arbeitswoche ging von Montag bis Sonnabendmittag und des öfteren gab es nach der Arbeit noch einen sogenannten Arbeitseinsatz oder Subbotnik. Teilweise wurden die Gärten oder das Gelände des Kindergartens gepflegt und bewirtschaftet.

   In der Erntezeit gab anstelle der Arbeitseinsätze die Ernteeinsätze.

 

   Am 1. August 1971 bzw. 1979 fing für Frau Ziak und für Frau Zingelmann die Arbeit als damalige Erzieherin im Kindergarten Neukalen an.

   In dem Haus lebten 8 Gruppen mit 20 - 24 Kindern. In dieser Zeit arbeiteten 12 - 14 Erzieherinnen in der Einrichtung.

   Der Kindergartenalltag verlief damals nach einem ganz festen Zeit- und Terminplan ab. Die Arbeit der Erzieherinnen war in einen sogenannten Rahmenplan gefaßt und bestimmte die tägliche Arbeit.

   Es gab, anders als heute, keine alltersgemischten Gruppen. 3-jährige Kinder gingen in die jüngere Gruppe, 4-5-jährige in die mittlere und 6 jährige Kinder gingen in die ältere Gruppe.

   Für jedes Alter gab es einen vorgeschriebenen Bildungs- und Erziehungsplan mit einem festgesetzten, zu erreichenden Ziel. Diese Ziele waren in Sachgebiete eingesteilt.

z.B. Bekanntmachen mit dem gesellschaftlichen Leben;

Bekanntmachen mit der Natur;

Mengenlehre;

Musikerziehung;

Malen und Zeichnen, Basteln und Formen;

Bauen

Sport

Muttersprache und Literatur

      

   Die Tage verliefen nach einem festgelegten Tagesablauf, der von allen Gruppen eingehalten wurde. Die Gruppen mußten sich an feste Toiletten- und Waschraumzeiten halten, da von 2 Gruppen gleichzeitig diese Räumlichkeiten genutzt wurden.

   Teilweise kam es zu kleineren Rempeleien, weil alle Kinder einer Gruppe gleichzeitig die Wasch- und Toilettenräume nutzten.

   Nach dem Frühstück und den sogenannten "Hygienischen Verrichtungen" ging es weiter im Tagesablaufplan.

   Wie ein Tagesablaufplan zur damaligen Zeit aussah, möchten wir ihnen hier gern noch einmal aufzeigen.

   6.00 - 7.30 Uhr     Sammeln der Kinder (Frühdienst)

   7.00 - 7.50 Uhr     Spielen in der eigenen Gruppe

   7.50 - 8.20 Uhr     Morgenkreis und Körperpflege

   8.00 - 8.20 Uhr     Frühstück

   8.20 - 8.30 Uhr     Körperpflege

   8.30 - 8.45 Uhr     Morgengymnastik und Kreisspiele

   8.45 - 9.00 Uhr     Vorbereitung der Beschäftigung

   9.00 - 9.25 Uhr     erste Beschäftigung

   9.25 - 9.35 Uhr     Pause / Vorbereitung der zweiten Beschäftigung

   9.35 - 9.55 Uhr     zweite Beschäftigung

   10.00 - 11.00 Uhr     Spiele im Freien oder im Raum

   11.00 - 11.15 Uhr     Körperpflege

   11.15 - 11.35 Uhr     Mittagessen

   11.35 - 12.00 Uhr     Körperpflege und Vorbereitung zum Mittagsschlaf

   12.00 - 13.30 Uhr     Mittagsschlaf

   13.30 - 13.40 Uhr     Körperpflege

   13.40 - 14.15 Uhr     Spiele

   14.15 - 14.35 Uhr     Kaffee

   14.35 - 16.00 Uhr     Spiele in der Gruppe oder im Freien

   16.00 - 17.00 Uhr     Sammeln der Kinder in der Spätdienstgruppe

 

   (Über den Sinn oder Unsinn eines vollständig durchgeplanten Tages möge sich der geneigte Leser selbst ein Urteil bilden.)

 

   Die Beschäftigungen waren in verschiedene Quartale eingeteilt. Es gab Beschäftigungsüberblicke für die jüngere-, mittlere- und ältere Gruppe. Für die jeweiligen Beschäftigungen gab es bestimmte, vorgegebene Zeiten sowohl über die Anzahl  als auch über die Dauer.

 

   Die 3 jährigen Kinder hatten 7-15 min Beschäftigung und  30 min. Sport.

   Die Kinder der mittleren Gruppe hatten eine vorgegebene Beschäftigungszeit von 20 min. in der ersten und 15 min. in der zweiten Beschäftigung. Für Sport war eine Dauer von 30 - 40 min vorgesehen.

   In der älteren Gruppe gab es folgende Beschäftigungszeiten:

1. Beschäftigung - 25 min.

2. Beschäftigung - 20 min, Sport 30 - 45 min.

 

   Feste und Feiern bestimmten auch damals den Kindergartenalltag mit und stellten immer einen ganz beonderen Höhepunkt da. Sie wurden langfristig gemeinsam mit Eltern und Kindern vorbereitet.

   So gab es z.B. im September ein Erntefest, im Oktober wurde der Tag der Republik gefeiert, im November gab es das Buratino- und Matrioschkafest.

   Eine Adventsfeier mit Eltern gab es im Dezember. Schneemannfest, Fasching und Frühlingsfeste gab es im Januar, Februar und März. Auch der 8. März, der internationale Frauentag wurde ganz besonders vorbereitet um die Mütter mit einer kleinen Überraschung zu erfreuen.

   Der Osterhase kam im April und der 1.Mai wurde als Kampf und Feiertag der Arbeiter gefeiert. Die Erzieherinnen nahmen an den Kundgebungen teil.

   Der Juni brachte gleich drei Höhepunkte mit:

   1. den Kindertag;

   2. den Lehrertag;

(die Kindergärtnerinnen gehörten ebenfalls zum Bereich der Volksbildung) und    3. den Tag der Volkspolizei.

 

   Hier möchten wir ihnen noch einige Ziele aus dem Bildungs- und Erziehungsplan aufzeigen.

- Stolz auf unser sozialistisches Heimatland

- die Kinder sollen wissen, das viele Bürger unserer Heimat verantwortungsvolle Arbeit leisten

- die Kinder sollen die Arbeit des Bürgermeisters, des Postboten, der Köchin, des Hausmeisters, der Verkäuferin und der eigenen Eltern kennenlernen

- die Kinder sollen wissen, welche typischen Erzeugnisse ihres Heimatortes für die Menschen in der DDR wichtig sind

- Berlin ist die Hauptstadt unseres Heimatlandes

- besondere Höhepunkte den Kindern vermitteln: 7. Oktober, 8. März, 1. Mai, 1.Juni

- freundschaftliche Beziehungen zu Kindern anderer Länder knüpfen (Tag der Deutsch Sowjetischen Freundschaft im November)

- Vorbereitung der Kinder auf die Schule (Hort und Pionierhäuser besuchen)

- vom Schutz des Friedens und vom Leben der Soldaten der NVA, der Grenztruppen und der Kampfgruppen berichten - besonders mit Liedern, Gedichten und Geschichten

- Verkehrserziehung - Aufmerksamkeit und Disziplien im Straßenverkehr, Verkehrsregeln lernen

 

   Diese genannten Ziele spiegelten sich auch sehr oft in anderen Sachgebieten wieder. Es wurden Verbindungen zum Tagesablauf geschaffen und es wurde versucht den Kindern diese Ziele zu vermitteln.

   Bewohner Neukalens konnten nicht so oft Einblick in das Innere des Hauses werfen, doch der Wandel der Aussenfassade blieb wohl kaum jemandem verborgen. So waren die Krähenfüße jahrelang ein Wahrzeichen des Kindergartens. Sie wurden von Herrn Ahlgrimm angebracht und  verursachten größere oder kleinere Diskussionen zum Thema Kunst oder Kitsch über das sich bekanntermaßen herrlich streiten läßt.

   Mitlerweile wurde die Aussenfassade in freundliches Grün (sicherlich auch eine Frage des Geschmacks) getaucht und erstrahlt seit 1999 in neuen Glanz.

 

   Mit dem Fall der Mauer im November und der Wendezeit gab es auch eine Wende im Kindergartenleben. Sie vollzog sich nicht so spektakulär und schnell wie der Mauerfall, doch langsam und stetig wurden neue Formen auch im Kindergarten sichtbar.

   Die damaligen Erzieherinnen bemühten sich neue Wege zu gehen und so suchte sich auch unser Kindergarten einen Träger. In sozialistischen Zeiten gab es mit Ausnahme einiger weniger Einrichtungen nur staatlich geführte Einrichtungen.

   Besonders die Evangelische Kirchgemeinde vor Ort wurde Ansprechpartner für unseren Kindergarten und so kam es, daß sie mit dem 01.10.1991 die Trägerschaft des Kindergartens übernahm. Es war eine sehr intensive Zusammenarbeit, in der von Seiten der Erzieherinnen und der Kirchgemeinde versucht wurde den Grundstein für  eine Evangelische Einrichtung zu legen. Besondere Arbeit leistete hierbei unser damaliger Propst D. Waack. Unterstützung wurde dem Kindergarten auch von der Partnergemeinde aus Lahde zuteil. Erzieherinnen konnten die dortige Einrichtung besuchen und Erfahrungen austauschen. Es gab einen regen Schriftverkehr und gegenseitige Besuche.

   Teilweise bestehen noch heute die damals geknüpften Verbindungen. 

   Mit der Wendezeit kamen viele veränderte Bedingungen auf die Einrichtung zu. Ein Problem war und ist sicherlich der Umstand, daß Erzieherinnen jetzt auch mit Geldproblemen konfrontiert waren und sind, die früher keine Rolle gespielt haben. Es werden nicht mehr so viele Kinder geboren. Mütter sind arbeitslos und können sich teilweise keinen Kindergartenplatz leisten. Erzieherinnen sind auch Rechenkünstler geworden. Sicher wurde auch zu "Ostzeiten" kein Geld verschwendet, aber es spielte keine so große Rolle wie in heutiger Zeit.

   Erzieherinnen der Einrichtung bangten um ihren Arbeitsplatz. Weniger Kinder bedeutet weniger Arbeitsplätze und weniger Geld für die Einrichtung.

   Der Arbeits- und Verwaltungsaufwand für Kindergarten und Kirchgemeinde wurde immer größer und war teilweise kaum noch zu bewältigen. So stellte die Kirchgemeinde den Antrag an den damaligen Diakonieverein des Kirchenkreises Malchin e.V. um Übernahme der Trägerschaft des Kindergartens in der Strasse der Freundschaft 22 ( mit damaligem Namen "Sankt Johannes"). Der Diakonieverein willigte ein und so kam es zur Trägerübernahme am 01.01.1993. Aber auch weiterhin begleitete und begleitet uns die Evangelische Kirchgemeinde in unserer Arbeit. Unser jetziger Pastor M. Kühn arbeitet im Verwaltungsrat des heutigen Diakonieverein Malchin e. V. ( nach der Auflösung der alten Kirchenkreisstrukturen gibt es keinen Kirchenkreis Malchin mehr!) mit.

   Auch in dieser schwierigen Umbruchphase gab es Erneuerungen im baulichen Sinne. So konnte eine moderne Gasheizung in die Räume des Kindergartens und des Hortes eingebaut werden.

   Auch personelle Veränderungen blieben nicht aus. Einige der älteren Kolleginnen gingen in den Vorruhestand oder in den Ruhestand. Der Hausmeisterposten konnte,aufgrund finanzieller Probleme, nicht mehr besetzt werden. Und auch unsere Küchenfrauen, die das leckerste Essen zaubern konnten, mußten entlassen werden bzw. gingen in den Ruhestand. Unsere fleißigen Reinigungskräfte waren ebenfalls vom Personalabbau betroffen.

   Zurückblickend kann man von einer sehr unruhigen und bei weitem nicht immer schönen Zeit sprechen, die von vielen Ängsten und Sorgen geprägt war.

Trotz allem ging der Kindergartenalltag weiter. Die Kinder sollten weiter glücklich und behütet aufwachsen, möglichst fern von großen Sorgen und Ängsten. Sicher haben die Kinder trotzdem etwas von den Problemen und Sorgen mitbekommen und ich denke es war gut so, denn so ist es den Kindern möglich auch Erzieherinnen als Menschen mit Sorgen und Nöten kennenzulernen, die ebenfalls auf der Suche sind.

   Und das Leben ging weiter. Vielleicht hat gerade diese Wendezeit Menschen näher an Gott und den christlichen Glauben herangebracht und so waren solche eigenen Erfahrungen besser als jede, wie auch immer geartete, Glaubensunterweisung , denn viele von uns lernen am besten aus dem, was sie selbst erlebt und erfahren haben.

   Schnell merkten wir, das man den christlichen Glauben nicht einfach überstülpen kann, sondern man muß ihn erleben und erfahren. Und ganz langsam, Schritt für Schritt, sind wir gemeinsam auf dem Weg.

   Erzieherinnen mit einer sogenannten DDR - Ausbildung wurden angehalten eine Weiterbildung zu besuchen, die mit dem Abschluß als Staatlich anerkannte Erzieherin endete.

   Diese Schulung dauerte als Vollzeitkurs 4 Wochen und als Berufsbegleitende Weiterbildung 3 Monate. Alle Erzieherinnen des Kindergartens haben diese Anerkennung erhalten.

   Jede Erzieherin versuchte sich den neuen Situationen anzupassen und das neue Leben mitzugestalten. Es war eine spannende und lehrreiche Zeit für Kinder und Erzieherinnen gleichermaßen. Es war ein Ausprobieren und Austesten gerade Erlerntem oder auch alt Vertrautem. So gab es viele Diskussionen darüber, wie man den Kindern Gottes Botschaft nahebringen kann. Wie können die Eltern miteinbezogen werden. Wer kann uns helfen und unterstützen. Wer erklärt uns Zusammenhäge? Wie groß soll die Transparenz unseres Kindergartens sein? Und so Weiter und so weiter. Auf vieles wurden Antworten gefunden. Wege wurden aufgezeigt und gegangen. Manchmal einen Schritt vor und zwei zurück. Einige Fragen bleiben unbeantwortet,stellen sich täglich neu. Herausforderungen gibt es auch heute noch. Und es ist gut so, wenn wir auf der Suche bleiben und gemeinsam nach Antworten auf unsere Fragen forschen.

  

   Mit dem 23.08.1998 wurden die Umbauarbeiten in unserer Evangelischen Kindertagesstätte beendet.

   Von Mitte Juni 1998 bis zu diesem genannten 23.08.1998 verwandelte sich unsere Kindertagesstätte in eine Großbaustelle. Wände wurden versetzt, Decken erneuert, Türen und Fenster neu eingebaut, Fußböden erneuert...

   Oft besuchten die Kinder Ihren Kindergarten, der sich mit jedem Tag mehr verwandelte. Am letzten Juliwochenende war es dann soweit, die meisten Bauarbeiten waren abgeschlossen. Da hielt vor unserer Tür ein riesiger LKW, der uns das Holz für unseren Innenausbau brachte. Wir hatten uns für feste Holzeinbauten nach dem Würzburger Modell entschieden. Dieses Projekt führten wir, unter Anleitung von drei erfahrenen Handwerkern, gemeinsam mit Eltern, Erziehern und anderen fleißigen Helfern aus Kirchgemeinde und Diakonieverein durch. So wurden aus Müttern und Vätern, Hausfrauen und Erzieherinnen Tischler und Zimmerer. Die ungewohnte Arbeit mit Holz bereitete allen viel Spaß und Freude und allen Helfern wurde die Angst vor dem Umgang mit Kreissäge, Bohr- und Fräsmaschine genommen. Ein tolles Bild: Mütter bohrten mit Bohrmaschinen, Väter schliffen Balken und frästen die Kanten, gemeinsam wurden Untergestelle aufgestellt... . Wie in einem Bienenstock so ging es auch bei uns ganz fleißig voran. Auch für das leibliche Wohl wurde ganz toll gesorgt. Eltern und Mitglieder der Kirchgemeinde und Erzieherinnen bedachten die Bauarbeiter mit selbstgebackenem Kuchen, belegten Broten, Salaten u.v.m. .

   Mit großem Staunen konnten schon die ersten interessierten Besucher durch die Kindertagesstätte geführt werden. Es waren Nischen und Ecken entstanden, Baupodeste und Ebenen luden schon zum Staunen ein. Jetzt fehlten noch Bänke, Regale und einige Wandverkleidungen.

   Zusammenfassend können wir sagen, daß es drei sehr anstrengende, aber auch schöne und lehrreiche Wochen für uns waren.

 

   Voller Stolz weihten wir dann unsere Kindertagesstätte mit einem Familiengottesdienst und einem großen Gemeindefest ein. Für unser schönes neugestaltetes Haus suchten wir uns einen neuen Namen. "Bunte Arche" ! "Bunte Arche" soll unser Leben in diesem Haus darstellen. Wir alle gemeinsam Kinder, Eltern und Erzieherinnen wollen es mit Leben erfüllen. Es soll bunt sein, bunt wie die Lieder und Geschichten, bunt wie unser Alltag und das Miteinander, so bunt wie unsere Feste und Feiern. So wollen wir alle geborgen und behütet unter Gottes Bogen leben, bei Sonnenschein oder Regen.

 

   Mitlerweile sind schon 2 Jahre ins Land gezogen. Immer noch freuen wir uns über unsere schöne Einrichtung. Besucher, besonders dann, wenn sie dieses Gebäude von früher kennen sind total überrascht, wie freundlich hell und einladend es geworden ist.

   Die Straße der Freundschaft 22 ist ein Haus mit einer langen und wechselvollen 100 jährigen Geschichte.

   Wir füllen unsere "Bunte Arche" mit viel Leben. Wir möchten Raum geben für Lautes und Leises, Raum für Bekanntes und Neues, Raum für Freude und Trauer.

 

   Und so sieht ein ganz normaler Kindergartenalltag in unserer Einrichtung im Jahr 2000 aus:

   Ab 6.30 Uhr haben wir unsere Einrichtung geöffnet. Die Kinder haben die Möglichkeit in Ruhe ihren Tag zu beginnen. Oft werden kleine Geschichten vorgelesen oder es wird gemalt oder gebastelt. Einige Kinder gehen gleich an ihre gebaute Stadt vom Vortag um weiterzubauen oder etwas zu verändern. Manche Kinder wollen aber einfach auch nur noch ein bischen mit der Erzieherin schmusen.

   Um 8.00 Uhr beginnen wir unseren Tag mit einem Morgenkreis. Wir begrüßen uns mit einem Lied und besprechen dann den Tag. Danach gibt es Frühstück, das meistens mit einem Gebet oder Tischspruch beginnt. Nach dem Waschen und Zähneputzen ist Zeit zum Spielen, malen oder Basteln, also das, was jeder gerne mag.

   Dann gibt es verschiedene Angebote. Meistens begleitet uns ein Thema über viele Tage oder Wochen. Themen sind z.B. die Jahreszeiten, Verkehr, biblische Geschichten...

   Uns ist es sehr wichtig, daß die Kinder diese Themen mit allen Sinnen erleben. So gehören Geschichten, rund um das Thema, Malen und Basteln genauso dazu wie Gespräche und Lieder.

   Unser Aussengelände ruft uns dann zum Spiel im Freien. Auch hier versuchen wir den Kindern die Schönheit unserer Natur nahezubringen. Da wir in der schönen Lage sind, eine große Wiese mit vielen Obstbäumen zu besitzen, erleben die Kinder hautnah das Werden und Gedeihen. Das Obst verwenden wir auf vielfältige Weise. Es gibt viel Obst zum Essen, aber auch selbstzubereiteten Apfelkuchen, selbstgekochtes Pflaumenmus und Apfelkompott lassen wir uns schmecken.

   Nach dem Mittagessen und der Möglichkeit zum Mittagsschlaf geht unser Tag weiter.

   Unterdessen sind auch unsere "Großen" aus der Schule gekommen, haben gegessen und oft auch schon ihre Hausaufgaben erledigt. Am Nachmittag gibt es gemeinsam Tee und eine Vespermahlzeit. Spiele, Malen und Basteln, Bauen und Geschichten beenden unseren Kindergartentag.

 

   Unser kunterbuntes Kindergartenjahr hat viele Gesichter und Höhepunkte. So gibt es in jedem Monat ein besonderes Fest, das wir gemeinsam mit den Kindern planen und feiern.

   So vermuten sie vielleicht in einer evangelischen Einrichtung ein streng religiöses Leben, aber uns ist es sehr wichtig, die Achtung des Anderen, das Miteinander, die Achtung vor Gottes Schöpfung, und die Freude am Leben allgemein unseren kindern zu vermitteln.

   Natürlich richten wir unsere Höhepunkte nach dem kirchlichen Jahresfestkreis aus. So haben das Fest der Heiligen 3 Könige, Ostern, Erntedank, Sankt Martin und Weihnachten ihren festen Platz genauso wie Indianer- und Gespensterfeste, Frühlings- und Herbstfeste und natürlich auch Faschingsfeiern.

   Kaum noch wegzudenken und von den Kindern auch als erster Höhepunkt jedes Jahr erneut als erstes gefordert ist unser Waldkindergarten. Wie ziehen mit unseren Kindern ins Gartsbruch und leben dort 14 Tage lang in einem Kindergarten ohne Fenster und Türen, direkt in der Natur. Es gibt hier kein vorgegebenes Spielzeug. Die Kinder spielen mit Naturmaterialien, stromern durch den Wald oder lauschen einfach nur der Stille.

   Diese 14 Tage sind eine wunderschöne Zeit und bereichern unseren Kindergartenalltag sehr.

 

   Wir Bewohner der "Bunten Arche" bemühen uns um einen guten Kontakt zu unserer Kirchgemeinde. So laden wir die Damen des Frauenkreises regelmäßig in unsere Einrichtung ein, um einen gemeinsamen Nachmittag zu verbringen. Dann wird gemeinsam gesungen, gebastelt oder gemalt. Es gibt Kaffee und Kuchen und so manches interessante Gespräch über die Vergangenheit unseres Kindergartens kam so zustande. Die Kinder hören dann immer ganz begeistert zu, wenn von früher berichtet wird.

   Um die Weihnachtszeit besuchen wir den Frauenkreis und bringen unsere Lieder und selbstgebastelten Überraschungen mit.

   Uns ist auch ein guter Kontakt zu den Handwerkern und Händlern unserer Stadt wichtig.

   Und so feiern wir den Frühlingsanfang mit einem schönen Frühlingsfest und bringen Lieder und kleine Frühlingsgrüße zu ihnen.

 

   Wir sind als Einrichtung offen für alle Kinder, egal welcher Nationalität oder Konfession sie angehören. Wir betreuen Kinder von 0 - 10 Jahren. Wir wollen den Kindern behilflich sein ihren Lebensweg zu finden und sie ein Stück auf diesem Weg begleiten.

   Wir bieten den Kindern die Möglichkeit, christliche Lebensformen kennenzulernen. Alle unsere Angebote sehen wir auch als Angebote. Bei uns wird kein Kind zu irgend etwas, wie z.B. zum Beten gezwungen!  Kinder, Eltern und Erzieher sollen sich in unserer Einrichtung wohl fühlen, hier soll Raum sein sich zu treffen und besser kennenzulernen.

   Wir sind in der glücklichen Lage, daß wir in unserem Haus eine familiäre Atmosphäre haben. So leben sich neue Kinder in der Regel sehr schnell ein und fühlen sich wohl bei uns.

 

 

Gestern- Heute- Morgen

 

   Vielleicht sei uns hier an dieser Stelle eine Zukunftsvision gestattet. Was wünschen wir uns für die Zukunft des Kindergartens?

   Möge er auch in den nächsten (vielleicht sogar 100) Jahren ein Platz sein, an dem Kinder gut betreut werden und an den sie auch gerne zurückdenken. Mögen die Erziehrinnen Liebe zu ihrem Beruf haben und Freude an der täglichen Arbeit mit den Kindern. Mögen alle Eltern ihre Kinder gern in die "Bunte Arche" bringen und auch ein Teil ihrer werden. Eltern, Kinder und Erzieher sollen sich wohl und behütet fühlen. Ein gutes, faires, interessiertes Miteinander der "Bunten Arche",des Diakonieverein Malchin e.V., der Kirchgemeinden, der Stadtvertretung und der Bewohner Neukalens möge auch in der Zukunft so weiter geführt und noch verbessert werden.

 

   Möge Gott seine schützende Hand über uns allen halten und uns begleiten auf all unseren Wegen!

 

 

Als Leiterinnen des Kindergartens waren tätig:

 

     Frau Heinzel     bis 1950
     Frau Steinberg     1950 - 1957
     Frau Lucka     1957 - 1967
     Frau Siedhoff     1968
     Frau Dierschow     1968 - 1991
     Frau Brandt     1991 - 1993
     Frau Birr     seit 1993

 

 

Neukalener Kindergarten feiert 100jähriges Bestehen!

 

Neukalener Kindergarten feiert 100jähriges Bestehen
2001

 

Der evangelische Kindergarten

 

Der evangelische Kindergarten "Bunte Arche"
in der Straße der Freundschaft

 

Im Kindergarten

 

 

Backofen Kindertagesstätte

 

Dieser ansehenswerte Backofen in der Kindertagesstätte "Bunte Arche" wurde von Norbert Merz mit viel Liebe zum Detail gebaut.