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Das Amt Neukalen

 

Wolfgang Schimmel - 1999



   In der Gründungsurkunde Neukalens heißt es (in der Übertragung aus dem Altniederdeutschen): "... daß wir mit bedächtigem Rate unserer Hauptleute zugelassen haben, daß die Stadt Kalandt in das Dorf, welches Bugelmast genannt war, verlegt ist". Das bedeutet, die ab 1244 auf der Fläche des heutigen Altkalens errichtete Stadt Kalen wurde 1281 an die Stelle des (slawischen) Dorfes Bugelmast verlegt. Die Bezeichnung "Bugelmast" wird gedeutet als "Götzenort mit Brücke". Daraus läßt sich nun entnehmen, daß für diese Örtlichkeit zwei Details bedeutsam waren: Einmal befand sich hier ein größeres slawisches Heiligtum als Mittelpunkt der umliegenden Dörfer, zum anderen gab es einen wichtigen Flußübergang. Wo sich das Heiligtum befunden hat, ist nicht mehr bekannt; eventuell stand es auf dem Platz, den jetzt die Kirche einnimmt. Der Übergang über die Peene dagegen ist heute noch von Bedeutung. Die weite Niederung des Urstromtals von Alt Sührkow bis zum Kummerower See bot nur in Neukalen eine Möglichkeit der Überquerung. Hier trafen sich mehrere Landwege: von Warsow aus Richtung Dargun, Weg von Sarmstorf, Schorrentin, Trebelin über Madesin (die letzten beiden Orte existieren nicht mehr), Weg von Schlakendorf aus Richtung Teterow und der Weg von Salem her.

 

   Diesen strategisch brisanten Brückenkopf wußte man gewiß schon zur Slawenzeit, also vor mehr als achthundert Jahren, zu schützen. Leider lassen sich dazu keine konkreten Aussagen mehr machen. Schriftliche Quellen gibt es nicht und Bodenfunde fehlen. Es gibt aber indirekte Hinweise aus den überlieferten Orts- und Flurnamen. Für unterschiedliche Sperren und Anlagen benutzten die Slawen typische Bezeichnungen. Sie sind oft von den einwandernden Deutschen übernommen worden und blieben erhalten. Willy Bastian kommt 1966 in seiner Abhandlung "Neue Forschungen zur slawischen Befestigung" zu der Erkenntnis, daß u. a. folgende Namen auf slawische Sperren hinweisen:

   "Die Brama, ein mit Tor und Schanze befestigter Ort. Die Voraussetzungen für die Anlage einer Brama sind ein kurzer, gerader, von sperrigen Ufern freier Flußabschnitt, in gleicher Weise geeignet als Furt oder für die Einrichtung eines Fährbetriebes, bei größerer Wassertiefe. Da jedoch der Name "Brama" in erster Linie ein "Tor" bezeichnet, dazu die "Schanze" als Sperre, muß an eine besondere Verstärkung des Durchlasses gedacht werden, wahrscheinlich auch an ein wirkliches Tor.

   Die Klüß - Schlüssel zu einem Lande, Dorf. Die Klüß ist, was die Übersetzung sagt, eine "Schlüssel" - Stellung, und wer sie erobert, hat den Zugang "zum anderen Land bzw. Ort". Im Vergleich zu anderen Plätzen mit dieser Bezeichnung in Mecklenburg kann man feststellen, daß sich hier mehrere einfallende und sich gabelnde Landwege treffen und an dieser Stelle leicht gesperrt werden können.

   Die Preseka - durchgehauener Weg, durchgehauene, gelichtete Stelle im Walde. Das "Lichten" ist die primäre Arbeit, die dem Bau von Waldsperren vorausgeht."

   Es sind nun tatsächlich entsprechende Flurnamen auf der Neukalener Feldmark da. Östlich der Stadt gab es einmal einen "Brahmgraben", die "Brahmkavel" und eine "Brahmwiese" - alle hergeleitet aus dem slawischen Wort "Brama". Auf den Ursprung "Klüß" geht die Bezeichnung für den "Klüschenberg" zurück. Er befand sich in der Gegend der heutigen Neubauten "Thomas - Müntzer - Straße". Ab dem 17. Jahrhundert wurde dieser Berg zur Lehmgewinnung abgetragen. Obwohl das Vorhandensein der beiden Bezeichnungen Brama und Klüß schon recht aussagekräftig ist und sie die Anlage eines befestigten Flußübergangs im Dorf Bugelmast belegen, gibt es sogar noch einen - allerdings recht vagen - Hinweis auf die Preseka. Der auffällig vorspringende Hügel am Westrand der sogenannten "Judentannen" soll im Volksmund auch als "Preisterkopp" bezeichnet worden sein. Lehrer Kliefoth schrieb 1909 in seiner Flurnamensammlung zum "Klostermorgen": "Acker rechts der Chaussee nach Warsow, vorm Hohen Priess". Der Name "Hohe Priess" ist sonst nirgends bekannt oder genannt, könnte aber irgendwie mit "Preisterkopp" - räumlich und namentlich - zusammenhängen. Vielleicht ist also mit "Priess" oder "Preisterkopp" eine zaghafte Erinnerung an Preseka erhalten geblieben?

 

Geographische Übersicht der Gegend um Bugelmast (vor 1281)

 

Geographische Übersicht der Gegend um Bugelmast
(vor 1281)

 

 

   Die beigefügte Karte soll die geographischen Verhältnisse zur Slawenzeit verdeutlichen. Sie ist aus Gründen der Übersichtlichkeit recht einfach gehalten. Die Gegebenheiten waren sicherlich vielfältiger; die einzelnen Bäche, Sölle, Teiche, Seen, Hügel, Wald- und Sumpfgebiete sind fortgelassen. Mit einem grauen Farbton ist die weite Niederung des früheren Urstromtals angedeutet, welche sich aus Richtung Teterow bis nach Osten in den Kummerower See erstreckte. Damit ist Moor- und Bruchland ebenso gekennzeichnet wie der spätestens im 16. Jahrhundert verlandete "Wutzelense See" (im Westen Neukalens), der Peenelauf (früher als "Wustelennse Fluß", dann als Beke und erst später als Peene bezeichnet) und das große Moorgebiet mit dem großen Kummerower See im Osten. Die hellen Flächen verdeutlichen die höher gelegenen und trockenen Gebiete, welche mit Wäldern bestanden waren oder zum Ackerbau genutzt wurden. Einzelheiten sind vernachlässigt. Es ist aber sehr gut zu erkennen, daß an der Stelle des Dorfes Bugelmast ein zu sichernder Übergang bestanden haben muß, da sich hier mehrere Landwege trafen. Die Befestigung oder Burg nahm etwa den Raum ein, den heute die Straße "Forsthof" beansprucht. Sie könnte eventuell auch das Heiligtum, den slawischen Tempel, umschlossen haben. Etwas weiter nördlich der heutigen Brücke am Hafen lag der zu schützende Flußübergang. Ob es sich um eine Bohlenbrücke, um eine Fähre oder um eine Furt handelte, läßt sich nicht sagen. In einiger Entfernung im Nordosten lag bei der inselartigen Erhebung "Vogelsang" der bereits erwähnte "Preisterkopp". Auf der Karte von 1727 ist der Hügel als "Der Weig - Berg" eingezeichnet. Vieles spricht dafür, daß diese Erhebung als Fluchtburg diente. Die slawische Bevölkerung könnte hier bei drohender Gefahr Schutz und Zuflucht gesucht haben.

   In (Alt) Kalen hatte man um 1244 zum Schutz der Stadt und der durchführenden Handelsstraße die alte slawische Wallanlage zu einer deutschen Burg ausgebaut. Ähnlich mag es 1281 nach Verlegung des Stadtrechtes an den neuen Ort geschehen sein. Die alte slawische Befestigung zur Sicherung des Brückenkopfes wurde von den Deutschen zu einer Burg mit einem Verwaltungssitz der Vögte des Landes Kalen ausgebaut. Das meinte auch schon 1862 der Pastor Schliemann in seiner umfangreichen Abhandlung "Zur Geschichte der Stadt Neukalen": "Es leidet keinen Zweifel, daß gleich wie bei der ursprünglichen Stadt Kalen eine fürstliche Burg sich befunden hatte, deren auch die Urkunde von 1253 mehrfach gedenkt, Neukalen nicht minder von vorne herein eine fürstliche Burg in sich schloß."

   An der Stelle der großen Peenebrücke, über welche sich heute der Straßenverkehr drängt, hat es zur slawischen Zeit noch keinen Übergang gegeben. Erst mit Errichtung der Stadt Neukalen ab 1281 sind hier die Dämme beiderseits aufgeworfen und im Zusammenhang mit dem Bau einer Wassermühle zwei Brücken hintereinander angelegt worden. Die scheinbar 1287 fertiggestellte Wassermühle gehörte damals dem Landesherrn. Ebenso wie der alte Flußübergang bei der Burg, der dann allerdings seine Bedeutung verlor, war auch der neue Übergang in der Hand des Landesherrn und konnte zur Erhebung einer Zollgebühr benutzt werden. Das war noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts der Fall und hat der Stadt Neukalen in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung sehr geschadet.

   Es gibt nun zahlreiche Hinweise, die uns das Vorhandensein einer deutschen Burg in Neukalen bestätigen. Schon in der Gründungsurkunde wird als Zeuge Johann Moltke, "vnse spisedreger vnd vagett In Kalandt" aufgeführt. Johann Moltke war also Spießträger - womit man ihn wohl als Ritter kennzeichnen wollte - und als Vogt in Neukalen ansässig.

 

 

Siegel des Ritters Johann Moltke 1296

 

Siegel des Ritters Johann Moltke 1296

 

 

   Unter den Zeugen in einer Urkunde von 1318 ist Heinrich, Burggeistlicher von Kalandt, genannt. Im ältesten Stadtbuch ist 1399 von einem Schloßweg "via claustrali" und 1414 sowie 1415 von einem "castrum" (= Burg) und 1447 "claustralem" (Schloß) die Rede.

 

Das Amt beanspruchte bis 1757 die schwarz umrandete Fläche des Stadtgebietes von Neukalen

 

Das Amt beanspruchte bis 1757 die schwarz umrandete Fläche des Stadtgebietes von Neukalen

 

 

   Die Burg, wohl auch Schloß genannt, füllte mit ihren Gebäuden und Gärten den Nordosten der Stadt, etwa zwischen der heutigen "Hafenstraße", der "Wilhelm - Pieck - Straße" und der "Friedrich Ludwig Jahn - Straße" aus. Die beigefügte Karte kennzeichnet die Lage im Stadtgebiet. Die Burg war als Verwaltungsmittelpunkt des Landes Kalen jahrhundertelang der Sitz des fürstlichen Landvogts. Ihren Eingang bildete die Burgstraße, heute Amtsstraße genannt, welche nach der Burgseite hin durch eine Mauer begrenzt war. Zur Burg gehörte auch ein Fangelturm mit einem Söller, um Ausschau zu halten. Wie Carl Voß berichtete, sollen um 1900 noch die Fundamentfelsen zu sehen gewesen sein. Das Amtstor diente ursprünglich nur den Interessen der Burgbewohner, die jenseits der Umwallung im Osten der Stadt noch eine größere Gartenfläche, im Volksmund "Schloßgarten" genannt, bewirtschafteten. Die ursprünglichen Burggebäude standen auf einem erhöhten Platz, welcher mindestens im Osten und Westen von einem Graben umgeben war. Das kann man späteren Beschreibungen entnehmen. Nördlich floß die Peene vorbei.

   Bis in das 17. Jahrhundert hinein sprach man noch von der "Burg" als Verwaltungssitz der herzoglichen Burgvögte. Die dahin führende Straße wurde noch lange als "Burgstraße" bezeichnet (letztmalig 1826) und erst viel später "Amtsstraße" (erstmalig 1794) genannt.

 

Auf dieser Zeichnung aus dem 17. Jahrhundert ist das

 

Auf dieser Zeichnung aus dem 17. Jahrhundert ist das "Hauß Neuenkahlen" dargestellt (gemeint sind die Amtsgebäude).

 

 

   Mecklenburg war ursprünglich in sogenannte Länder eingeteilt, eine Einrichtung, welche die eingewanderten Deutschen höchstwahrscheinlich von den Slawen übernommen hatten. Die Grundlage der lokalen Verwaltung bildete die Vogteiverfassung. Die Tätigkeit des Vogts ist vielseitig; er ist der allgemeine Beamte seines Bezirkes und vereinigt somit in seiner Person alle obrigkeitlichen Befugnisse innerhalb seiner Vogtei. er ist richterlicher, administrativer, Finanz- und Militärbeamter. Sein richterliches Amt nutzt der Vogt zur persönlichen Bereicherung aus. Ihm fallen eine große Summe der Gerichtskosten und ein bestimmter Anteil der Strafgefälle zu. Als administrativer Beamter hat der Vogt vor allem polizeiliche Pflichten; er hat für Ruhe und Sicherheit in seiner Vogtei zu sorgen, vor allem aber den öffentlichen Landfrieden aufrecht zu erhalten. Seine Knappen schinden die Bevölkerung hart und wissen ihre Vormachtstellung auszunutzen. Als Finanzbeamter hat der Vogt die Erhebung der landesherrlichen Einkünfte zu besorgen (Steuern, Abgaben, Bede). Davon behält er einen Teil ein, z. B. seine Unkosten oder Geld für Bauten. Als Vertreter des Landesherrn in der lokalen Verwaltung hat der Landvogt weiterhin alle Dienstleistungen, die die ländlichen Untertanen dem Landesherrn zu tun verpflichtet sind, zu überwachen, wie Spann- und Frondienste, Heeresfolge, Burg- und Brückenbau.
   Die Anstellung des Landvogtes geschah gewöhnlich auf Grund eines Vertrages zwischen dem Landesherrn und dem Vogt vermittelst eines sogenannten Bestallbriefes. Ihrem Stande nach gehörten die Vögte zu den Rittern oder Knappen. Die drückende Gewalt der Vögte bekam besonders die Landbevölkerung zu spüren, in den Städten setzte man der fürstlichen Gewalt mehr und mehr Widerstand entgegen. Mehrmals befand sich das Amt nicht in den Händen des Landesherrn, sondern war von diesem verpachtet worden

   Im 13. und 14. Jahrhundert existierte südlich des Landes Kalen das Land Hart. Die Güter "up den Hart" werden aber schon 1506 als ein Teil der Vogtei Neukalen aufgeführt. Auf der beigefügten Karte ist das damals recht weit reichende Gebiet des Landes Kalen um 1550 dargestellt. Am Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Amt Dargun eingerichtet und der Amtsbereich Neukalen verkleinert. Es blieben nur die Amtsuntertanen folgender Dörfer übrig: Gülitz, Niendorf, Salem, Schlakendorf, Schönkamp (ab 1756) Schorrentin, Trebelin (Ende des 17. Jahrh. eingegangen) und Warsow.

 

Das Amt Neukalen um 1550

 

Das Amt Neukalen um 1550

 

 

   Bis zum 15.11.1782 war das Amt Neukalen Appellationsgericht für die Stadt Neukalen. Als diese Befugnis aufgehoben wurde und die Berufung seitdem unmittelbar an die Landesgerichte ging, verschwand der letzte Rest der Abhängigkeit der Stadt vom Amt. Die zahlreichen Streitigkeiten früherer Jahre hatten ein Ende. Das ursprünglich selbständige Amt Neukalen wurde 1786 mit dem Darguner Amt, zu welchem 1789 noch das Gnoiener Amt hinzukam, zu einem Amt, dem späteren Domanialamt Dargun - Neukalen - Gnoien vereinigt. Fortan wurde das zugehörige Amtsgebiet von Dargun aus verwaltet.

   Eine vollständige Darstellung zur Geschichte des Amtes Neukalen ist nicht möglich. Wir können uns nur aus den vorhandenen Schriftstücken ein Bild machen. So gibt es ein Schriftstück von 1505 über die Übergabe des Amtes:

   "Inventarium vber Newenkalenn dem Rulof von Bunow verantwortet, Anno 1505 Die empfanngung der vogtey zu Newenkalen Anno dmy dusent vifhunderd vnnd viff am sondage Jubilate, hefft mein g H hertoch Hinrick von Megkelnborch vorandwurd, Rutloff vom Bunow die schlüssell zu der Burgk, zum Newenkalen vnnd allem weß darzu gehort, fand vonn beuelh g H so hatt Diderick Biberneß vnd achim Goldenboge, ann vnnd auer gewest, do zum Newenkalen vnnd zum Glowen beschrieben ward allet was da war".

   Es folgt nun eine Aufzählung des Inventars, wie Vieh, Möbel und Eßwarenen, was aber sonst uninteressant ist. Der Vogt im Amt Neukalen Rudolf von Bunow hatte dem Fürsten Geld unterschlagen, indem er von den Amtsuntertanen mehr Abgaben eingefordert hatte, als er dem Fürsten aushändigte. Er wurde dann 1512 durch Pawll Bredenstein als Vogt abgelöst.

   Das strittige Verhältnis zwischen Stadt und Amt führte 1580 zu einem Vergleich. In dem Bescheid wird erkennbar, daß nach der Reformation sehr viele Ländereien des "heiligen Geistes", also der Geistlichkeit, in den Besitz des fürstlichen Amtes gekommen waren; die Einnahmen der Kirche und Besoldung der Kirchendiener waren zum Teil ungeklärt. Das führte zu Auseinandersetzungen, die von der Kommission durch den Einsatz von zwei Vorstehern für die Rechnungsführung der Kirchengelder und andere Maßnahmen geregelt wurden. Auch ein Kirchenökonom sollte vom Rat und vom Amtshauptmann eingesetzt werden.

   Eine gute Beschreibung der Amtsgebäude in Neukalen gibt es aus dem Jahre 1592. Es werden folgende Gebäude mit ihrer Beschaffenheit und Einrichtung aufgeführt:
   Das "Hohe Hauß", dahinter ein kleines Gebäude, das Brauhaus, ein "gar Aldt Hauß" und daneben ein altes Gebäude. Diese standen auf dem Platz des heutigen Forsthofes. Sie waren zum Teil mit einer Mauer und sonst mit einem Graben und Holzzaun umgeben. Über den Graben führte eine "hölzerne brücke mit einer Zugkbrücken vnd Klappen" zu diesen Gebäuden.
   Vor der Brücke - wie es weiter heißt - standen das "Pfordthauß", ein kleines Gebäude als Wohnung für die "Aldtfraw", ein Stall, ein Schweinekoven und eine Scheune.
   Auf dem sogenannten Bauhof befanden sich damals: ein größeres Wohnhaus; ein langes Gebäude, ein Stall, das Kornhaus mit einer Anlehnung, eine Scheune, ein Stall sowie ein aufgemauerter Sod (Brunnen).

   Herzog Adolph Friedrich befahl am 10.11.1640 eine Bestandsaufnahme des Amtes Neukalen. Diese wurde dann im Januar 1641 durch Christianus Schwovius im Beisein der Zeugen Jacob Trechow (Ratmann in Neukalen) und Hans Ritzerowen ("Baursman" zu Salem) durchgeführt.

   Zum fürstlichen "Hauß Newen Calden" gehörten: das Wohnhaus (zwei Stockwerke und ein Boden), das Brauhaus, eine "Backelkamer", eine "Brodkamer", die "Schreiberey", der "Fordt" (überdachter Brunnen), das "Kellergrat furm Hause", das "Newe Hauß" (das neue Haus hatte ebenfalls zwei Stockwerke und einen Boden), eine Brücke, der Fangelturm, ein neuer Reitstall, ein Kuhstall, das Bauhaus, ein Schweinestall, eine große Scheune, ein altes Kornhaus mit Schafstall und eine kleine Scheune. Weiter gehörten zum Amt eine Schäferei und die Wassermühle an der Peene. Aus der ansonsten sehr ausführlichen Inventaraufnahme geht hervor, daß im Dreißigjährige Krieg sehr vieles zerstört wurde.

   1649 übernimmt der Beamte Philipp Christof Thun das Amt in Neukalen. Er berichtet, daß das Amt lange Zeit ganz wüste gewesen und von Untertanen gänzlich entblößt. "Erst vor 4 Jahren ist es von Neuem eingerichtet und mußte der Beamte beinahe alles Zug- und Hornvieh der Bauern vorstrecken, daher die Leute noch in geringen Vermögen".

Das Amt Neukalen, gezeichnet nach der Karte von 1727

 


   Eine erhalten gebliebene Karte der Feldmark Neukalen aus dem Jahre 1727 zeigt uns auch einige Einzelheiten der Stadt. Die Nachzeichnung eines Ausschnittes dieser Karte verdeutlicht uns das Amtsgebiet mit seinen Gebäuden. Zur Erklärung: Oben ist Osten. Unten rechts ist der Marktplatz mit der Kirche und dem Friedhof zu erkennen. Vom Markt führt die heutige Amtsstraße in Richtung der Amtsgebäude. Den Platz zwischen der heutigen Wallstraße, Rektorstraße, Friedrich-Ludwig-Jahn-Straße und Amtsstraße nahm damals der Amtsbauhof mit seinen Scheunen und Ställen ein. Außerhalb der Stadt lag die Schloßscheune, nördlich (links) davon die Amtsgärten. Das Amtstor diente den Amtsbewohnern als Aus- und Eingang zu den Gärten, zur Schloßscheune und zu der Schäferei, welche weiter östlich lag, oder aber zur sogenannten Feldbrücke über die Peene. Der Name "Feldbrücke" wird verständlich, wenn man bedenkt, daß sie von den Amtseinwohnern auf dem Weg zum Ackerland benutzt wurde. In den Jahren 1741 und 1742 wurden auf dem Amtsgelände eine Küche, ein Backhaus und ein Brauhaus neu errichtet, wozu die herzogliche Regierung 336 Rthlr. bewilligte. Im Laufe der Jahrhunderte hat es sicherlich so manche Veränderungen der Gebäude auf dem Amtsgelände gegeben. Aus den Beschreibungen läßt sich deshalb nur schwer eine Zuordnung der Gebäude zur Darstellung auf der Karte von 1727 oder der Zeichnung, welche aus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammen soll und mit "Daß Hauß Neuenkahlen" betitelt ist, finden. Reste der alten Burg oder anderer Gebäude sind heute nicht mehr vorhanden. Eventuell könnte man bei Ausgrabungen noch Überbleibsel alter Fundamente oder des Burgkellers finden. Allerdings ist nun alles überbaut.

   Der Fangelturm wird in dem Inventarium von 1592 nicht mit aufgezählt, 1640 und 1709 aber genannt. Um diesen gab es im Laufe der Zeit immer viel Streit. Nach einem Vergleich von 1623 sollte der Turm von Stadt und Amt zu gleichen Teilen benutzt und erhalten werden. 1696 heißt es, "daß der so genandte Gefangen Thurm zum ruin geneiget, wie der Augenschein mit bringet".     Auf den baufälligen Zustand des Fangelturms wies einige Jahre später der Stadtrichter Hilgendorf in einer Anklageschrift hin. Daraufhin erschien der Ingenieur - Hauptmann J. Ch. Bötticher aus Güstrow in Neukalen, besah sich den Turm und fertigte eine Aufstellung über die notwendigen Baumaßnahmen an. Dieser "anderweitiger Vorschlag wie der Nienkaldische Fangelthurmb wieder in brauchbahren Stande zubringen wann daß veraltete Hohe Dach herunter genommen, und von der unnützen hohen Mauer 8 bis 10 Fuß abgebrochen, danegst unten ein neuer Eingang mit einer wolverwahrten Thüre gemacht wird" wird im Landesarchiv Schwerin unter der Nummer 8603 aufbewahrt. Das Schriftstück mit dem Datum vom 5.8.1739 enthält dann eine Aufstellung der benötigten Baumaterialien, deren Geldsumme mit 96 Rthlr. 42 Schilling angegeben wird. Der Herzog bewilligte die Hälfte, also 48 Rthlr. 21 Schilling, als Unterstützung zum Bau, da die andere Hälfte der Stadt zustehe. Diese geplante Reparatur wurde aber nicht ausgeführt. Erst 1750 denkt man wieder an die notwendige Reparatur des Fangelturms. Den folgenden Bericht reichte der Amtmann Souhr bei der Landesregierung ein:

   "NKalden den 24 Novbr. 1750     

   Ew. Herzogl. Durchl. gdgsten Befehl vom 22. Juny a.c. umb von denen zur reparation des hiesigen Fänger - Thurms erforderl. Materialien v. Kosten einen Vorschlag einzusenden, hätte schon ehemehr die unterthgste Ration geleistet, wenn ich nicht von der hiesigen Stadt mit ihren Resolution, ob sie neml. weil der Thurm derselben in Communion mit dem Amte zustehet, entweder zu den reparations - Kosten concurriren, oder sich ihres Rechts daran begeben wolle, so lange wäre aufgehalten worden. Da nun endl. die Stadt, im Fall die reparation vor sich gehen solte, das erstere erwählet So habe zwar keinen längern Anstand nehmen wollen Ew Herzogl. Durchl. hiebei den Anschlag sub Lit T nebst beigelegtem Riß, welchen letztern mir aber unterthgst zurück erbitte, submissest einzusenden; Jedoch kann auch nicht umhin dabei in Unterthgkeit vorstellig zu machen, wie ich viele Umstände halber solchen Fänger Thurm, wenn man ihn auch bestmöglichst reparirte, doch zu dem angezielten Zweck nicht bequem finde, Denn (1) könnte die Communion so die Stadt daran hat, bei sich ereignenden Fällen allerhand Verdrießlichen zu Wege bringen, (2) stehet der Thurm einen guten Büchsen Schuß abwerts und hinter den Amts - Garten, also daß man ohne beständig dabei habender Wache fast keinen Gefangenen darin setzen kan, (3) ist nicht allein der Gang dahin durch den Amtsgarten, sondern auch die Thüre in den Thurm unbequem und unsicher, denn wenn die Thüre so wie in den alten Thurm, oben bleiben solte, so würde es wegen der so wol auswendig an und ab - als einwendig ein - und auszusetzenden Leitern bey jeder Hinein - und Herausbringung eines Gefangenen gar zu beschweret, hergegen wenn die Thüre unten gemachet werden, man wegen Herausbrechung des Arrestati nimmer sicher, und derohalben beständig dabey Wachten zu halten gezwungen und auch ebensowenig wenn gleich die Thür oben wär zumal bei einem Gefangenen der auf Todt und Leben sässe, sicher seyn könte. Bei so bewandten Umständen ginge mein unterthgster Vorschlag dahin, daß, weilen ich vermuthe, Ew Herzogl. Durchl. werden auf abzustattende Relation der neulich allhier gewesenen Höchstverordneten Commission doch gnädigst resolviren, bei den hiesigen Amtshause wovon ein Theil sich in sehr schlechter Beschaffenheit befindet, einen höchstnotwendigen Bau wollen ohne dem das Amtshauß fast nicht mehr zu bewohnen ist, vornehmen zu lassen und bei solcher gelegenheit dann auch ein auf dem Amte bisher fehlender nöthige gewölbter Keller müsse gemachet werden, zugleich auch bei solchem Keller ein Gewölbe welches zum Behältniß der arrestanten zu gebrauchen aptiret würde und welches auch nicht allein auf alle Weise vor dem Amte nützlicher und bequemer seyn, sondern auch jene Bau - Kosten dadurch erspahret werden könten, stelle also dieses zu Ew. Herzogl. Durchl. höchsteigenen Bemessen in tiefster Resolution beharrend            Ew."

   Die Beschreibung des baufälligen Turmes mit dem urtümlichen spitzen Dach und dem in einiger Höhe befindlichen, nur mit einer Leiter zu erreichenden Eingang, läßt die Vermutung aufkommen, daß es sich bei diesem Turm um den alten Burgturm aus der Zeit der Stadtgründung handeln könnte.

   Es ist zu keiner Reparatur mehr gekommen. 1756 verlegte man das Amt nach Schlakendorf. Der unnütze Turm verfiel weiter. 1801 war er wohl noch als Ruine da; jedenfalls heißt es, daß sich beim Fangelturm ein Schlagbaum befindet. Irgendwann im 19. Jahrhundert wurde er abgerissen. Es sollen aber um 1900 noch die Fundamentreste zu erkennen gewesen sein.

   Wie das alltäglichen Leben auf dem Amt Neukalen aussah, darüber finden sich keine Nachrichten. Erhalten blieben nur Schriftstücke über Streitigkeiten zwischen Amt und Stadt oder die Inventaraufnahmen. Das Bild, was sich daraus abzeichnet, ist sicherlich sehr einseitig. Das Leben auf dem Amt war vielfältiger. Der Amtmann mußte zwar seinen Geschäften zur Verwaltung des Amtes nachgehen und sich um Bauarbeiten, Pachtverträge und Rechtsstreitigkeiten kümmern, nebenher herrschte aber auf dem Bauhof eine rege landwirtschaftliche Tätigkeit. Die Arbeiten zur Feldbestellung, Viehhaltung und Gartenarbeit sowie das Backen und Brauen standen mehr im Mittelpunkt des Geschehens als uns aus den Schriftstücken vor Augen geführt wird.

   Pastor Schliemann schrieb 1862 über das Verhältnis zwischen Amt und Stadt:
   "Die Veranlassungen zu den beständigen Streitigkeiten zwischen Amt und Stadt lagen teilweise, aber keineswegs allein, in dem natürlichen Bestreben der Stadt, sich vom Amt unabhängig zu machen. Im Verlaufe der Zeit verlor das Amt immer mehr von seiner Machtvollkommenheit über die Stadt.
   Es fehlt nicht an Beispielen größerer Willkür des Amts. Es war 1623 ausgemacht, Magistrat lasse geschehen, daß die Beamten den Gefangenthurm der Stadt für ihre Gefangenen gleichfalls benutzen. Beide Theile sollten ihn gemeinschaftlich in baulichem Stande erhalten. Nun beschweren sich die Bürger schon 1653, daß die Beamten den der Stadt zukommenden freien unbehinderten Gang vom Mühlenthore nach dem Gefangenthurme eingezäunt haben. Im Jahre 1692 erneuert die Bürgerschaft diese Beschwerde; der freie, innerhalb der Stadt belegene Gang nach dem Gefangenthurme ist widerrechtlich in den Amtsgarten eingezäunt. Die fürstlichen Commissarien besichtigen die Sache an Ort und Stelle und finden, daß der Gefangenthurm unstreitig zur Hälfte der Stadt zukommt, ohne einen freien Gang dahin aber gar nicht von ihr benutzt werden kann. Dennoch klagen Magistrat und Bürgerschaft 1696 aufs Neue, von Thun habe, jenes Commissionsabschiedes ungeachtet, den Gang nach dem Gefangenthurm noch nicht abgegeben. Erst 1718, als das Amt wieder in die Hände des Landesherrn überging, wurde mit Ueberweisung eines freien Ganges nach dem Gefangenthurm an die Stadt Ernst gemacht.
   Es beschwert sich der Magistrat 1692, daß der Amtmann in seiner eigenen Angelegenheit, ohne Vorwissen von Bürgermeister und Rath, Bürger in der Stadt sogar mit militairischer Execution belegt habe. Das finden die fürstlichen Commissarien ganz wider die Ordnung, da ordnungsmäßig weder ein Beamter noch ein sonstiger Landesunterthan ohne fürstliche Verordnung einen Bürger mit militairischer Execution belegen darf. Eine ähnliche Beschwerde des Magistrats, und zwar diesmal über den vom Amte abhängigen Stadtrichter, begegnet uns 1723. Der Stadtrichter hat, nach Aussage des Magistrats, diejenigen mit militairischer Execution bedroht, welche sich vor seinem, wegen Nichtzuziehung der Assessoren, ungültigen Gerichte nicht stellen wollen.

   Magistrat und Bürgerschaft beschweren sich, von Thun wolle ihnen die Jurisdiction völlig nehmen, da doch Neukalen, gleich allen andern Städten, an der gemeinen Jurisdiction participire; derselbe wolle allein nach eigenem Gefallen Jurisdiction über Magistrat und Bürgerschaft ausüben, wolle namentlich auch dem Magistrate die Jurisdiction über die Stadthirten nehmen, um sie unter seine Gerichtsbarkeit zu bringen.
   Hinsichtlich der Tragung der Stadtlasten war öfters Streit. Es war von Thun gestattet, auf der Stadtfreiheit zwei Hirtenkaten zu erbauen. Nun stellte die Stadt die Forderung, die darin aufgenommenen Leute sollten die Stadtlasten mittragen, wurde aber damit von den fürstlichen Commissarien zurückgewiesen.
   Es hatte ferner das Amt, so beschwert sich der Magistrat, verschiedene Hausstellen, welche früherhin der Stadt in Tragung der Contribution zu Gute gekommen waren, in seinen Lustgarten gezogen und das Geländer willkürlich in die Straße hinausgerückt. Die Commissarien befinden 1692 bei Besichtigung an Ort und Stelle, daß vor Zeiten vor dem Amthause wohl einige Hausstellen gewesen sein mögen, wofür, wie für den von der Stadt zum Amte gekommenen Acker, die Stadt hinsichtlich der Tragung der Stadtlasten vom dem Amte billiger Weise einige Entschädigung empfangen muß; sonst nehmen sie nicht wahr, daß das Geländer gerade der Stadt zum Schaden gesetzt wäre. Von der Entschädigung, wie die Commissarien sie für billig erkennen, ist in der nächsten Zeit weiter keine Rede. Als v. Thun 1718 das Amt an den Landesherrn abgibt, wird bemerkbar, daß er so wenig als sein Vater in den 69 Jahren, daß sie das Amt inne hatten, von den nicht unbedeutenden städtischen Grundstücken an Aeckern, Hausstellen, Wiesen und Gärten, die sie allmählich erworben, je den geringsten Schoß gegeben haben. Auf die Klage der Stadt hin gibt v. Thun ihr wenn nicht völligen, so doch theilweisen Ersatz für diesen Ausfall ihrer Einnahme. Von den gedachten Grundstücken hätten in den Jahren 1711 - 1716 auch noch bedeutende Kriegslasten getragen werden sollen, was eben so wenig geschehen ist; auch hier giebt von Thun der Stadt wenigstens theilweisen Ersatz. Früher schon hatte die Stadt sich beschwert, daß von Thun einige Bürgeräcker in Cultur habe, die er den Bürgern nicht wieder abtreten wolle, wozu er doch rechtlich verbunden sei. Damals war nichts darnach gekommen; jetzt bei seinem Abzuge von Neukalen überläßt er sämmtliche ihm eigenthümlich gehörige städtische Grundstücke käuflich an die Stadt. Nur wegen der Hausstellen und Plätze, welche in den Amtsgarten gezogen sind, verweist er die Stadt an die Kammer, welche sich denn auch willig erklärt, derartige Grundstücke denen, die sie mit Häusern bebauen wollen, gegen Auszahlung der etwa darauf verwandten Unkosten zu überlassen. Auch macht die Stadt noch einige Forderungen an das Amt wegen Kriegslasten, die sie allein getragen hat, da doch die Amtsunterthanen auch einen, nämlich den dritten, Theil davon hätten übernehmen sollen. Auch hier will v. Thun die Forderung der Stadt, so weit sie sich gegründet erweist, unterstützen.
   Fernere Klagen der Stadt bezogen sich auf des Amts willkürliches Verfahren mit städtischem Grund und Boden. Magistrat und Bürgerschaft beschweren sich 1692, daß der Amtmann dem einen Bürgermeister Sodewater etliche Fuß von der Stadtfreiheit ohne ihre Einwilligung, im Namen des Herzogs, zur Hausstelle angewiesen hat. Die fürstlichen Commissarien verordnen, daß künftig von der Stadtfreiheit nicht anders als mit Bewilligung von Magistrat und Bürgerschaft etwas veräußert werden soll. Für dies Mal will man, was geschehen ist, geschehen lassen, nur soll Sodewater wegen des ihm Zugelegten 2 Thlr. in die Stadtcasse zahlen. Im Jahre 1733 beschwert man sich, daß Amtmann Sturm in dem Stadtbruche Ellern-, Hasel- und Weidenholz hat abhauen und mit in seine Koppel einfriedigen lassen, und begehrt von ihm, daß er nicht allein die Stämme unausgerodet stehen, sondern auch das Gehege aus dem Bruche ans feste Land bringen lasse. Sturm macht bemerklich, es würde dem fürstlichen Amte despectirlich sein, wenn er das Gehege wieder wegnehmen ließe, übrigens sollen die Stämme unausgerodet bleiben. Damit muß man sich denn auch "bei jetzigen beschwerlichen Landesunruhen" zufrieden geben.
   Eine ganze Reihe von Streitigkeiten zwischen Amt und Stadt hatte ihren Grund darin, daß der zum Amte ursprünglich gehörige oder mit der Zeit dahin gekommene Acker, wie er von den Beamten bebauet wurde, unter den städtischen Aeckern zerstreut lag. Das Amt repräsentirte den Fortschritt in der Landwirthschaft, während die Bürgerschaft zu Neukalen, wie in andern Städten, früher nicht minder als jetzt, schwer vom Alten und Hergebrachten abgeht. Dabei steht die Dreifelderwirthschaft, wie wir sie bis auf den heutigen Tag in den Städten haben, dem einzelnen Bürger, welcher noch etwa für den Fortschritt wäre, hemmend im Wege. Es kann uns darum nicht Wunder nehmen, wenn sich das Amt noch vielmehr durch das Ineinanderliegen von Amts- und Stadtäckern beschwert fühlte. Bei einer fürstlichen Commission von 1687 wird ausgesprochen, daß es zu des Amts merklichem Schaden gereiche, daß keine Brachschläge auf dem Stadtfelde gehalten werden, sondern der Acker jährlich besäet werde. Zugleich überzeugt sich jedoch die Commission, daß der Stadtacker nicht in Brachschläge gelegt werden kann; Kirche, Hospital und die, welche jährliche Pacht von dem Acker zahlen sollen, würden zu Schaden kommen; etliche Bürger, die nur wenig Acker haben, würden für das ganze Jahr außer Brot gesetzt, wenn ihr geringer Acker nun gerade in die Brachschläge zu liegen käme. Weil nun der Amtsacker nicht gehörig benutzt werden kann, wenn er nicht für das Amtsvieh in Hürden gelegt wird, zu welchem das Vieh über den Stadtacker getrieben werden muß; so willigen Magistrat und Bürgerschaft ein, daß drei Triften, a 6 1/2 Ruthen breit, über den Stadtacker zum Amtsacker führen. Besonders wurde das beiderseitige Vieh häufig Anlaß zum Streit: man hatte bald gemeinschaftliche Hirten dafür, bald ließ jeder Theil besonders hüten. Hatte man besondere Hirten, so fand sich der eine Theil durch die Hirten des andern beschädigt; der Amtsschäfer hatte etwa auf schon besäeten Stadtäckern gehütet, oder die Pferde der Bürger, welche auf der Stadtfreiheit getüdert wurden, hatten daran gelegene besäete Amtsackerstücke heimgesucht. Waren gemeinsame Hirten da, so meinte jeder Theil leicht, der andere trage nicht genug zu deren Unterhalte bei. Wurden seitens der Stadt einige Schafe mehr gehalten als bisher, so glaubte sich das Amt dadurch hinsichtlich seiner Schafe, die dieselbe Weide benutzten, beeinträchtigt. Als einmal der Amtsschäfer die Stadtschafe zugleich mit hütete, stellte es sich heraus, daß er dieselben heimlich gemolken und den Lämmern die Milch entzogen hatte, und die Stadt nahm wieder einen besonderen Hirten an. Des Amts Rindvieh und Schweine gehen mit dem städtischen Vieh zusammen auf städtische Brache und Weide, und doch, so klagt die Bürgerschaft ein ander Mal, steckt der Amtmann seine eigene Brache aus. Wenn städtisches Vieh auf Amtsacker betroffen wird, so pfändet der Amtmann alsobald, während seine Bauern ihre Ochsen in Stadt - Brüche und Weide gehen lassen. Nach der Morgensprache darf jemand, wenn ein anderer seine Schweine hudelos in sein Korn gehen läßt und auch nach geschehener Verwarnung nicht davon absteht, solche Schweine todtschießen. Demgemäß hat der Amtmann kürzlich selbst eine Sau todtschießen lassen; wenn nun aber andere das gleiche Verfahren gegen ihn einhalten, so will er es ihnen verwehren.
   Im Jahre 1756 siedelte das Amt nach Schlakendorf über; in diesem und dem folgenden Jahre kommt das Werk der Umtauschung zu Stande, in Folge dessen das Amt gänzlich aus der bisherigen unglückseligen Gemeinschaft mit Stadtäckern, Wiesen und Weiden ausscheidet. Einige Bürger sträubten sich freilich nicht wenig gegen die ihnen zugemuthete Umtauschung ihrer Aecker, aber das so heilsame Werk konnte dadurch nur aufgeschoben, nicht aufgehoben werden. Als 1782 die Amtssässigkeit der Stadt aufgehoben und hinfort vom Stadtgerichte sofort an die Landesgerichte appellirt wurde, war damit der letzte Rest der Abhängigkeit der Stadt vom Amte verschwunden. Mit dem Anlasse zum Streite hörte auch der Streit auf.

   Nachdem der Sitz des Amtes 1756 nach Schlakendorf verlegt wurde, bewohnte nur noch der Amtsförster das ehemalige Amtsgebäude in Neukalen. Er nutzte auch einige Ställe und den Garten. Die Gebäude auf dem Bauhof allerdings wurden abgerissen. Soweit aus den Akten ersichtlich, haben auf dem Forsthof in Neukalen noch gewohnt:

Oberförster Stoldt (1753 ... 1771)
Amtsförster Johann Prillwitz (1772 ... 1790)
Oberförster Adolph Grohmann (1790 ... 1813)
Major Victor von Müller (1813 ... 1820)
Förster Pflugradt (1820 ... 1821)
 
   Als man die große Amtsscheune auf dem Bauhof im Frühjahr 1764 abbrach, konnten auf diesem Platz städtische Wohnhäuser errichtet werden. Verteilung der Bauplätze:

 

Herr Müller (heute Fr.-Ludw.-Jahn Str. 1)
Jochim Andersen (heute Fr.-L.-Jahn Str. 3)
Jürgen Hersch (heute Fr.-Ludw.-Jahn Str. 5)
Berend Lückstedt (heute Fr.-L.-Jahn Str. 7)

   Dem Oberförster Stoldt wurde am 26.1.1764 hier ebenfalls eine Hausstelle angewiesen. Sie lag "auf der Ecke gegen Lückstedts Süd und Prehn Westwerts ... 100 Fuß lang und 45 Fus breit". Dazu erhielt er das freie Stück bis Lückstedt als Gartenfläche. Das von Oberförster Stoldt erbaute Haus wurde 1775 nach seinem Tode als Schulhaus von der Stadt angekauft. Heute steht hier das Bürgerhaus.

   Bis 1780 waren aus den ehemaligen Hirtenkaten und Ställen auf der östlichen Seite des früheren Amtsbauhofes sieben Wohnhäuser gebaut worden (heute Wallstraße 1 bis 13).     

   Allein das Amtstor hat noch einige Zeit gestanden. 1780 wurde es ausgebessert. Als aber ab 1863 der Hafen und Peenekanal angelegt wurde, riß man das kleine Tor ab. Es hätte den Verkehr zum Hafen, welcher durch die Amtsstraße führen sollte, zu sehr behindert.

 

 

"Situations Plan von den Ober-Förster Garten und Hoff-Platz aufgemessen, im Octbr. 1808"
(rot eingezeichnet: der damals geplante, aber nicht ausgeführte Neubau eines Forstgehöftes.

 

 

 

   Bis Johannis 1821 wurde das vom früheren herzoglichen Amt in Neukalen verbliebene und mit der Zeit recht baufällig gewordene Forstgehöft noch von herrschaftlichen Forstbedienten bewohnt. Schon der Oberförster Adolph Friedrich Grohmann hatte sich seit 1806 über den schlechten Zustand des Gebäudes beschwert. Als er 1813 starb, mußte seine Frau, Sophia Grohmann, geb. Souhr, das Haus räumen, und der Nachfolger, Oberforstmeister Major Victor von Müller, bezog die Wohnung im alten Forsthaus. Während der Franzosenzeit und auch in den ersten Jahren nach den Befreiungskämpfen, war an eine Reparatur oder einen Neubau nicht zu denken.

   1820 entschloß sich die herzogliche Regierung, das alte Forstgehöft mit allen Pertinenzien zu verkaufen und den Erlös zum Bau eines neuen Forsthauses zu verwenden. Dazu liegt eine umfangreiche Beschreibung vor, die hier aber aus Platzgründen nicht wiedergegeben werden kann.

   Am 30.10.1820 erfolgte nun der meistbietende Verkauf von Ackerstücken Gärten, Wiesen und der Scheune. Das eigentliche Forsthaus fand bei der hohen Forderung von 3500 Rthlr. keinen Käufer. 1820 zog der Oberforstmeister Müller nach Dargun. Förster Pflugradt übernahm sein Amt und die Wohnung im Forsthaus Neukalen.

   Zur Vermeidung jeglicher Streitigkeiten mit der Stadt wurde ein neues Forsthaus auf Schlakendorfer Feldmark (damals zum herzoglichen Amt Dargun gehörig) errichtet. Der junge Förster Pflugradt zog Johannis 1821 in das neue Gehöft, welches zu Ehren des regierenden Herzogs Friedrich Franz I. von Mecklenburg (1785 - 1837) Franzensberg genannt wurde. Die landesherrliche Verleihung der Benennung erfolgte unter dem 29.9.1821 (heute Waldschulheim Franzensberg).

   Das alte Forstgehöft in Neukalen stand nun leer. Es wurde ab Michaelis 1821 an den Müller Wenzel und von Michaelis 1822 für ein Jahr an den Müllergesellen Schliecker verpachtet.

   Zum Forstgehöft gehörten damals: das Wohnhaus, ein Pferdestall, ein Viehhaus, das Backhaus, der Schweinekoben und ein Brunnen. Da man eingesehen hatte, daß sich kein einzelner Käufer für das große Neukalener Forstgehöft finden würde, vereinbarte das Amt Dargun mit dem Magistrat der Stadt Neukalen eine Versteigerung in drei Teilstücken am 28.7.1823.     

   Es fanden sich Kaufliebhaber in nicht unbeträchtlicher Zahl ein. Nachdem den Anwesenden die Kaufbedingungen vorgelesen waren, begann die Licitation. Schließlich erwarben der Kaufmann Engel, der vormalige Müller Schröder, der Bäcker Mahns jun. und der Tischler Seemann das gesamte Gelände mit den Gebäuden für 2000 Reichsthalern.

   Die vier Käufer brachen das alte Forstgehöft ab und errichteten in den folgenden Jahren mehrere Wohnhäuser, die sie teilweise weiter verkauften. Bis 1828 entstanden hier vierzehn neue Häuser, wobei immer noch Teile des ehemaligen Forstgrundstückes unbebaut waren. Die entstandene Straße erhielt den Namen Schloßstraße, in Erinnerung an das frühere herzogliche Amt, bzw. Schloß. Diese Benennung konnte sich aber nicht durchsetzten. Das hochtrabende Wort "Schloß" erschien den Einwohnern fremd und unpassend; und so kam es, daß der überlieferte Begriff "Forsthof" bis auf den heutigen Tag als Erinnerung an das frühere Forstgehöft lebendig geblieben ist.

 

Forsthof, um 1960

 

Forsthof, um 1960

 

Forsthof (Ansichtskarte von 1959)

 

Forsthof (Ansichtskarte von 1959)

 

Es folgen die bekannten Namen der Vögte, Küchenmeister, Hauptmänner und Amtmänner:

 

 

Vögte des Amtes Neukalen


Johann Moltke                     

1281, 1306

Heinrich Maltzahn                

1309

Gunther Lewetzow                

1326

Arnold Levetzow                     

1333, bis 1359

Heinrich Levetzow                 

1360 ... 1389

Jacob und Vicke Levetzow             

1395 ... 1397

Heinrich Levetzow                 

1399 ... 1402

Heinrich v. d. Kalande                

1415

Claus Kerkdorp                     

1442 ... 1443

Ratke Kerkdorp                    

1450

Lüdeke Hahn                     

1450, 1467

Arnd Korfe                         

1489 ... 1491

Henningk Balligh                    

1496

Achim Goldenbogen                 

1503, bis 1505

Rudolf von Bunow                

ab 1505 bis 1512

Paul Bredenstein                     

ab 1512

Hans von Ulm                    

1534

Volrath Preen                     

1550, bis 1560 (?)    


Küchenmeister des Amtes Neukalen


Johann Niebur                    

1528

Gert Schreiber                    

ab Latare 1542 bis Trinitatis 1543

Lorenz Deiger                     

um 1560 auf 7 Jahre

Jonas Richter                    

1561

Johansen Strasburgk                

1567

Balzer Niemann                     

1584 ... 1587

Jochim Möller                    

1591

Jochim Hardmann                 

ab 1592, 1593

Bernd Taddel                     

1596 ... 1597

Ulrich Bruckmann                 

1597, bis 1598

Casper Labessen                     

1600 ... 1601

Arndt Knauenagel                

1602

Jochim Roloff                    

1602

Jacob Stolberg                    

1606

Johann Nagel                    

1610

Peter Krögern                     

ab 1616 ... 1622

Paul Schwager                     

1624 ... 1625

Christian Ruhe                    

1632

Jacob Strese                    

1636

Johann Isermann                    

1664

Johann Desenbruch                

1665


Hauptmänner des Amtes Neukalen


Ulrich Leisten                    

?

Jürgen vom Reyn                     

bis 1559        
(oder: Georg vom Pein)

Gottschalk Preen                     

ab 1559, 1566

Christoff Stralendorff                 

1571 ... 1585

Heinrich von Stralendorf                

1591

Franz Winterfeld                    

1598

Heinrich Bassewitz                

1602

Christoffer Barnewitz                 

1606...1610

 

[1610 war das Amt an die Fürstin Sophia zu Dänemark verpfändet, für sie verwaltete der Hauptmann Barnewitz das Amt]

Tessen von Parsow                 

1614 ... 1615

Christoff Nienkerken                

ab 1615 bis 1621

Baltzer von Jasmundt                 

ab Joh.1621 bis 1627

Henning Flussa                     

1628 ... 1631

Balzer von Plüskow                 

1632 ... 1635

[1647...1649 gab es noch keinen Amtmann wieder in Neukalen nach dem Dreißigjährigen Krieg]

Philipp Christoff Thun                

ab 1649 bis 1673

Otto Friedrich Thun                

ab 1673 bis 1718

Heinrich Ludewig von Wenckstern        

von 1737 bis 1741


Amtmänner des Amtes Neukalen


Gunther Bagdowyn                 

vor 1547

Christopher Blix

Henneke Pentze                    

1593

Barthold von Bülow                 

1594...1596

Balzer David Grell                 

1685, bis 1696?

Friedrich von Bassewitz                 

1706 ... 1707

Johann Müller                     

ab1718 bis1720

Johann Joachim Müller                 

ab 1720 bis 1728

Frantz Andreas Sturm                 

ab 1728 bis 1737

Christian Souhr                     

1742, bis 1745

Philipp Gottfried Souhr                

ab 1745 bis 1782

[ab 1756 in Schlakendorf ansässig]

Johann Christian Döhn

[in Schlakendorf ansässig]    ab 28.6.1782 bis 1827?

 



Das Amt Neukalen (PDF)