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Hexenprozesse im alten Neukalen

 

   Teufelsglaube und Hexenwahn sind eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte des Mittelalters und der früheren Neuzeit. Zahllose Menschen wurden als angebliche Teufelsbündner, als Hexen und Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Auch in Neukalen gab es Hexenprozesse und Hinrichtungen.

   Etwas östlich vom Salemer Weg, ausgangs der Stadt, vor dem Weg zur ehemaligen Harder´schen Mühle hoch, befand sich einmal die Richtstätte der Stadt Neukalen. Im Volksmund hieß der Ort "Galgenberg" oder auch "Gerichtsberg", und in unmittelbarer Nähe befindet sich die "Gerichtswiese". In früheren Zeiten hauchte hier so mancher Verurteilte sein Leben am Galgen oder auf dem Scheiterhaufen aus.

   Die Hexenprozesse des 16. bis 18. Jahrhunderts waren nach zeitgenössischer Anschauung ordentliche Verfahren, die vor den weltlichen Gerichten durchgeführt wurden. Die Geistlichkeit bewahrte sich trotz des Übergangs der Verfahren an die profane Justiz einen ständigen Einfluß darauf, sei es durch die Seelsorge, durch die Predigt oder in Schriften.

   Das Stadtgericht in Neukalen leitete der durch den Landesherrn eingesetzte Richter, dem zwei Ratsmitglieder als Beisitzer zur Seite standen. Bis in das 18. Jahrhundert hinein wurden jährlich mindestens drei Rechtstage gehalten. Im Mittelalter konnte das Urteil an den Rat und weiter nach Rostock und Lübeck gescholten werden (bezeugt 1351 und 1360). Seit dem Ende des 16. Jahrhunderts erscheint das herzogliche Amt als Berufungsinstanz.

   Der erste Stadtrichter, der uns in alten Urkunden genannt wird, ist Christian Schowius (genannt ab 1639, gestorben 1685). Er wohnte am Markt und war auch noch als Organist, Stadtsekretär, Ökonomus und Kirchenvorsteher tätig. Er dürfte einige Hexenprozesse mitgemacht haben. Ab 1686 übte Friedrich Wilhelm Embsighoff das Amt des Stadtrichters aus; nach ihm - etwa ab 1704 - Hinrich Ulrich Bischoff und ungefähr ab 1726 August Wilhelm Christoph Hilgendorf. Nach 1750 war bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts der jeweilige Bürgermeister auch gleichzeitig Stadtrichter.

 

   Carl Voß, der sich sehr viel mit der Geschichte Neukalens befaßt hat, schrieb über die Zeit der Hexenverbrennungen:

   „Aberglaube, Hexen- und Teufelsspuk beherrschten damals die Gemüter der größtenteils einfältigen Leute. Es gab gewiß kein Haus in dem Städtlein, in welchem man in den sogenannten Zwölften Wäsche auf der Leine hängen hatte. Kein Haus ließ in der Johannisnacht Wäsche auf der Bleiche liegen. Auch dem mutigsten Mann durchschauerte es, wenn am späten Abend oder in der Nacht die Eule bei seinem Hause anhaltend rief.

   Als die Kirche im Mittelalter unter der Herrschbegierde und Selbstsucht seiner Päpste, im toten Christentum allmählich erstarrte, da sprang der Aberglaube her­vor und die Pfaffen selbst weihten ihn und bildeten ihn aus, trugen auch teuflische Gedanken in ihn hinein und leiteten die ihnen anvertrauten Scharen zu den scheuß­lichsten und traurigsten Verwirrungen zum Wahn, daß ein Mann mit dem Teufel ein Bündnis errichtet und somit zur Erreichung von Vorteilen für sich, gleichwie zur Schädigung seiner Mitmenschen gelangen kann. Somit begannen die Verbote gegen das Stillen, Besprechen und andere volkstümliche Gebräuche, von denen im allgemeinen gesagt wurde: „Helpt dat nich, denn schad´t ock nich!" Jedenfalls waren es keine Sprüche schlechten Inhalts, denen sich seinerzeit diejenigen bedienten, wenn ein Mensch oder Tier krank war."

 

   Ein Fall aus der näheren Umgebung Neukalens ist uns von 1590 überliefert:

   Am 7. August 1590 wurde Margarete Schorsowen aus Schorrentin angeklagt, allerlei Teufels- und Zauberkünste getrieben zu haben.

   Es folgt ihr Spruch beim Stillen von Zahnschmerzen:

   „De Worme sind nägen: de seute Worm - de grise Worm - de grawe Worm; alle de ick nich benömen kann. Nehmt ji Water in den Mundt und speyet de Worme up den Grundt. In nomine Patris et filio et spiritu sanctu (im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes).”

   Dieser Margarete Schorsowen ward nun der Prozeß ge­macht :

   1. Daß sie sich dem Teufel mit Leib und Seele ver­schrieben habe; dagegen sich derselbe wieder ver­pflichtet, ihr alles, was ihr nötig, zu bringen, alles was sie befehlen würde.

   2. Hätte sie den Teufel nach Dörgelin geschickt, um Eier und Geld zu holen.

   3. Lawrenzen zu Dörgelin habe sie ein Pferd umbringen lassen; aus Ursachen, daß er sie geschlagen, darumb, daß sie ihm ein Schaf verhütet.

   4. Dem Chim Euerds aus Warsow hätte sie auch eine Kuh umbringen lassen, aus Ursachen, daß er sie stetz eine Hure und Zaubersche genannt.

   5. Dann habe sie zu Warsow eine Ziege schorficht gemacht, dazu Wasser von unreinem Vieh gebraucht.

   Diese 5 Punkte genügten, welche obengenannte Schorsow unter dem Einfluß der Marter aussagte, dieselbe für den Feuertod reif zu machen. Die vom Rat der Stadt Nienkalden nach Greifswald übersandte Akte besagt, daß genannte Schorsowen nach aufgesetzten Daumenschrauben und gelinder Marter sich als Zauberin und Teufelsbeschwörerin bekannt habe.

   So geschehen zu Wüstenfelde aufm Abend des 7. Augusti in dem Gewölbe zwischen den beiden Pfahlbrücken und dem Hause. In Gegenwart des edlen Mathias Schmeckers daselbst, sowie Jochim Lowtzow, sowie des Notar Turk Schreiber als Zeuge.

 

   Und die Antwort aus Greifswald zu den übersandten Akten? Da bewußte Schorsow hat bekannt, daß sie sich dem Teufel verschrieben, auch andere gotteslästernde Sachen getrieben, daneben auch Zauberei begangen; daß sie deswegen mit dem Feuer vom Leben zum Tode soll gebracht werden.

   Es soll nicht unerwähnt bleiben, daß in damaliger Zeit die Inquisitoren von Ort zu Ort reisten. Bei ihrer Ankunft konnte ein jeder Beliebige, auch der größte Schuft, Anzeige gegen eine Person als Hexe erstatten. Den Denunzianten wurde von den Ketzerrichtern Geld versprochen, und niemand war sicher gegen eine ihn betref­fende Anzeige. Empörend war, daß man Standespersonen, also Fürsten, Adelige, Doktoren, Lizentiaten, Hauptleute und Offiziere - Superintendenten und Pastoren nicht foltern durfte. Auch die Richter und Senatoren waren sicher. Sonst hätte es leicht geschehen können, daß ein Gefolterter solche Standespersonen als seine Kumpanen bezeichnet hätte.

   Am 20. November 1610 übersandte der Rat der Stadt Nienkalden an die Greifswalder juristische Fakultät Akten mit der Bitte um Rechtsbelehrung über folgende Punk­te:

   "1. Cheill Peters hat seine Zauberei bekannt, Urgicht und Bekenntnis, auf welche er leben und sterben will, belasten ihn. Es steht zur Frage, was weiter mit ihm zu geschehen hat.

   2. Die Eggebrechtsche ist gerichtet worden. Diese hat ihrer Urgicht nach auf Frau Duvesche als Zauberin ausgesagt. Man hat weiter nachgeforscht und Zeugenaussagen aufgenommen.

   Cheill Peters hat auf seine eigene Schwester, Jochim Weidepennings Hausfrau ausgesagt, daß er sie die Zauberei gelehrt. Über diese sind auch Nachforschungen angestellt und Zeugenaufnahmen vollzogen. Beide Frauen sind nach geschehener Confrontation eingezogen. Es fragt sich, ob man nicht gegen beide mit der Tortur vorgehen soll.

   3. Cheill Peters und die Eggebrechtsche haben beide auf die Ehefrau des Cheill Peters ausgesagt, daß sie in Zauberei unterrichtet sei. Es ist bekannt, daß sie den Leuten viel Schaden getan, sie ist sehr berüchtigt, - Sie sieht stündlich ihrer Ent­bindung entgegen.

 

   Cheill Peters hat auch seine Mutter als Zauberin bekannt. Nach aufgenommener Zeugenkundschaft ist sie wegen Zauberei lange in bösem Geschrei gewesen, hat nun aber schon etliche Jahre meistens zu Bett gelegen und ist vor Alter fast in Kindheit ver­fallen.

   Es fragt sich, was mit diesen beiden zu beginnen sei.

   Erkenntnis: Da aus Cheill Peters Urgicht sich ergiebt, daß er sich gegen seine Taufe und seinen christlichen Glauben dem Teufel abscheulich ergeben hat und sich mit ihm vermischt, Leuten Schaden durch jenen zugefügt und da er bei solchem Bekenntnis beharrte, ist er mit dem Feuertode zu bestrafen.

   Über die Düvesche und Weidepenningsche sind noch Erkundigungen einzuziehen, dann später, falls sie nicht bekennen, mögen sie mit der scharfen Frage belegt werden.

   Die Mutter ist gütlich zu befragen. - Wenn die Petersche entbunden und zu ihren vollen Kräften wieder gekommen ist, so soll dieselbe gleichfalls gütlich befragt werden, ob sie mit der Zauberei Leuten Schaden zugefügt habe. Wenn solches geschehen, ergehe ferner darauf, was recht ist."

 

   Das Letzte war dann der Gang zum Scheiterhaufen auf dem Galgenberg vor dem Malchiner Tor. Bis dahin wurde das arme Opfer noch durch mehrere Pfaffen auf den Tod vorbereitet. Meistens starb es reumütig, aber blieb bis zuletzt bei seinen Aussagen. Der Henker band es an den Brandpfahl und häufte das Holz ringsherum auf. Im günstigsten Fall war eine Erdrosselung am Pfahl gestattet, zur Abkürzung des Leidens. Es gab auch Fälle, wo man dem Opfer einen Pulversack um den Hals band. Sobald die Flammen aufloderten, tötete die Explosion das Opfer. Mit dem Jahre 1697 hatten die Hexenprozesse in Mecklenburg ihr Ende erreicht.

   Soweit die Abhandlung von Carl Voß.

 

   Gegen folgende Personen wurden in unserer Gegend Hexenprozesse durchgeführt:

 

   1. Der Prozess wurde wegen der erfolgreichen Flucht des Angeklagten abgebrochen:

      Falkenhagensche, Neukalen 1610

 

   2. Der Gefangene wurde entlassen, konnte aber beim Auftauchen neuer Beweise sofort wieder inhaftiert werden:

      Babbasche, Neukalen 1575

      Chim Hühnerjäger, Neukalen 1604

      Claus Hühnerjäger, Neukalen 1604

      Frau des Claus Hühnerjäger, Neukalen 1604

      Hakenhornsche, Neukalen 1604

      Krausesche, Neukalen 1604

      Manschmosesche, Neukalen 1604

      Anna Winkelmanns, Neukalen 1610

      Mutter Peters, Neukalen 1610

      Frau des Jochen Kirchof, Neukalen 1691

      Jochen Kirchof, Neukalen 1691

      Sohn des Jochen Kirchof, Neukalen 1691

 

   3. Das Endurteil ist nicht bekannt, allerdings wurde die Tortur gegen diese Gefangenen noch nicht angewandt; die Chance auf Freispruch war relativ groß:

      Niemannsche, Schorrentin 1593

      Frau des Baltzer Seheman, Schorrentin 1610

      Frau des Hans Seheman, Schorrentin 1610

      Ivendorfsche, Neukalen 1682

 

   4. Das Endurteil ist nicht bekannt, der Angeklagte wurden der Tortur unterworfen; die meisten dieser Verfahren endeten vermutlich mit dem Todesurteil:

      Gilowsche, Schorrentin 1627

      Emerentzen Pagels, Neukalen (Amt) 1656

 

   5. Die Angeklagte verstarb während des Verfahrens, häufig an den Folgen der Folter oder durch Selbstmord:

      Schwester des Cheill Weidepennig, Neukalen 1610

 

   6. Todesurteil durch Verbrennen auf dem Scheiterhaufen:

      Peter Radeken, Neukalen 1604

      Duvesche, Neukalen 1610

      Eggebrechtsche, Neukalen 1610

      Michael Petersen, Neukalen 1610

      Brummersche, Schorrentin 1610

      Trine Warneke, Neukalen 1615

      Anna Meurkunst, Neukalen 1623

      Frau des Albrecht Voigts, Neukalen 1623

      Frau des Hans Peters, Neukalen 1623

      Stine Krüger, Neukalen 1623

      Anna Schroters, Neukalen 1629

      Greta Knochenhauer, Neukalen 1629

      Greta Schroters, Neukalen 1629

      Anna Brandes, Neukalen (Amt) 1656

 

   7. Das Verfahren endete mit einer willkürlichen Strafe, dieses konnte eine Haft-, Geld- oder Leibesstrafe sein; überwiegend bestand sie jedoch in der Ausweisung aus Mecklenburg:

      Trina Minden, Neukalen 1574

      Rachausche, Neukalen 1575

 

Verordnung von 1683 (1)

 

Verordnung von 1683 (2)

 

Die ersten beiden Seiten einer Verordnung von 1683 über die Vernehmung vermeintlicher Hexen. Sie lag früher im Stadtarchiv und kam auch in Neukalen zur Anwendung.

 

Fürstl: Mecklenb:

Anderweite

INSTRUCTION

Und

Verordnung /

Wie von Denen Beamten / E. E. Ritterschafft / Gerichts-Verwaltern / Bürgermeistern / Richtern und Räthen und ins gemein andern Gerichts-vorwesern wieder die / deß Zauberlasters und abergläubischen Dinge berüchtigte Persohnen und deren Complices zuverfahren sey;

Güstrow /

Gedruckt durch Johann Spierling /

Anno 1683

 

Von Gottes gnaden Gustaff Adolph / Hertzog zu Mecklenburg / Fürst zu Wenden / Schwerin und Ratzeburg / auch Graff zu Schwerin der Lande Rostock und Stargard Herr /

 

Wir wollen keines weges in einigen zweiffel ziehen / es werden Unsere Beamten / wieauch die von der Ritterschafft / Gerichts-Verwaltere / Bürgermeister / Richtere / und Rähte in denn Städten / Pfandes - Einhabere / und sonsten alle die jenige, so in Unserm Hertzogthumb / und Landen / einige Jurisdiction und Gerichte zuverwalten haben / annoch in frischen andenken führen / was Wir den 16. Decembr. Deß abgewichenen 1682. Und dann den 1. Febr. Des noch laufenden 1683. Jahres / mittelst publicirung gewisser insonderheit dahin ziehlender Verordnung / gnädigste befohlen / welchermassen nemblich / dieselbe / mit denen der Zauberey halber gefänglich eingezogenen Personen / sonderlich / mittelst adhibirter tortur, wegen Ihrer Complicum, vorzunehmender Befragung / mit schuldiger Behutsahmkeit zuverfahren / solches bey vorgekommenen dergleichen casibus, sorgfältig beobachtet / darnach in deren vorgehabten Examinibus sich gerichtet / auch mit aller geflissenheit / was zuentdeckung der Zauberschen Complicum dienlich gewesen / vorgenommen haben; Weil Wir aber annoch die fürsichtliche beysorge tragen / daß durch den leider ! alzusehr eingerissenen Mißbrauch / bey den Gerichten in Unseren Landen ohne reifflicher und genugsahmer überlegung deß hiebey nothwendig observirenden unterscheides / Ob Inqvisitus oder Inqvisita Ihre Wissenschaft aus der suggestion des Satans / welches als GOttloß und verwerflich / gäntzlich abgeschaffet ist und bleibet / oder auch aus natürlichen Sinnlichen und begreifflichen uhrsachen haben / auff die blosse Denunciationes Sagarum, besondere reflection genommen / und deroselben ohne unterscheid gethanen Confessionibus, mit benennung verschiedener Complicum, einiger Glaube beygeleget werden wolle / als ob daraus ( wieder die beklagte und bekandte Persohnen / gewisse Indicia ad Inqvirendum formiret werden könten / welches den / so fern die denunciatio von den Inqvifitis ex suggestione Satanae gehöret und angenommen wird / nicht anders ist / als ob man magiam per magiam erforschen / und von den Teuffel selbst ein Zeugniß der Warheit suchen wolte / welches nicht allein abscheulich / sondern auch unschuldige Persohnen dadurch in gefahr dero Ehr und Leumuht!! / ja Leibes und Lebens / leichtlich gerahten möchten. So wollen Wir und gebiehten nochmahls ernstlich / auch bey hoher Wilkührlicher / und nach befindung Leibes Straffe / daß hinfüro in denen / in Unseren Hertzogthumb und Landen / gehegeten und her gebrachten peinlichen Gerichten / beyangestelletem scharffen verhör / der wegen Zauberey inhafftirten / und der Tortur untergebenen delinqventen, so wenig / von den zu der peinlichen Befragung adhibirten Richtern und Beysitzern gefraget werden solle / Ob Reus oder Rea, auff dem Blocks - Berge gewesen / da selbst gegessen / Getruncken / Getantzet / oder anderes Teuffelisches Gäuckelwerck getrieben / und diese oder jene Persohnen mit gesehen / und erkandt habe / noch auch / so die Gepeinigte von selbst obiges alles erzehlen und für die Wahrheit berichten wolten / deroselbigen bekendtnüsse einigen Glauben beylegen / noch zu Protocoll bringen / und der beklagten Nahmen verzeichnen lassen sollen / zumahlen alle dergleichen denunciationes ex fonte malo herflisten / also billig zu abominiren, und zu keinem grunde rechtschaffener Beweisung zulegen seyn. Damit aber gleichwol die etwa sich befindene Complices nicht frey außgehen / und dero Unthaten und Boßheiten nicht verborgen bleiben / und ungestraffet also hingehen mögen / So haben Wir / aus Fürst gnädigster Sorgfalt und abwendung der hierdurch sonst entstehender Seelen gefahr und abscheulichen Sünden eusser- und vermeidung / bedacht sein wollen / wie so woll / alle und jede Unsere Unterthanen / denen die Gerichts Gewalt anvertrauet / und rechts wegen zustehet / bey der gleichen vorkommenden fällen sich in genere, als auch in specie, wann zur Tortur müße geschritten werden / mit dem Examine zuverhalten / insonderheit aber / wann Reus oder Rea zu dero eigenen bekendnüß gebracht worden / wie in die Complices zu inqviriren, und wie durch erforschung gewisser umbstände / ohne einiges rücksehen oder gedencken auff der Sagarum denunciation, vielmehr mittelst Sinnlicher und begreiflicher beweisung solche Complices zu entdecken und nachmahls zu convinciren seyn; Zu solchen absehen und Grund zweck haben Wir die zu dem Ende verfassete Fragestücke begreiffen 7 zu männigliches notitz und nachricht hierbey fügen / abtrücken und publiciren lassen / damit sich keiner der unwissenheit halber zuentschuldigen / vielmehr darnach gehorsahmlich zu achten und für Schaden und Unsere Ungnade sich zu hüten habe; Publicatum in Unserer Residentz Güstrow / den 8. Martij Anno 1683.

 

 

Fragestücke

Deren Unsere Beambte / die von der

Ritterschafft / Gerichts-Verwaltere Bürgerm.

Richtere und Rähte / und insgemein alle an-

dere Gerichts-habere / bey vorzunehmender

Special Inquisition, in vorkommenden Zau-

ber- und aberglaubischen Sachen

sich zugebrauchen haben;

 

  1. Wie Inquisit mit Tauff- und Zunahmen heisse?

  2. Wie alt Er oder sie sey / und an was Ohrt gebohren?

  3. Wie sein / oder ihr Vater und Mutter geheissen / woher dieselbe sich Heußlich auffgehalten / gestorben und begraben seyn?

  4. Ob Inquisit durch die heilige Tauffe / der Christlichen Kirchen einverleibet / und an was Orth solches geschehen?

  5. Ob er oder sie wol wissen / daß der Teüffling in der heiligen Tauffe ansage dem Teüffel / allen seinen Wercken / und allen seinem Anhange?

  6. Wo er oder sie / mehrenteils der Zeit und bey was für Leuten sich auffgehalten / und was für Handtirung er oder sie gebrauchet habe?

  7. Warumb Inquisit anhero geholet / und für Gericht gestellet?

  8. Ob er oder sie / mit jemand in Feindschafft gelebet / oder noch Lebe?

  9. Ob Inquisit / nicht diesem oder jenem gedrewet und gefluchet habe?

  10. Auß was Ursachen solches geschehen?

  11. Ob Inquisit nicht Segnen und Böten könne?

  12. Ob Inquisit / des Warsagens / Christallen sehens / und Siebelauffens sich gebrauch?

  13. Ob er oder sie / gesehen oder gehöret / das andere damit umbgegangen / wer solche seyn / und wie sie heissen?

  14. Ob Inquisit, an Menschen und Viehe aberglaubische Curen verrichtet.

  15. Wor / und wormit solches geschehen und bey weme solche Curen gebrauchet seyn?

  16. Was für Worte / er oder sie darbey gebrauchet / und was darauff erfolget?

  17. Ob Inquisit wisse / was Spiritus familiaris sey?

  18. Ob Inquisit solchen erkauffet / wann ehr und von Weme?

  19. Warumb und aus was Ursachen er solchen gekauffet habe?

  20. Ob Er solchen an jemand anders vereüssert / und wer derselbe sey?

  21. Ob nicht er oder / sie / selbst bekennen müssen / daß er oder sie der Zauberey halber / von andern langezeit verdächtig gehalten werden?

  22. Woher solches gerücht entstanden sey?

  23. Ob nicht Inquisit von jemand wegen Hexerey / Zauberey / und aberglaubischen Sachen / sey anrüchtig gemacht / und gescholten worden?

  24. Ob Inquisit sich dessen verantwortet und Klage geführet?

  25. Wo und an welchen Ohrte solches geschehen sey? Hiebey ist dem Inquisiten mit Richterlichen ernst zu zu sprechen / Inquisit solle GOtt die Ehre geben / seine Sünde bekennen / und freyherauß sagen /

  26. Ob er / oder Sie / sich von GOtt nicht abgewendet / durch den Bösen - Feind sich verführen lassen / und GOtt gar verleuchnet?

  27. Wann ehr / und wen solches geschehen?

  28. Wer inquisiten darzu verführet / und zu solchen abfall verleitet habe?

  29. Waß bey solchem abfahl und verleuchnung Gottes für Worte gebrauchet / und durch was mittel solches geschehen?

  30. Was für nutzen und vortheil Inquisit dadurch erlanget / und was der Böse - Feind Ihm oder Ihr versprochen habe?

  31. Ob er oder sie mit dem Bösenfeind Unmenschliche unzucht getrieben / und mit ihm sich vermischet habe?

  32. Ob nicht Inqvisit / Menschen / oder Viehe schaden zugefüget / wie offt und wan solches geschehen?

  33. Ob nicht Er jemand gedreuwet / und darauff bald etwas böses / und Unglück erfolget sey?

  34. Ob nicht er oder sie jemand Gifftige güsse gegossen / und darauff Kranckheit / Lämnis und Todt / bey einen oder andern erfolget?

  35. Wer solches sey / wan es geschehen / an welchem Orth und aus was Ursachen?

  36. Ob er / oder sie einige Persohnen so der Hexerey und aberglaubischen wesens halber berüchtiget / verdampt und Verbrand seyn / gekennet und mit ihnen umbgangen?

  37. Ob nicht Inquisit müsse bekennen / daß er oder sie durch solchen abfall den Tauffbund verlassen / GOtt verleuchnet / und dem Teuffel angehangen?

 

Wann nun Inquisitus oder Inquisita gutwillig nicht bekennen wollen / dieselbe jedoch / der Zauberey / durch unverwerffliche Zeügen in soweit über / wunden / daß / auff erkennung der Rechtsgelarten / zur Peinlichen frage könne geschritten werden So werden Unsere Beampte und und andere Gerichts haltere / solcher Discretion sich zugebrauchen wissen / daß den inquisitis nicht überflüssige / und zur Sachen nicht dienende Fragstück vorgehalten werden / sondern die Fragen nur auff das Haubtwerck / und die darauß herrürende umbstende Richten / und ad praesens factum und Crimen appliciren.

 

  1. Ob inquisit nicht Zaubern könne?

  2. Von wem er oder sie solches gelernet?

  3. Wie es damit zugangen? Worbey in alle umbstende muß Inquiriret werden.

  4. Ob Inquisit jemand an seinem Leibe / Gütern oder Vieh / Schaden gethan / wan solches geschehen?

  5. Wie solche Leute heissen denen solcher Schade geschehen?

  6. Womit und aus was Uhrsachen solches geschehen sey?

  7. Ob Inqvisit andere wieder Hexen oder Zaubern gelehret / wann ehr solches geschehen und wie solche Leute heissen / und wie es damit zugegangen / und was darauff erfolget? Wobey in alle umbstände weiter muß inqviriret werden.

Solte nun Inquisit sagen sie were hier oder dar auff dem Blocks - Berge gewesen / getantzet / und andere Teuffelsche gauckelspiel betrieben / diese oder jene Persohn daselbst gesehen / so werden die Gerichts verwaltere / zwar hieraus kein indicium wieder die beklagte Persohnen anzuziehen haben / weil solche denunciationes & Confessiones Sagarum ohne grund / ab ipso Diabolo & ejus mancipiis herrühren / und also gantz verwerfflich / jedoch werden sie von selbsten anlaß nehmen / doch nicht weiter als vergonneter massen nach zufragen / dabey aber ernstlich zuermahnen nicht unterlassen / auff keine Unschuldige Leute zubekennnen.

 

  1. Ob inqvisit oder inqvisita gegen andere Leute sich wol vermercken lassen / daß Er oder Sie Zaubern könte.

  2. Welcher gestalt solches geschehen?

  3. Ob die Leute hernach mit Ihm oder Ihr freundschafft gehalten?

  4. Ob andere Leute inqvisito wol offenbahret / oder Er aus Ihren Reden oder thaten wahrgenommen / daß sie Zaubern könten.

  5. Waß das für Reden oder Thaten gewesen?

  6. Ob Sie allein mit einander geredet / und wie sie zu solchen Reden gekommen / oder was sie vor anlaß dazu gehabt?

  7. Ob Inqvisit mehr Leute kenne / welche sagen / daß diese oder jene Persohn mit Zauberey und abergläubischen sachen umb gehe?

  8. Ob den solche Leute gewisse uhrsachen und umbstände angeführet oder erzehlet / daher sie es wissen?

  9. Ob Inqvisit selbst von andern gehöhret oder etwas gesehen / daß diese oder jene Persohn gethan / oder bey Viehe oder Menschen zuwercke gerichtet das Zauberey auff sich habe?

  10. Was den eigentlich dieses oder jenes was er gesehen / oder gemercket / gewesen sey?

 

Endlich wann bey der Scharffen verhöre mehr umbstände sich hervor thun / so werden die Richtere und Beysitzer nach anleitung derselben / und befindlichen facti qvalitate, mehr dienliche fragen / so die Complices zu erkündigen, auch zur beytragung des beweises nötig / formiren / welches dero wissenschafft und gewissen Wir vertrauen und Heimstellen.

 

 

Scheiterhaufen