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Folgender Vertrag wurde am 20.6.1905 abgeschlossen:

 

„Vertrag.

Zwischen der Stadt Neukalen und der Firma Carl Franke, Bremen an­dererseits wird folgender Vertrag betr. Erbauung einer Gasanstalt abgeschlossen.

 

§ 1.

Gegenstand des Vertrages:

Die Stadtgemeinde Neukalen überträgt unter Vorbehalt der für die Anlage erforderlichen Genehmigung seitens der zuständigen Behörden der Firma Carl Franke, Bremen, die betriebsfertige Ausführung einer vollständigen Gaswerksanlage mit allem Zubehör auf Grund der bei­derseitig anerkannten Projekte und Kostenanschläge vom 15. April 1905 und Zusatz vom 22. Mai 1905 in Höhe von M. 788867,57 in Buchstaben: Achtundsiebenzigtausendachthundertsiebenundsechzig Mark 57 Pfennige.

Ueber Ansätze im Kostenanschlage, deren Betrag sich vorher nicht genau vereinbaren lässt, oder über Gegenstände, deren Menge sich erst beim Bau der Anlage ergiebt, hat die Baufirma spezielle Ab­rechnungen zu geben, und zwar unter Zugrundelegung der im Kos-tenan­schlage bezeichneten Einheitspreise, welche sich nicht erhöhen dür­fen.

Ausgeschlossen von der Lieferung sind:

  I. Bauplatz,

 II. Wohnhaus,

III. Pos. 49 de 15. April 1905

und werden diese Sätze stadtseitig geliefert.

 

§ 2.

Garantie der Ausführung:

Die Firma Carl Franke ist für die sachgemässe sorgfältige Ausfüh­rung der gesamten Anlage haftbar, als da sind: Gebäude, Oefen, Appa­rate, Gasbehälter, Rohrnetz mit allem Zubehör, Strassenbeleuchtung, Haus - Einlässe mit Gasmessersätzen. Die Firma verpflichtet sich, nur neue, einwandfreie Materialien zu verwenden und die zur Aufstel­lung kommenden Oefen, Apparate und Gasbehälter so herzustellen und auszurüsten, dass sie allen Anforderungen, dem heutigen Stande der Gastechnik entsprechend genügen. Sie haftet auf die Dauer von 2 Jahren nach Eröffnung des Werkes dafür, dass alles durchaus einwandfrei funktioniert, sodass sie alle sich in dieser Zeit etwa herausstellenden Mängel auf ihre Kosten be­seitigt, sofern dieselben aus mangelhafte Lieferung oder solche Ar­beit aber nicht auf naturgemässe Betriebsabnutzung zurückzuführen sind.

Ferner verpflichtet sich die Firma Franke in diejenigen Bedingun­gen betr. Wiederherstellung der Wege und Strassen einzutreten, wel­che der Stadt Neukalen von den einzelnen Behörden als Besitzer von Strassen und Wegen auferlegt werden, exel. Recognitionsgebühren und mehrjähriger Garantien.

Für die vorschriftsmässige Ausführung aller Arbeiten und Liefe­rungen, wie für die Wiederherstellung des Strassenpflasters bezw. der Chaussierung garantiert die Baufirma, indem sie alle innerhalb der Garantiezeit an Oefen und Apparaten sich zeigenden Mängel, soweit diese nicht auf ordnungsmässige Abnutzung zurückzuführen sind, und alle Unebenheiten, welche sich in Folge der Rohrverlegung am Strassenpflaster zeigen, auf ihre Kosten beseitigt. Die Beseitigung der Mängel hat nach erhaltener Aufforderung in der für jeden einzel­nen Fall vom Magistrat bestimmten Frist zu erfolgen.

Erfolgt die Beseitigung der Mängel nicht in der gestellten Frist, oder ist Gefahr vorhanden, so ist der Magistrat berechtigt, durch irgend einen Unternehmer die Reparatur auf Kosten der Baufirma aus­führen zu lassen und die entstandenen Kosten aus der Garantiesumme zu decken.

 

§ 3.

Die Firma Carl Franke verpflichtet sich, der Stadt alle zur Bau und gewerbepolizeilichen Erlaubnis erforderlichen Zeichnungen, Be­schreibungen und statischen Berech-nungen zu liefern, sowie nach Fer­tigstellung des Werkes einen durch eingeschriebene Masse festge­legten Rohrnetzplan und eine vollständige übersichtliche Zeichnung des Gaswerkes. Ferner sind Arbeitszeichnungen für das Rohrnetz, für die Oefen, Apparate, Gasbehälter und Gebäude anzufertigen, falls Aenderungen zweckmässig erscheinen, sind diese zu berücksichtigen.

 

§ 4.

Fertigstellungstermin.

Die Fertigstellung der gesamten Anlage ist so zu fördern, dass zum 15. Oktober 1905 die Strassenbeleuchtung und die Gasabgabe an die bis dahin angeschlossenen erfolgen kann resp. bis zum 1. Septbr., in Auftrag gegebenen Anschlüsse fertig sein müssen.

Falls die Bauarbeiten durch höhere Gewalt zeitweilig inhibiert werden sollten, verlängert sich der Fertigstellungstermin um diese Zeit.

Für spätere Fertigstellung ist die Gemeinde berechtigt, eine Konventionalstrafe von M. 200,- in Buchstaben: Zweihundert Mark, pro Woche einzubehalten, dagegen verpflichtet sich die Stadt Neukalen innerhalb 4 Tagen Zahlungen nach den im § 15 festgesetzten Bedingun­gen zu leisten.

 

§ 5.

Innerhalb der ersten 4 Wochen nach der ersten Gasabgabe muss ein Termin zur Abnahme der Gasanstalt unter Zuziehung des Sachverständi­gen stattfinden; etwaige bei der Abnahme gefundene Mängel sind schriftlich festzustellen und von der Firma Carl Franke innerhalb 4 Wochen zu beseitigen, anderenfalls sind sie auf Kosten der Firma Carl Franke beseitigen zu lassen.

 

§ 6.

Dichtigkeitsproben unter Kontrolle.

Das Rohrnetz soll unter täglichen Dichtigkeitsproben verlegt wer­den und soll durch eine Generalrohrnetzprobe, welche nach Fertig­stellung der gesamten Leitungen in Gegenwart eines städtischen Ver­treters stattfindet, nachgewiesen werden, dass der Gasverlust im Rohrnetz 100 Liter pro Kilometer und Stunde nicht überschreitet.

Die Stadt ist berechtigt, alle Bauten und Lieferungen, sowie Pro­ben während der Ausführung kontrollieren zu lassen. Zeigt sich bei dieser Kontrolle, dass nicht sachgemäss gearbeitet wird oder nicht tadellose Materalien verarbeitet werden, so ist der Magistrat be­rechtigt, die Arbeiten sofort zu inhibieren, bis die beanspruchten Materialien und Arbeiten entfernt sind. Der Fertigstellungstermin der Gasanstalt wird hierdurch nicht verlängert und steht der Baufir­ma in solchem Falle keinerlei Schadenersatz zu. Soweit in diesem Vertrage anderweitige Angaben nicht gemacht sind, gelten für die Ausführung der Anlage und ihrer Teile für die Abnahme und sonst nicht näher berührten Punkte die Normalien deut-scher Ingenieure und der Gas-Wasserfach-männer.

Die Ausführung hat genau nach den Zeichnungen und dem Kostenan­schlag bezw. Erläuterungsbericht zu erfolgen.

Enthalten die Zeichnungen oder der Anschlag Fehler, so kann der Unternehmer hieraus keine Rechte wider den Magistrat herleiten.

Der Magistrat behält sich das Recht vor, während der Ausführung Aenderungen eintreten zu lassen. Entstehen hierdurch Mehr- oder Min­derleistungen, so wird in Gemässheit des § 2 Abs. 3 verfahren.

 

§ 7.

Nach Vertragsabschluss etwa erforderliche Mehr- oder Minderlei­stungen werden während der Bauzeit nach besonders vorher schriftlich zu vereinbarenden Preisen ausgeführt, andernfalls Zahlung hierfür nicht erfolgt. Auch können von Seiten des Magistrates nach dessen freiem Ermessen Mehrleistungen für die im Kostenanschlage angegebe­nen Einheitspreise in Auftrag gegeben werden. Leistungen, welche durch polizeiliche oder baupolizeiliche Verfü­gungen oder durch Anordnungen des Grossherzoglichen Ministeriums zu Schwerin oder der Berufsgenossenschaft der Gas- und Wasserwerke wäh­rend der Bauzeit auferlegt werden sollten, hat der Unternehmer, so­weit es die von ihm übernommenen Arbeiten anlangt und keine Mehrleistungen gegenüber dem Kostenanschlag erforderlich werden unbe­dingt und ohne Anspruch auf besondere Vergütung auszuführen.

 

§ 8.

Berücksichtigung einheimischer Unternehmer.

Die Firma Carl Franke soll bei Vergebung aller Arbeiten, soweit sie nicht von ihr selbst ausgeführt werden, Aufforderungen zur Sub­mission nur an hiesige Handwerker ergehen lassen und die Arbeiten nur an diese vergeben, sowie möglichst ortsansässige Arbeiter bei Erbauung des Werkes beschäftigen.

 

§ 9.

Betrieb.

Ueber den Tag der Betriebseröffnung wird nach erfolgter Abnahme der Gesamtanlage von beiden Teilen ein Protokoll aufgenommen.

 

§ 10.

Haftbarkeit.

Der Unternehmer haftet für allen Schaden, der durch die von ihm übernommenen Arbeiten und Lieferungen infolge derselben dem Ma­gistrat, sei es durch Ansprüche dritter, erwachsen sollte, insbeson­dere auch für die gesetzlichen Folgen unterlassener, oder nicht ge­hörig bewirkter Versicherung der bei diesen Arbeiten in Neukalen beschäftigten Personen.

 

§ 11.

Bis zur Abnahme der Gasanstalt hat der Unternehmer für deren Be­aufsichtigung und Bewachung zu sorgen. Er trägt bis dahin die Gefahr aller Beschädigungen und Verpflichtungen, und hat keinen Anspruch an den Magistrat auf Entschädigung, wenn die begonnene oder vollendete Anlage vor der Abnahme durch höhere Gewalt oder durch das Verschul­den Dritter zerstört oder beschädigt werden sollte.

Der Unternehmer versichert seine Liefe-rungen bis zur Abnahme ge­gen Feuerschaden.

 

§ 12.

Sämtliche Materialien gehen mit ihrer Anlieferung sofort in Eigentum des Magistrats über.

An der im § 11 begründeten Verpflichtung des Unternehmers zur Beaufsichtigung und Bewachung, zur Gefahrstragung und Versicherung wird hierdurch nichts geändert.

 

§ 13.

Als Sicherheit für die Einhaltung des Vertrages und der aufge­stellten Bedingungen hinterlegt die Baufirma Carl Franke Bremen für die Dauer der Garantie zwei Sichtwechsel über je 5000,- M, welche am Tage des Baubeginnes zu hinterlegen sind.

Die Rückgabe des einen Wechsels erfolgt nach Ablauf eines Jahres, die des zweiten nach Ablauf des zweiten Jahres, wenn die Sicherhei­ten nicht zur Abstellung von Mängeln in Anspruch genommen werden mussten, im anderen Falle abzüglich der verbrauchten Summe.

 

§ 14.

Abschlagszahlungen.

Seitens der Stadt werden Abschlagszahlungen bis zur Höhe von 90 % (neunzig Prozent) der fertiggestellten Arbeiten und angelieferten Materialien geleistet und zwar nicht unter Mark 10.000 weitere 5 % (fünf Prozent) gelangen nach der ordnungsmässigen Inbetriebsetzung zur Anzahlung. Der dann noch verbleibende Rest der Baurechnung ge­langt nach erfolgter Abnahme des Werkes und nach Prüfung der Baurechnung, spätestens vier Wochen nach Behändigung derselben, zur Auszahlung.

 

§ 15.

Dieser Bauvertrag tritt nur unter der Bedingung in Kraft, dass der Pachtvertrag mit der Zentralverwaltung Gas-Wasser-und Elektrizi­tätswerken Gesellschaft mit beschränkter Haf-tung Bremen vollzogen und die im Schlussparagraphen von der Firma Carl Franke Bremen er­forderte Bürgschaft geleistet ist.

 

§ 16.

Schiedsgericht.

Bei allen aus diesem Vertrag sich ergebenden Streitigkeiten ent­scheidet zunächst der Sachverständige der Stadt Neukalen Herr Gasdi­rektor Lindekugel zu Wismar. Als letzte Instanz entscheidet ein Schiedsgericht, das nach den gesetzlichen Bestimmungen zu bilden ist.

 

§ 17.

Stempelung des Vertrages.

Die Stempelkosten dieses Vertrages und der Sicherheitsleistung trägt zur Hälfte die Baufirma; zur Berechnung der Stempelkosten wird bemerkt, dass der Materialwert der übertragenen Leistung Mark 31500,-- beträgt und der übrige Wert in zu verrichtender Arbeit besteht.

Die Ausfertigung dieses Vertrages erfolgt in einem Haupt und einem Nebenexemplar.

       Neukalen, den Juni 1905.

       der Magistrat                                   

      Barten

Bremen, den 20. Juni 1905.

       Carl Francke"

 

   Der Kostenanschlag für die Gaswerksanlage sah folgendermaßen aus:

Ofenanlage 7 950,-   Mark
Apparate 8 460,-   Mark
Gasbehälter (400 m3) 11 514,-   Mark

Rohrnetz (mit 30 Stück Straßenkanelaber und 20 Stück Wandarme) 20 983,57   Mark
Diverses 2 920, -   Mark
Fabrikgebäude 16 000, -   Mark

--------------------------------------------                                             

         67 827,57 Mark

 

   Dazu kamen noch:

Haus- und Laterneneinlässe, Privatgasmesser 6 390,-   Mark

Wohnhaus 7 300,-   Mark