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100 Jahre Jagdrecht in Neukalen

 

Eckhard Sabetzki - 1999


"Des Weidmanns Ursprung liegt entfernt, dem Paradiese nah,
da war kein Kaufmann, kein Soldat, kein Arzt, kein Pfaff, kein Advokat.
Doch Jäger waren da." (Bunse)

 

 

 

Jagdhütte am Kuhdamm

 

Jagdhütte am Kuhdamm

 

 

   Schon in der Steinzeit wurden die Menschen vom Sammler zum Jäger. Da waren Ackerbau und Viehzucht noch unbekannt. Wenn die Jagd erfolgreich war, dann waren die Menschen versorgt. Sie hatten nicht nur Nahrung, sondern auch Material für Bekleidung und andere Gebrauchsgegenstände. Erst mit dem Wachsen der Zivilisation ging die Bedeutung der Jagd für die Menschen verloren.
   Es sind leider nur sehr wenige Nachrichten über das frühere Jagdwesen um Neukalen bekannt.
   In den Privilegien vom 9. September 1504 und vom 8. März 1545 bestätigt der Herzog von Mecklenburg der Stadt Neukalen, daß sie unter anderem auch ihre alte Gerechtigkeit an der Mitjagd ("mit Jacht") weiterhin behalten solle. Nun ist dieser Ausdruck der Mitjagd leider etwas unbestimmt. Da sich beide Urkunden vermutlich auch auf die Amtsinsassen beziehen, läßt sich daraus nicht entnehmen, ob und wie weit die Stadt in alter Zeit eine Jagdgerechtigkeit gehabt hat.
   Im Mirow'schen Vergleich von 1580 heißt es: "So soll auch Niemandt der Ohrte im Ambte büchsen oder Röhren zutragen, oder sonst Hasen noch ander Feder Wild wegzuschießen, noch in Zeit der ruden, und jungen Endten diselben auff den Sahlen, Weyern oder Teichen, durch Ihre Hunde zugreiffen, oder sonst zu fangen und tödten gestatet werden, besondern bey poen *) fünffzehn gulden hiemit, vermöge anderweit publicirten fürstl. befehliges und austrücklichen mandats gäntzlich verbotten seyn."
   *) Strafe

   Man kann davon ausgehen, daß das herzogliche Amt zu dieser Zeit bereits alleine die Jagd ausübte und der Stadt jede Jagdgerechtigkeit absprach. Damit war freilich die Bürgerschaft nicht einverstanden. Sie hatte bis dahin wenigstens eine beschränkte Jagdgerechtigkeit ausgeübt; ob mit oder ohne Recht, wer will das entscheiden? Das herzogliche Amt ließ jedenfalls seine Oberherrschaft durchblicken. Daß die Bürgerschaft trotzdem immer wieder die Jagd ausübte, ergibt sich aus einer Beschwerde vom 21. März 1653. Da klagte die Bürgerschaft, daß der fürstliche Stadtvoigt Christianus Schovius ihr, im Namen des Amtshauptmanns Philipp Christoph Thun, angezeigt habe, sie sollten sich des Schießens, Schweine-, wilde Gänse- und Enten- Schlagens auf dem Mühlenteiche enthalten. Das gehöre nun aber, den Privilegien gemäß, zu der Stadt Freiheit, worin sie von ihrer Obrigkeit geschützt zu werden begehren.

   Carl Voß schrieb über eine Wolfsjagd folgendes:

    "Während des 30jährigen Krieges waren in den großen Waldungen um Neukalen und Dargun die Wölfe zu einer wahren Landplage geworden. Wenn der Hirte am Morgen seine Herde zum damals noch bewaldeten Werder austrieb, so konnte es geschehen, daß vor den Augen des Hirten ein Rudel Wölfe in die friedlich weidende Herde einbrach, einige Schafe abwürgte und fortschleppte. Der Hirte mit seinem Spieß war machtlos gegen diese wilden und reißenden Tiere. Doch auch zweibeinige Räuber gab es damals in den unruhigen Zeiten nach dem Kriege. Wenn der gewissenhafte Hirte einem nach seiner Meinung verirrtem Schafe nachspürte, so konnte er es erleben, daß hinter einem Gebüsch ein paar Strauchritter saßen und das vermißte Schaf bereits am Spieße brieten.
   Gegen diese Landplage wurden nun sogenannte Wolfsjagden veranstaltet. Hierzu wurden die Einwohner von Dargun, Neukalen, Warsow, Wagun und Kützerhof "eingeladen", d. h. sie mußten auf Grund des Hand- und Spanndienstes diesem Befehl unbedingt Folge leisten, um als Treiber mit einem Spieß, oftmals auch nur mit einem Knüppel bewaffnet, an dieser Wolfsjagd teilzunehmen. Dabei ist es dann auch oft passiert, daß mancher, der am Morgen noch frisch und gesund zur Stelle war, am Abend auf einem Leiterwagen, auf Stroh gebettet, nach Hause gefahren werden mußte - so hatten die wilden Bestien ihn zugerichtet."

   Es folgt eine "Einladung", oder richtiger gesagt, der Befehl, an einer Wolfsjagd teilzunehmen aus dem Jahre 1656:
   "An den ehrsamen Rat und Bürgermeister Unser Stadt Nienkalden!
   Wir, Gustav Adolf, Hertog to Mikilenburg, haben beschlossen, Morgen, Mittwochens, in der Gegent to deme Niencalden, eine Wolfesjagt zu halten, und selbsten in drey person darbei zu seyn.
   Daß nun so solchener Jagdt in der menniglich zum besten zwey solchener Reißenden Thiere gesuchet, Undt nothwendig die Vollige Anzahl zu solchener Treyber erfordert wirdt, So habe Ich unser allerseits gnädiger Fürst undt Her nicht allein mir, sondern auch dero Hern Jägermeister Jochim Voy den drücklichsten Befehl erteilet, Sie umb Hülf Ihrer Bürgerschaft so stark sie immer ankommen können zu Ersuchen, dero gestalts, das Sie morgen, Mittwochens früher Tag Zeit es trag bey dem Wagguhner Holz edder Hansenwinkel sich unausbleiblich zu gestellen haben.
   Wir geschließen voll mit Uns
   Jochim Moltzow
   Dargun, d. 4. Nov. 1656 Jochim v. d. Osten"

   Die letzte Nachricht über Wölfe in unserer Gegend stammt aus dem Jahre 1675. Damals war ein Schwein aus der Herde, welche der Mastschweinehirte auf dem Werder hütete, von einem Wolf gerissen worden.
   Als man 1757 das herzogliche Amt von Neukalen nach Schlakendorf verlegte, wurde im abgeschlossenen Permutationsvertrag festgestellt, daß das Jagdrecht auf der Feldmark Neukalen weiterhin dem Amt verbleibt.
   Am 1. Juni 1894 stellte der Magistrat beim Ministerium in Schwerin einen Antrag auf Ausübung des Jagdrechtes. Dieses wurde aber von der Landesregierung, mit Bezugnahme auf die alten Urkunden, am 3. September 1894 abgelehnt.
   Daraufhin gab es weitere Verhandlungen. Schließlich verkaufte das großherzogliche Finanzministerium, Abt. für Domainen und Forsten in Schwerin, mit Wirkung vom 15.12.1899 der Stadt Neukalen das Jagdrecht auf der Stadtfeldmark Neukalen für den Kaufpreis von 8000,- Mark. Die Stadt mußte sich verpflichten, einen Jäger anzustellen oder die Jagd zu verpachten.
   Die Jagd wurde nun von der Stadt verpachtet (siehe Pachtvertrag).

Folgende Jagdpächter sind seitdem bekannt:

   27. Januar 1900 - 1. Juli 1900:
   Bäckermstr. A. Wichmann, Rentner F. Wiese, Ackerbürger Heinrich Sonntag (Pacht: 90 Mark)

   ab 1. Juli 1900 - 1904:
 C. Thielke (Pacht 1.7.1902 - 30.6.1903: 600 Mark)

   ab 9. Mai 1905 - 1910:
   Dr. Neebe (jährlich 600 Mark Pacht, Jagdaufseher: Herr Dudy, genannt 1907, 1908)

   1913:
   (Jagdaufseher: Pagels)

   ab August 1920 - 1933:
   Christian Delfs, Maschinenfabrikant in Rostock, wohnhaft in Klein Schwiesow.
   Er pachtete auch ein 60 m2 großes Stück im Wald in der Nähe des Hohlweges bei der Fritz - Reuter - Halle, um hier eine Jagdvilla zu errichten und auch in diesem Haus zu wohnen. Als Jagdaufseher hatte er Richard Vinner angestellt. Jagdpächter Delfs errichtete auf seinem Platz erst einmal eine Jagdhütte und wollte später die Villa daneben bauen lassen. Nachdem er dann - wohl auch durch die Inflation bedingt - in Zahlungsschwierigkeiten kam und keine Villa errichtete, erhob die Stadt Klage und forderte 1925 den Abbruch der Hütte und Rückgabe des Platzes. Man begründete diesen Schritt damit, daß die Hütte schon längere Zeit nicht mehr benutzt, der Besitzer in Pachtrückstand war und außerdem die jungen Eichen geschädigt würden. Laut Urteil vom Amtsgericht in Güstrow mußte Delfs die Jagdhütte abbrechen und die Prozeßkosten bezahlen. Im Herbst 1933 trat Delfs vom Pachtvertrag ganz zurück. Die Jagd wurde neu ausgeschrieben und ging an Wiegmann (Pachtpreis bis 1933: 1300 Mark jährlich, ab 1933: 1000 Mark jährlich, ab 1.4.1934: 500 Mark jährlich).

   ab 13. August 1926 - 1935:
   Im Auftrag von Delfs wurde E. Wiegmann Mitpächter der Jagd; wohnhaft in Hamburg 19, Eichenstraße 48 III. Ab 1933 bis 1935 war er Alleinpächter der Jagd (Jagdaufseher war weiterhin bis 1935 Richard Vinner).

   ab 18. Juni 1935 bis April 1945:
   Apotheker Carl Creutz
 

 

 

Die Jagd im Raum Neukalen nach dem II. Weltkrieg bis heute.


   Nach der bedingungslosen Kapitulation Hitler - Deutschlands im Mai 1945 endete auch das bisherige deutsche Jagdrecht. Alle Jagdwaffen wurden von der Besatzungsmacht nach Kriegsende restlos eingezogen.
   Damit ruhte vorübergehend jegliche geregelte Jagd. Der Wildbestand vermehrte sich in diesen Jahren erheblich. Obwohl der Bevölkerung Nahrungsmittel fehlten, konnten die Wildbestände nicht systematisch reduziert und zur Milderung der Not der Menschen mit herangezogen werden. Die Folge waren erhebliche Wildschäden in Land- und Forstwirtschaft. Das Schwarzwild ging in den Feldern der Bauern stark zu schaden. Da half der gelegentliche Abschuß von Wild durch Jagdkommandos der Polizei und der Roten Armee und die Wilderei mit Fallen und Schlingen sowie mit Hundemeuten nicht nachhaltig. Dieser anarchische Zustand im Jagdwesen wurde erst nach Gründung der DDR und BRD schrittweise überwunden.
   Am 25.11.1953 wurde von der Volkskammer der DDR das Gesetz zur Regelung des Jagdwesens erlassen. In diesem Gesetz wurden die Richtlinien und die Pflichten auf dem Gebiet des Jagdwesens festgelegt. Die Jagd war in der DDR nicht mehr, wie früher, auf Besitz an Grund und Boden beschränkt, sondern jeder Bürger konnte die Jagdprüfung ablegen, und wenn diese Prüfung bestanden wurde, in einem gebildeten Jagdgebiet die Jagd ausüben. Vorrangig sollten Arbeiter und Bauern die Jagdherren werden. Es hieß im § 1 des Jagdgesetzes: "Alle jagbaren Tiere sind Eigentum des Volkes. Ihre Bewirtschaftung obliegt dem Staat." In weiteren Bestimmungen wurden die Revierförster als staatliche Jagdleiter und die Forstbetriebe als Bewirtschaftungsorgan eingesetzt. Die untere Jagdbehörde war im Rat des Kreises angesiedelt.
   Für den Raum um Neukalen war der 1. Jagdleiter der Revierförster Ernst Fenzahn. Sein Forstrevier und die umliegenden Wiesen und Feldmark waren das Jagdgebiet. Zu den ersten dazu gehörigen Jägern gehörten: Weidgenosse Waschk, Köpsel und Fenzahn.
   Das größte Problem stellten die fehlenden Jagdwaffen dar. Von diesen gab es viel zu wenig, und sie waren zuerst beim Rat des Kreises und bei der Gesellschaft für Sport und Technik stationiert. Nur sporadisch für Jagdeinsätze standen die Jagdwaffen den Jägern der Jagdgebiete zur Verfügung. Ihre Anzahl war viel zu gering. Der örtliche Jäger konnte diese zuerst nur für einen Tag ausleihen, und anfänglich konnte die Jagd nur kollektiv ausgeübt werden.
   1960 wurden Jagdgesellschaften als Organisation für alle Jäger gebildet. Jeder Jäger mußte jetzt Mitglied in einer Jagdgesellschaft sein. Im ehemaligen Kreis Malchin gab es die Jagdgesellschaften Neukalen, Malchin und Stavenhagen. Zur Jagdgesellschaft Neukalen gehörte das nördliche Territorium des Kreises Malchin. Zur Jagdgesellschaft gehörten 3 - 5 Jagdgebiete. Es waren dies in der Jagdgesellschaft Neukalen die Jagdgebiete: Warsow, Wagun, Brudersdorf, Gülitz und Neu - Pansdorf. Zum Jagdgebiet Warsow gehörte der Raum von Neukalen. Da die Jagdgesellschaft den Namen "Neukalen" führte, hat man das Gebiet um Neukalen den Namen "Warsow" gegeben. Das Jagdgebiet Warsow hatte eine Größe von 4000 ha, davon waren etwa 500 ha Wald und 3500 ha Acker und Wiese. Jagdleiter waren Herr Fenzahn, Herr Waschk und Herr Lohrke.
   Bei den staatlichen Jagdleitern waren auch die volkseigenen Jagdwaffen stationiert. Sie wurden unentgeltlich für maximal drei Tage ausgeliehen. Natürlich war in der DDR später auch die Einzeljagd möglich. Die Weidgenossen im Jagdgebiet "Warsow" waren die Herren: Dr. Grünwold, Dettmann, Waschk, Lohrke, Wollenburg, Dr. Müller, Leverenz, Henschel, Wendland, Kay, Slomski, Flackmann und Maeting. Der jährliche Jagdbeitrag betrug etwa 100,- Mark. Dafür gab es für das erlegte Wild Schußgeld. So war die Jagd im Prinzip kostenfrei.

 

Umbau des ehemaligen Badeanstaltshäuschen am Kuhdamm durch die Neukalener Jagdgruppe (Juli 1989)

 

Umbau des ehemaligen Badeanstaltshäuschen am Kuhdamm durch die Neukalener Jagdgruppe (Juli 1989)

 

 

   Das Jagdwesen in der DDR hat sich als Vereinsjagd durchaus bewährt. Sie litt nur darunter, daß nicht alle Jäger über eigene Jagdwaffen verfügten. In der Nr. 21/1998 der Zeitschrift "Der Spiegel" heißt es dazu: "Auf dem flachen Lande existierten Jagdgesellschaften, die gut funktionierten und denen jeder ortsansässige Schütze beitreten konnte."
   Sie sollten nach ursprünglichen Vorstellungen der deutsch - deutschen Einigungskommission 1990 bei der Herstellung der Einheit Deutschlands auch bestehen bleiben. Noch heißt es dazu in dem oben genannten Spiegelbeitrag: "Doch wenige Tage vor der Unterzeichnung des Einigungsvertrages hat die westdeutsche Herrenjagdlobby die Vereinsjagd wieder aus dem Einigungsvertrag gekegelt." Die Jagdgesellschaften wurden 1991 aufgelöst.
   Mit der Einheit Deutschlands endete auch das in der DDR gültige Jagdsystem. Jetzt schlossen sich die Besitzer von Grund und Boden zu einer Jagdgenossenschaft zusammen. So auch im Raum Neukalen. Von der Jagdgenossenschaft pachteten sich die Jäger ab 1991 die Jagdflächen zur Bejagung und bildeten die Jagdgruppe Neukalen. Sie verfügen über eine Jagdfläche von 2799 ha. Davon sind 210 ha Wald (Neukalener Stadtwald, Judentannen und das Heidetal) und 100 ha Naturschutzgebiet am Kummerower See. Der Rest ist Acker- und Weideland.

 

Jagdhütte der Jagdgruppe Neukalen

 

Jagdhütte der Jagdgruppe Neukalen
(Foto von 1998)

 

 

Jagdgruppe Neukalen (1998)

 

Jagdgruppe Neukalen (1998),
von links: Horst Leverenz, Werner Lohrke, Udo Wendland, Volkmar Kroll, Gerd Henschel und Dieter Kay

 

 

   Zur Jagdgruppe Neukalen gehören die Weidgenossen: Leverenz (als Jagdleiter), Lohrke, Henschel, Wendland, Kay und Kroll (zeitweise noch dazu Röbke aus Westdeutschland). Das sind im wesentlichen die gleichen Jäger, die in der ehemaligen DDR hier zur Jagd gingen. Alle Jäger sind Mitglied des Hegerings "Gülitzer Heide". Der jährliche Abschuß der Jagdgruppe umfaßte etwa:
6 - 10 Stück Damwild
25 Stück Schwarzwild
70 Stück Rehwild
20 - 30 Stück Füchse
20 Stück Flugwild (Enten und Gänse)
(Hasen sind zur Zeit ganzjährig geschützt.)

   Am Kuhdamm an der ehemaligen Badeanstalt von Neukalen befindet sich die Jagdhütte der Jagdgruppe. Diese wurde vom ehemaligen STFBDargun mit einer Kühlzelle als Wildsammelstelle ausgerüstet. Das frühere Häuschen der Badeanstalt wurde 1991 von der Jagdgruppe erworben und ausgebaut. Es befindet sich darin ein gut eingerichteter Gemeinschaftsraum, in dem alle Versammlungen der Jagdgruppe stattfinden. Es ist ein gepflegtes Anwesen.

   Die Jäger bemühen sich nach dem Motto zu jagen:

 

"Das ist des Jägers Ehrenschild,
daß er beschützt und hegt das Wild,
weidmännisch jagt, wie sich's gehört,
den Schöpfer im Geschöpfe ehrt."

 

 

 

So lautete der Pachtvertrag der städtischen Jagd aus dem Jahre 1900:


   Zwischen dem Magistrat der Stadt Neukalen einerseits, und dem Herrn Bäckermeister Wichmann, Rentner Wiese und Ackerbürger Heinrich Sonntag hieselbst andererseits ist nachstehender Pachtcontract abgeschlossen worden.

   § 1.
   Die Stadt Neukalen verpachtet für den Zeitraum vom 27. Januar 1900 bis zum 1. Juli 1900 die gesammte Jagd in den im § 2 aufgeführten Forst- Feld- und Wasserflächen zur wirtlichen, jagdrechtlichen und weidgerechten Ausübung mit den weiter unten näher bezeichneten Ausnahmen und Beschränkungen an die Herren Bäcker Wichmann, Rentner Wiese und Ackerbürger Heinrich Sonntag.

   § 2.
   Das Jagdrevier bildet derjenige Teil der zur Stadtfeldmark gehörigen Forst- Feld- und Wasserflächen, welche nördlich von dem Wasserlauf der Peene von der Lelkendorfer Scheide bis zur Feldbrücke, von hier ab nördlich vom Hafen und vom Canal liegt.
   Zu diesem Revier gehört auch die Jagd auf der Peene bis zur Feldbrücke, dem Hafen und Canal.

   § 3.
   Die Pächter dürfen die Jagd ausüben auf alle jagdbaren Tiere wie deren Verzeichnis gesetzlich festgestellt ist, oder wird (gegenwärtig in der Landesverordnung vom 14. Januar 1871 und der Verordnung vom 14 Februar 1894 zur Abänderung des § 1 erstgenannten Verordnung).
   Die Pächter sind verpflichtet, die Jagd pfleglich nach anerkannt weidmännischen Grundsätzen auszuüben und die gesetzliche Schonzeit innezuhalten.
   Jedoch dürfen sie

   1. auf Feldhühner während dieser Pachtperiode überall nicht und
   2. auf Hasen nur bis zum 1. Februar 1900 jagen.

   § 4.
   Damit Schwarzwild in der Stadtforst sich nicht festsetze oder einniste, sind die Pächter verpflichtet, auf dasselbe, sobald sein Vorhandensein - wenn auch nur als Wechselwild - wahrgenommen wird, wovon die Pächter, soweit thunlich, auf seine Kosten durch den Magistrat benachrichtigt werden sollen, unverzüglich, auch ausserhalb der eigentlichen Jagdzeit Jagd zu machen.
   Veranstalten indessen die Jagdpächter nicht binnen 24 Stunden nach solcher Benachrichtigung eine Jagd auf das eingewechselte Schwarzwild, so ist der Magistrat berechtigt, den Abschuß bezw. die Vertreibung desselben für Rechnung des Jagdpächters anzuordnen.
   Das Graben nach Füchsen, Dachsen und dergl. mehr ist den Jagdpächtern nicht gestattet.
   Die Jagdpächter dürfen weder Hetzen veranstalten noch Windhunde gebrauchen, sondern nur mit Hühner-, Dachs- und Schweißhunden die Jagd betreiben. Die Jagdpächter dürfen ohne vorherige Genehmigung des Magistrats keine Tiere aussetzen. Thun sie dies dennoch, so sind sie, indem die Stadt sich alle ihr daraus entstehenden weiteren Rechte vorbehält, pflichtig, auf deren Verlangen diese Tiere durch Schießen, Fangen oder auf andere geeignete Weise wieder auszurotten. Sind sie hierin säumig, kann die Stadt dies auf ihre Kosten thun. Den durch solche Thiere entstandenen Schaden haben sie zu ersetzen; und zwar müssen sie sich wegen der Höhe des Schadens und des zu leistenden Ersatzes den Festsetzungen des Forstdepartements unterwerfen, wogegen ihnen nur Beschwerde beim Magistrat zusteht, bei dessen Entscheidung es für sie endgültig verbleibt.

   § 5.
   Die Pachtsumme beträgt 90 M. = Neunzig Mark = und ist bei Vollziehung dieses Vertrages bar entrichtet.

   § 6.
   Wirtschaftliche Maßnahmen in Wald und Feld, welcher Art dieselben auch sein mögen, mit Einschluß etwaiger Einfriedigungen, begründen für die Jagdpächter weder eine Beschwerde noch einen Anspruch auf eine Entschädigung.
   Dem Magistrat bleibt das Recht vorbehalten, die Abhaltung von Vergnügungen im Walde, sowie das Sammeln von Holz, Beeren pp zu gestatten.

   § 7.
   Wenn und soweit auf Grund des 835 des Bürgerlichen Gesetzbuches und der Artikel 70 - 72 des Einführungsgesetzes zum bürgerlichen Gesetzbuch, sowie in Maßgabe der Mecklenburgischen Verordnungen vom 9. April 1899 betr. den Ersatz von Wildschaden dem Magistrat die Verpflichtung zur Erstattung von Wildschaden obliegt, übernehmen die Jagdpächter diese Verpflichtung in dem vollen durch das Gesetz bestimmten Umfang zu der Wirkung, daß sie dem Magistrat alle Schäden und Kosten erstatten, welche dieser in Maßgabe des bezüglichen Gesetzes zu zahlen hat.
   Andererseits verpflichtet sich der Magistrat den Jagdpächtern durch rechtzeitige Anzeige die Teilnahme an der Feststellung der Schäden durch den Schiedsmann zu ermöglichen.
   Wird durch die im § 835 des B. G. B. genannten Tiere oder durch wilde Kaninchen ein Grundstück beschädigt, welches von der Stadtkämmerei verpachtet oder einem städtischen Beamten als Dienstland überlassen ist, so ist dem Verletzten der Schade von den Jagdpächtern zu ersetzen. Der Umstand der Ersatzpflicht bestimmt sich nach den Vorschriften unter I der Verordnung vom 9. April 1899, betreffend den Ersatz von Wildschaden; die Feststellung des Wildschadens erfolgt in Maßgabe der Vorschriften unter II dieser Verordnung.
   Der Verletzte, welchem der Anspruch auf Schadensersatz unmittelbar gegen die Jagdpächter zustehen soll, hat denselben im Wege des Civilprocesses geltend zu machen. Der Ersatzanspruch geht verloren, wenn er nicht innerhalb der im §12 der Verordnung vom 9. April 1899 bezeichneten Fristen den Jagdpächtern oder dem Magistrat angezeigt und nicht binnen Jahresfrist geltend gemacht wird. Die Anzeige soll enthalten die Bezeichnung
   a, des Grundstücks nach Lage und ungefährer Größe,
   b, der angeblich beschädigten Früchte,
   c, des beanspruchten Schadensbetrages,
   d, des Zeitpunctes der Entdeckung des Schadens,
   e, die Unterschrift des Beschädigten.

   Um aber das Vorkommen von Wildschäden möglichst zu verhindern oder einzuschränken, sollen die Jagdpächter gehalten sein, keinen übermäßigen Wildstand zu halten. Ob der Wildstand einübermäßiger ist, hat allein der Magistrat zu entscheiden. Sollte der letztere aus diesem Grunde einen entsprechenden Wildabschuß für nötig erklären, so haben die Jagdpächter einer bezüglichen Aufforderung unverzüglich und unweigerlich binnen einer ihnen bestimmten Frist nachzukommen. Andernfalls steht dem Magistrat das Recht zu, in ihm geeignet erscheinender Weise den erforderlichen Wildabschuß für Rechnung der Jagdpächter zu bewirken.

   § 8.
   Bei Ausübung der Jagd dürfen unabgeerndete mit Korn oder Futterkräutern bestandene Aecker nicht betreten werden.
   Wenn den Eigentümern und Inhabern von bestellten Aeckern durch die Jagdausübung ein Schaden zugefügt wird, so sind die Jagdpächter ihnen erstattungspflichtig.
   Falls eine gütliche Einigung nicht erzielt wird, so wird die Schadensvergütung in der im §4, letzter Absatz, festgestellten Weise unter Ausschluß des Rechtswegs bestimmt.
   Die Kosten der Feststellung des Schadens haben die Jagdpächter zu tragen. Falls jedoch die von den Jagdpächtern vor Ermittelung des Schadens durch das Forstdepartement angebotene Entschädigung vom Beschädigten abgelehnt wird und das Forstdepartement bezw. der Magistrat dieselbe nicht oder nur unbedeutend höher feststellt, so fallen die Feststellungskosten dem Beschädigten zur Last.

   § 9.
   Den Jagdpächtern ist gestattet, andere Personen in ihrer Begleitung mit auf die Jagd zu nehmen. Wollen sie jedoch andere Personen mit der selbstständigen Jagdausübung in ihrer Abwesenheit beauftragen, so haben sie hiezu die Erlaubnis des Magistrats einzuholen, die nur in denjenigen Fällen versagt werden wird, in denen sich gegen die Persönlichkeit dieser Beauftragten begründete Ausstellung wegen ihrer bisherigen Führung u.s.w. ergeben.
   Jeder der Jagdpächter kann für sich allein die Jagd ausüben.

   § 10.
   Feldtreibjagden dürfen nur bei trockenem Boden veranstaltet werden.
   In der Stadtforst dürfen Treibjagden an den Holzlesetagen nicht abgehalten werden.
   Die Abhaltung aller Treibjagden ist mindestens 2 Tage vorher dem Magistrat anzuzeigen.

   § 11.
   Uebertretungen der Bestimmungen im §3 Abs. 2, §4 Abs. 4, §10 Abs. 2 und 3 berechtigen den Magistrat zur Verfügung einer Ordnungsstrafe bis zu 50 Mark.
   Pächter unterwerfen sich der Beitreibung der verfügten Ordnungsstrafe durch die Zwangsvollstreckung im Verwaltungswege.

   § 12.
   Eine Verafterpachtung oder eine Abtretung des Vertrages ist nur mit Genehmigung des Magistrats zulässig.

   § 13.
   Beim Ableben eines der Jagdpächter erlischt dieser Vertrag sofort, ohne daß für den Rest der Pachtzeit eine Rückzahlung von Pacht stattfindet.

   § 14.
   Die Kosten des gesetzlichen Stempels sowie die Ausfertigungsgebühr für den Vertrag in zwei Exemplaren tragen die Pächter.

   Neukalen, den 27. Januar 1900
   Der Magistrat

   P. Lindemann     A. Wichmann
   A Kossow         H. Sonntag
   Aug. Lange     F. Wiese

 

 

 

Gemütlich ist es in der Jagdhütte

 

Gemütlich ist es in der Jagdhütte

 

 

Jagdgeschichten


   Die folgenden Geschichten erzählten Jäger der Jagdgruppe Neukalen. Es wurde Wert auf eine möglichst wortgetreue Wiedergabe gelegt.

Horst Leverenz:
   "Eines Morgens ging ich mit dem Jagdkameraden Werner Maeting zur Jagd in die "Rosin", um Rehwild zu schießen. Wir erwischten auch zwei Stück Rehwild. Damals fuhren wir noch nicht mit dem Moped oder dem Auto. Wir gingen ja zu Fuß mit einem Rucksack auf dem Rücken. Die beiden Stück Rehwild kamen in den Rucksack. Beim Tragen haben wir uns dann abgewechselt. Nun kamen wir an einen Weidezaun, und da mußten wir ja rüber. Von dem hohen Gras waren wir naß bis unter die Arme. Werner Maeting nahm das Gewehr und drückte den Weidezaun herunter, damit wir rübersteigen konnten. Ich war rüber, Werner kam nach und hatte den Rucksack auf mit den beiden Stück Rehwild darin. Er hatte das eine Bein rüber, da rutschte der Weidezaun unter dem Gewehrkolben raus und ihm zwischen die Beine. Da machte Werner einen Satz mit den beiden Stück Rehwild im Rucksack - wie ein junger Gott! "Horre Gott, wat wier dit? Wat is denn hier in," rief er, "Strom - Strom - Strom! Dat möten wi uns marken!"

Gerd Henschel:
   "Es ist schon etliche Jahre her. Alle, die sich verdient gemacht hatten, wurden belohnt, und so sollte ich einen Schaufler schießen. Hinter der Ziegelei pirschte ich am Lokschuppen die Schienen entlang. Da erblickte ich im Mais einen Schaufler, konnte ihn aber durch das Glas nicht zweifelsfrei ansprechen. Er hatte das Geweih voller Bindegarn und zog auch noch einiges andere hinter sich her. Ich versuchte näher zu kommen und konnte ein Ende des Bindegarns ergreifen. Es gelang mir aber nicht, den Schaufler festzuhalten. Dann bemühte ich mich, seitlich auf gleiche Höhe mit ihm zu kommen. Mein kleiner Finger der rechten Hand blutete schon stark, so zog der Schaufler. Da stand ein Heureuter in der Nähe. Ich versuchte, das Bindegarn an einer Ecke herumzuwickeln, was mir auch gelang. Aber da sprang der Schaufler an, das Band riß, und er war auf Nimmerwiedersehn verschwunden."

Werner Lohrke:
   "Wir machten eine kleine Drückjagd am See. In den Wiesen stand hoch Wasser. Der Scheidegraben ist ungefähr drei Meter breit. Dieter hatte pikfeine neue Klamotten an und sagte: "Hier mach ich einen kleinen Satz." Dann sprang er los. Auf der anderen Seite rutschte er aus, und da lag er auf dem Rücken im Wasser. Die Hose und vor allem die Brunftkugeln waren kladdernaß, die Stiefel waren voller Wasser. Alle anderen lachten schadenfroh. Aber zäh wie Oskar hat er weitergemacht, da kannte er nichts."

Dieter Kay:
   "Das vergeß ich auch nicht mehr. Ich hatte mir damals den Deutsch Kurzhaar gekauft. Irgendwo hinter Altentreptow war eine Hundeprüfung. Ich war da auch hin. Ein Herr aus Neu Heinde kam dort mit einem Kurzhaar an. Der Hund fiel bei der Prüfung durch. Diesen Hund habe ich mir gekauft. Ich ging zu dem Herrn und sagte: "Sie sind zwar mit dem Hund durchgefallen, aber ich habe gesehen, der Hund war wirklich nicht schlecht." "Dei kann wech," meinte er. Der Hund war eineinhalb Jahre alt und günstig (weil er durchgefallen war). Ich handelte mit ihm. Er sagte mir einen Preis. "Nee," sagte ich, "das ist ein bißchen hart, dor möten sei noch 'n bäten wat aflaten." Ich habe den Hund schließlich für "einen Appel und ein Ei" bekommen. Und das war wirklich ein feiner Hund! Das vergeß ich nicht wieder. Nun wollte ich den Hund ja auch testen, wie der wohl ist im Wasser und so. Ich ging in Schorrentin am Wasserloch auf Jagd, schieß da Enten und schick den Hund auch rein. Nun waren ja die Wiesen mit Elektrozäunen versehen. Mein großer Kurzhaar kam heraus aus dem Wasser, die Ente im Fang. Er kam zu mir hin, und ich nahm ihm die Ente ab und schickte ihn wieder los. Er kreiste und kreiste und kam - weil er ja quaddelnaß war - mit dem Rücken an den Elektrozaun. Oooooh ... Die langen Behänge (Ohren) standen hoch wie bei einer Fledermaus! Der Hund ging durch die Koppel - ich habe Tränen gelacht. Diese großen Behänge, weißt Du, wie so ein Vorstehhund. Der sah aus, als wenn er starten wollte. Dies war für mich so richtig mal ein Erlebnis."

Horst Leverenz:
   "Als wir nach einer Drückjagd im Warsower Wald zusammenkamen, sagte unser Förster Ernst Fenzahn: "Ick heww dor noch 'n Öwerlöper krank schaten. Dor möt morgen noch einer hen un denn nahsäuken." Werner Maeting meldete sich: "Ick führ mit Horsten hen un säuk denn nah. Wi nähmen dei Hunn mit."
   Am nächsten Morgen waren wir also da. Er hatte uns erklärt, wo der Anschuß war. Wir haben die Hunde angesetzt, die gingen auch gut den Morgen. Es dauerte gar nicht lange, da gaben sie Laut. Wir suchten und guckten, wir haben keinen Hund gesehen, haben kein Schwein gesehen, nur die Laute gehört. "Mensch, wo können die Hunde sein, wo sind die bloß?" Am neuen Pflanzgarten hatten die Forstleute ein tiefes Loch gegraben für die Pflanzen und Eicheln. Das Loch war nun nach dem Verpflanzen leer. Hier war das Schwein hineingefallen, und da hatten die Hunde es zu halten. Unten in der Kuhle waren sie alle drei. Werner Maeting ging hinunter und fing das Schwein ab. Dann zogen wir es heraus. "Wie bekommen wir das Schwein nun nach Hause?" Kurzerhand wurde es hinten auf sein Moped gebunden. Werner hatte sich gerade einen neuen "Star" gekauft. Ich sagte zu ihm: "Fahr Du man mit dem Schwein nach Hause, dann kommst Du zurück, und ich komm Dir schon entgegen." Er schmiß das Moped an. Der Weg war ein wenig sandig. Wir standen oben auf dem Berg. Er mußte nun hinunter fahren, setzte sich auf das Moped, ließ die Kupplung kommen und gab Gas. Wie er den Berg so halb herunter war, bekam er das Moped im Sand nicht mehr zu halten, rutschte weg und plumms da überschlug er sich mit dem Moped mitsamt dem Schwein hintendrauf. Die Brille war weggeflogen, der Lenker herumgehauen. Er stand auf und rief: "Bäcker, Bäcker (so sagten sie immer zu mir, weil ich von Beruf ja Bäcker bin), mööst mi helpen - Totalschaden - Totalschaden!" Die Lenkung war verdreht, der längere Teil des Kotflügels stand nach vorne, der Gasbowdenzug war abgerissen. "Totalschaden! Dat niege Moped," jammerte er. "Werner, is nich so schlimm," sagte ich. Ich richtete ihm das Moped wieder zurecht. Nur mit dem Gas ging es nicht mehr. Er mußte am Draht ziehen und ist dann so nach Hause gefahren."

Udo Wendland:
   "Mitte der 80ger Jahre, Ende Oktober, gingen Werner Lohrke, Gerd Maischeider und ich zu einer Mondscheinjagd auf Sauen. Wir trafen uns in Richtung Salem. Werner stand auf dem Landweg Neukalen - Salem, und ich habe mit Gerd Maischeider eine Kanzel an den Bahnschienen bezogen. Wir wollten Frischlinge und von der großen Rotte Bachen oder Überläufer bejagen. Da die Rotte schon so sehr stark war, haben wir uns gesagt, nehmen wir eine Bache zum Schießen, aber bloß keine führende. Nach etwa einer Stunde kam die Rotte aus dem Schilf am See hoch und wollte Richtung Wald ziehen. Da beschoß ich eine Bache, die auch zeichnete, auf dem frischgepflügten Acker in Richtung zu den Salemer Tannen hin. Nun warteten wir eine halbe Stunde, und ich ging hinterher. Als wir so drei- bis vierhundert Meter gegangen waren, sahen wir die Bache mitten auf dem Acker liegen, und sie atmete noch. Da Gerd die große Stablampe mithatte, sagte ich zu ihm als wir auf etwa 30 m heran waren: "Leuchte sie mal an, vielleicht müssen wir noch einen Fangschuß geben." Und wie er die Lampe nehmen und sie anleuchten wollte, stand die Bache schon auf und kam uns entgegen. In dem Moment bekam ich gerade noch den Drilling von der Schulter und schoß die beiden Brennecke raus. Da war die Bache aber schon da. Ich schlug sie mit dem Stiefel ans Gebräch, und da flog ich auch schon übern Acker. Als ich auf dem Acker lag und die Bache vor mir stand, lief der Gerd Maischeider immer in Richtung Wiese. Ich rief: "Komm her und helf mir!" Jedenfalls lag ich auf dem Rücken auf dem nassen gepflügten Acker. Der Drilling lag hinter mir. So bin ich langsam rückwärts gekrochen. Die Bache stand drei Meter vor mir und äugte mich immer an. Als ich den Drilling in der Hand hatte, schob ich bloß die Kugel vor - weil diese noch drin war - und schoß auf die Bache ohne zu zielen. Sie fiel im Knall auch gleich um. Als ich dann aufstand, zitterten mir doch die Knie. Meine Jacke war kaputt, meine Hose war weg bis an die Knie, und die weiße Unterhose hat schön geleuchtet. Nach einer kurzen Zeit kam dann Werner Lohrke über die Bahnschienen herüber vom Weg und sagte noch: "Ich wünsch Dir Weidmanns Heil." Das war so: Wenn wir zwei Schüsse kurz hintereinander gemacht hatten und einen etwas später, dann bedeutete das, da ist irgendwie Gefahr, dann soll der andere kommen und helfen. Und so kam er dazu. Jedenfalls zog ich mich an dem Tag noch um, und alle haben erst mal schön gelacht, ich aber schoß an dem Abend noch drei Sauen.

Werner Lohrke:
   "Abends war ich auf Ansitzjagd. Da kam ein großer Keiler an. Am Graben stand ein Pfahl. Ich dachte, da gehst du ran, dann hast du so ein bißchen Deckung und kannst so schön anlegen. Überall war Rohr und Brennessel und Distel. Die Flinte hatte ich schon entsichert. Ich riß die Flinte hoch, und dabei kam ich an einen Elektrozaundraht und "bumms" ging der Schuß los in die Luft. Mein Keiler war natürlich weg. Aber am nächsten Tag habe ich ihn dann doch erwischt."

Gerd Henschel:
   "Wilhelm Voß, der in Neukalen für die Jagd viel getan hat, besaß als Elektromeister ein Fahrzeug, mit welchem man auch Wild transportieren konnte. Er war immer einsatzbereit und hat alles gemacht. Wir hatten einmal in Warsow Drückjagd und haben das Wild nach Hause gefahren. Mit vier Mann saßen wir oben auf dem Framo und sind in Richtung Neukalen gefahren. Wir kamen aus dem Warsower Wald, fuhren durch Warsow und dann durch die Judentannen. Die Wegeverhältnisse waren sehr schlecht damals, und Wilhelm hat immer Gas gemacht. Wir konnten uns kaum noch auf dem Wagen halten. Wilhelm hat das vorne nicht so gemerkt. Kurt Schirrmacher war ja unser Obertreiber, und der hatte so einen schönen großen Treiberstock bei sich. Den hat er dann genommen und damit einen Schlag auf das Fahrerhaus gegeben. Wilhelm bekam einen gewaltigen Schreck. Er hat bestimmt gedacht, das Auto ist irgendwie explodiert. Er hat alle Register gezogen, und wir standen auf einem Ruck!"

Horst Leverenz:
   Werner Maeting und ich haben mal eine Ansitzleiter gebaut. So eine Ansitzleiter hatten wir noch nie errichtet, das war die erste. Nun ging das ja los. Material war besorgt. Es war bei Warsow im Wald. Wir haben die Leiter an einen Baum angebracht und den Sitz so darüber vorgebaut vor die Leiter. Es sah ganz nett aus, und Werner machte ja Probesitzen. Er kletterte hinauf, schwang sich herum und saß da oben. "Ja," sagte er, "hier sitzt sick dat gaud. Dei Ast dei mööt dor noch n bäten weg, dei Siet dei geiht, de Ast, dei mööt dor ok noch weg, denn kann man dor ok schön henkieken." Nun war die Uhr aber so bei Elf herum oder viertel Zwölf. Er wollte ja wieder herunter und wurde so unruhig. Ich dachte mir erst nichts dabei. "Bäcker, weißt wat, dit is Schiet worden." "Wieso?" fragte ich. "Ick komm ja nich wedder run." "Wieso nich," fragte ich. "Ne, kieck mal, dor bammeln de Bein un de Ledder is unnern Mors hier, un ick komm ja nich nah de Ledder henn. Wie sall ick hier dal kamen?" Er wurde immer aufgebrachter. "Führ nah Huus, segg mien Elling, wenn ick Klock twölben nich dor bün, denn bün ick von baben dal sprungen und heww mi dat Genick braken." Dann bin ich die Leiter hoch gegangen. "Dreh Dich man um." Dann hat er sich auf den Bauch gelegt. Ich habe ihm die Füße an die Leiter gedrückt, damit er herunter konnte. Als er glücklich unten war, sagte er: "Nahmiddags geiht dat sofort wedder her - afrieten." Das machten wir dann auch und bauten den Ansitz neu.

Werner Lohrke:
   "Es war etwa 1966. Da hatten wir immer bei Herbert Wiechert unsere Versammlungen. Herbert Wiechert sagte einmal: "Ihr seid doch Jäger, ihr müsst mal ein paar Gänse schießen". "Ja, Schießen ist nicht so schlimm, aber das Abrupfen!" Er sagte: "Ich habe zwei Frauen, die rupfen die Gänse ab". Köpsel, Waschk und ich gingen dann los. Wir hatten bis zum Abend 18 Gänse geschossen, die wir dann nach Wiechert hinbrachten. Damals waren wir elf Jäger. "Herbert, hier hast Du die Gänse. Mach das Essen fertig"! Die Frauen guckten ja, denn die Gänse lassen sich schwer rupfen. Es waren Saatgänse, die ausgenommen so fünf bis sechs Pfund wogen. Herbert Wiechert hatte das Menü auch wunderbar gemacht, und jeder bekam einen Vogel zum Essen. Es wurde kräftig dazugetrunken. Horst Leverenz war nebenan beim Konsumbäcker und machte an dem Abend "Berliner". Er guckte mal bei uns Jägern rein. "Du, Horst, wir möchten auch Berliner." Er brachte eine ganze Platte mit 40 bis 50 Berliner, so richtig schön heiß noch. Wir haben die ja dann auch noch gegessen. Dr. Grünwoldt war zum ersten Mal zur Jagd mit. Der hatte auch kräftig getrunken und gegessen und dann diese Berliner! Er hatte damals noch keine Wohnung, sondern nur ein Zimmer im Landambulatorium. Nun hatten die Gänse, die Berliner und der Schnaps schön getrieben. Die Spuren davon waren nicht zu übersehen. Am nächsten Morgen kam die Frau, die dort saubergemacht hat... Dr. Grünwoldt sagte später: "So geschämt habe ich mich noch nie".

Dieter Kay:
   "Da sitze ich abends bei mir auf meiner Schweinekanzel an den Judentannen in Richtung Warsow, weißt Du Werner, wo Du immer staunst, daß der Sturm die nicht mal umpustet. Wenn Sauen in den Judentannen sind, kommen die auch da entlang. Da sitze ich also abends um halb zehn bei Mondschein, und auf einmal seh ich, da kommt einer raus aus der Senke, zieht aber so ein bißchen links von mir hoch und will zum Mais runter und kommt auf meine Spur. Das heißt bei uns Menschen nicht Fährte, sondern bei uns Menschen, auch bei Niederwild, Fuchs u. a. ist das eine Spur. Nur beim Schalenwild ist es eine Fährte. Der kommt also auf meine Spur, und wie der Deuwel will, es ist ein Überläufer - ein Keilerchen. Er hat die Nase runter und geht genau meine Spur und kommt in Richtung Kanzel. Er war wohl neugierig, Donnerwetter, was ist das für einer, wer ist nun hier lang? Er ahnte ja nicht, daß das ein böser Bube ist, der da oben sitzt. Dann stellte er sich so auf 60, 70 Schritte mit einmal breit hin, und dann habe ich fliegen lassen. Ich habe ihn ziemlich Tiefblatt erwischt. Er nahm das Haupt so runter und pflügte mit dem Gebräch den Boden im Acker ein bißchen auf, als er getroffen wurde. Dann machte er einen Bogen und lief in Richtung Mais runter. Na, denk ich, der ist n bäten grot, brukst nich achteran gahn, laß ihn krank werden, gehst morgens hin im Dunkeln. Früh morgens ging ich hin, nahm beide Hunde mit; einer ging bei mir bei Fuß, der andere am Schweißriemen und suchte so nach. Ach, denk ich immer, der Hund ist doch verkehrt. Du hast doch gesehen, daß das Schwein in die andere Richtung lief. Nee, die Hundenase hat immer Recht. Wir nicht! Der Hund zog immer so, und da find ich auch Schweiß an den Grashalmen. Kurz vor dem Mais sehe ich, da liegt ja das Stück Schwarzwild - ist wohl tot. Als ich auf zehn Schritte heran bin, mache ich beide Hunde los. Es waren junge Hunde, ein Jahr alt. Sie sollten ja auch ein Erfolgserlebnis haben, um so besser gehen sie später wieder auf Schweiß. Ich bin auf fünf Schritte heran, und die Hunde kreisen um das Schwein. Das ist etwas Neues für die jungen Hunde. Sie machen Krach. Da springt dieser Keiler hoch, läßt die Hunde links liegen und kommt genau auf meine Hose zu. Nun hatte ich aber die Waffe über dem Rücken zu hängen. Es ging alles so schnell. Das war wie so ein Scheinangriff. Der Keiler auf mich los, das Gebräch auf, fegt aber so einen halben Meter an meiner Hose vorbei. Ich bekam einfach nicht die Waffe herunter, weil alles so schnell ging. Der Keiler dreht und dreht und läuft wieder in Richtung Mais. Da bekam ich die Waffe herunter, und dann habe ich vorne am Gebräch angehalten und geschossen so auf 40 bis 60 Schritt. Da fiel er um. Ich hatte wirklich gedacht am nächsten Morgen, das Schwein ist mausetot. Ne, die Kugel hatte ihn so Tiefblatt erwischt, das saß nicht im Leben."

Udo Wendland:
   "Einmal habe ich ein Schwein geschossen, das lief in den Roggen hinein. Ich habe gedacht, da brauchst du gar nicht suchen. Der Roggen war zu hoch. Am nächsten Morgen zog ich gleich los zum Nachsuchen, kam an die Stelle und sah Schweiß über Schweiß. Mensch, dachte ich, das Schwein ist ja tot. Da lag es im Roggen. Ich legte die Flinte hin. Den Hund hatte ich bei der Flinte am Gewehrriemen angemacht, damit er da bleibt. Als ich zum Schwein kam, stand es auf, kam auf den Hinterläufen angerutscht und schob sich auf den Hinterläufen auf mich drauf zu. Ich lief zurück zum Gewehr, hatte doch Schiß. Dabei konnte das Schwein gar nichts mehr ausrichten. Dem wäre man zehnmal weggelaufen! Ich machte den Hund los. Er nahm das Schwein von vorne an. Dann habe ich es mit dem Messer abgefangen. Von der Seite konnte ich herankommen. Beide Vorderläufe waren durchgeschossen und am Kern geradeso geratscht. So hatte das Schwein die ganze Nacht gelegen und hat bloß gewartet auf den, der da kommt: Ich habe solche Schmerzen, wer hat mich krank geschossen? Wenn der kommt, werde ich mich aber rächen..."

Horst Leverenz:
   "Werner Maeting und ich gingen durch die Judentannen. Wir wollten in die "Rosin" auf ein Stück Rehwild. Er war immer so ein bißchen spaßig und sagte: "Bäcker, hier hest Du de Flint, Rucksack und Patronengurt, ick mööt ierst ut de Büx." Gesagt - getan, er ging ein Stückchen weiter, ein bißchen abseits ins hohe Gras und machte ja sein Geschäft. Dann kam er wieder, band den Patronengurt um, zog die Jacke an und nahm sein Gewehr. Wir gingen weiter. Er sagte immer: "Bäcker, ick weit nich, dat rükkt so." "Ja," sagte ich, "dat stinkt so nah Minschen hier." "Ja, ick kann mi nich helpen, ick mark dat ok", meinte er. Nun ging er ein paar Schritt vor mir, und da sah ich die Bescherung. Er hatte Gummistiefel an, die waren vielleicht oben ein bißchen weit. Jedenfalls hatte er sich sozusagen in die Stiefel geschissen. "Werner," sagte ich, "dat is allens bruun achtern bi di." "Wat," rief er, "ick as oller Kierl schiet mi in de Stäwel?" Er zog die Stiefel aus, machte sie mit Gras sauber, und dann ging es weiter."

Werner Lohrke:
   "Ich hatte ein Stück Rehwild geschossen und fuhr dann die Bahnstrecke entlang, um es zu holen. An der Bahnstrecke standen Kilometersteine. Ich achtete nicht darauf, guckte ja immer links und rechts und fuhr so da lang. Da kam ich mit der Fußraste an einen Stein, der war wohl schräge - jedenfalls war der Gummistiefel kaputt, der Fuß blutig und der große Zehnagel ab. Das hatte ich zuerst nicht bemerkt. Ich holte das Stück Rehwild und auch noch Gänse. Am Abend mußte aber die Ärztin kommen."

 

Holztafel im Wald zwischen Warsow und Kützerhof

 

H.KÖPSELL
16.11.1974

 

   Im Wald zwischen Warsow und Kützerhof befindet sich an einem Baum die hier abgebildete Tafel. Sie wurde geschnitzt von Werner Schröder und erinnert an folgenden Vorfall:


Werner Lohrke:

   "Wir trafen uns zur Drückjagd im Warsower Wald am 16. November 1974. Schon wie wir zusammenkamen, klagte Horst Köpsell, daß er so einen komischen Druck auf dem Magen hätte. Wir haben nicht weiter darauf geachtet und noch so ein bißchen gespöttelt. Dann ging die Druckjagd los. Horst stand am "Kopeisterbarg". Im Treiben kamen auch Sauen bei Horst vorbei, und er schoß einen starken Frischling. Beim Aufbrechen sagte er wieder: "Mir ist nicht gut." Dr. Müller kam und brach den Frischling auf. Horst stand dabei und sagte: "Mir wird immer schlechter". Dr. Müller ging mit ihm zu einem Stein am Weg. Horst stellte sich an einen Baum. Auf einmal wurde er ganz blaß, holte noch einmal tief Luft und fiel um. Dr. Grünwoldt wurde angerufen. Er kam auch zehn Minuten später, aber er konnte nur noch den Tod feststellen. Kurz vor seinem Tod hatte Horst noch ein Schwein geschossen."