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Zur Geschichte der Apotheke in Neukalen

 

Wolfgang Schimmel

 

   Seit 1795 gibt es eine Apotheke in Neukalen. 1795 kam der Kaufmann Johann Carl August Giffenig (geb. am 18.5.1768 in Ribnitz) nach Neukalen und erwarb ein Haus in der Malchiner Straße. Mit Unterstützung des Rates der Stadt richtete er hier die erste Apotheke in Neukalen ein. Er erhielt besondere Freiheiten und Rechte sowie am 8.4.1796 ein Privilegium des Landesherrn. Am 25.9.1797 erwarb er das Bürgerrecht. In einer kleinen Stadt wie Neukalen war es allerdings unmöglich, nur von der Herstellung und dem Verkauf von Arzneimittel leben zu können. So handelte Giffenig nebenbei auch noch mit Essig, Wein, Limonade, Gewürze, Sämereien, Tabak, Pfeifen, Kerzen und anderen Dingen. Außerdem betrieb er etwas Landwirtschaft und hielt den Stadteber. Eine gewisse Konkurrenz stellten einige Schutzjuden dar, die teilweise auch mit Medizin, Bandagen usw. handelten (1807 z.B. Hirsch Salomon). 1803 ließ Giffenig das alte Haus abreißen und auf dem Platz ein neues Gebäude errichten, welches noch heute steht (Straße des Friedens 7).

 

   Der Kaufmann und Apotheker Giffenig hatte es nicht leicht in seinem Leben. Immerhin hatte er vierzehn Kinder zu versorgen, wovon zwei schon früh verstarben. Seine erste Frau, Catharina Johanna Magdalena, geb. Hückstädt, hatte er am 12.5.1797 geheiratet. Sie starb bereits mit 28 Jahren am 13.2.1806 "nachdem sie lange kränklich gewesen war, plötzlich nach gehabten Erbrechen und Durchfall". Mit ihr hatte er sechs Kinder. Am 27.2.1809 heiratete er Christina Augusta Zehl (geb. 7.10.1789 in Gnoien, gest. 24.3.1822 in Neukalen an Auszehrung). Mit ihr hatte er acht Kinder.

 

   Während der Franzosenzeit hatte der Apotheker Johann Carl August Giffenig besonders viel zu leiden. Sein Geschäft lag direkt an der Hauptstraße, und jede durch die Stadt ziehende Truppe bediente sich hier umsonst. 1812 verkaufte er das Apothekerprivilegium an den Apotheker Heinrich Friedrich Hermes. Mit dem Geld konnte er noch einige Jahre als Kaufmann leben, mußte aber so um 1824 Concurs anmelden. Carl Giffenig starb am 12.11.1828 an Entkräftung in Neukalen. Sein Haus erstand der Hofrat Bölckow zu Gnoien, der es 1833 an den Ölmüller Jochim Christian Schröder verkaufte.

 

   Der Kaufmann Heinrich Friedrich Hermes (geb. 18.1.1780 in Belitz) kaufte das Apothekerprivilegium dem Apotheker Giffenig ab, welches ihm am 5.6.1812 vom Rat der Stadt und vom Landesherrn dann auch offiziell verliehen wurde. Trinitatis 1812 lieh sein Vater, der Prediger Hermes zu Belitz, ihm die 1450 Reichsthaler zum Kauf des Hauses in der Mühlenstraße zwischen Madam Justus und Bäcker Mahns von den Kielmannschen Erben. Am 1.7.1812 zog der Apotheker Hermes mit seiner Familie in dieses Haus und richtete hier im Erdgeschoß eine Apotheke ein.

 

In diesem Haus war von 1812 bis 1860 die Apotheke untergebracht

 

In diesem Haus war von 1812 bis 1860 die Apotheke untergebracht
(Foto von 1983, das Haus wurde 1985 abgerissen)

 

 

   Auf Grund seiner hohen Verschuldung hob er am 16.8.1813 die bestehende Gütergemeinschaft mit seiner Frau Wilhelmine Louise Christiana, geb. Stüdemann auf. Es haftete danach jeder der beiden Eheleuten mit seinem eigenen Vermögen für die Bezahlung der von ihm selbst verursachten Schulden.

 

   Beim Apotheker Hermes war als Provisor Johann Struve beschäftigt, welcher schon beim Apotheker Giffenig in die Lehre gegangen war. Nachdem der Apotheker Hermes sein Examen beim Kreis Physicus Dr. Krüger bestanden hatte, durfte er auch Lehrlinge ausbilden. Er betrieb ebenfalls etwas Landwirtschaft, hielt nebenbei einen Stadteber und verkaufte auch andere Handelswaren.

   Bis 1830 waren die Apotheker in Mecklenburg zugleich Kaufleute, die besonders in den Kleinstädten auf den Handel angewiesen waren.

   Nach der vom Großherzog Friedrich Franz I. am 18.2.1830 herausgegebenen neuen Medicinal-Ordnung, welche die ältere vom 20.7.1751 außer Kraft setzte, wurde den Apothekern in Mecklenburg der Handel mit Weinen, Gewürzen und sonstigen Waren verboten; es sei denn, hierfür wäre ein abgesonderter Raum und ein eigener Aufwärter vorhanden. Von der Regierung in Schwerin wurden Listen herausgegeben, auf welchen die in Apotheken vorrätig zu haltenden Arzneimitteln verzeichnet waren und auch solche, die nur auf ärztliche Verordnung abgegeben werden durften. Regelmäßig führte der Kreisphysicus Revisionen in den Apotheken seines Bereiches durch (die erhalten gebliebenen Protokolle folgen zum Schluß des Beitrages). Dem Apotheker in Neukalen war es aber finanziell kaum möglich, die in den Revisionsprotokollen enthaltenen Mängel zu beseitigen. Jeder Apotheker oder Provisor mußte vor der Obrigkeit des Ortes seiner Niederlassung einen Eid ableisten.

 

   Bei der Rekonstruktion der Apotheke im Jahre 1964 fand man ein Bittgesuch des Apothekers Hermes, welches er 1835 an den Großherzog eingereicht hatte. Er bat in diesem Schreiben, daß er neben Arzneimitteln auch andere Waren wie Essig, Weine, Gewürze, Sämereien und so weiter anbieten dürfe. Sein Gesuch begründete er damit, daß er mit den täglich vier bis fünf anzufertigenden Rezepturen des einzigen ansässigen Arztes nicht den Verdienst hätte, den er brauche, um seine zahlreichen Kinder ernähren zu können. Er war bei Kontrollen durch den Kreisphysicus immer wieder mit den harten Vorschriften der neuen Medicinal-Ordnung von 1830 in Konflikt geraten.

 

   1839 wurde dem Apotheker Hermes der nebenbei betriebene Gewürz- und Materialhandel verboten:

 

   "An den Magistrat zu Neukalden

   Paul Friederich von Gottes Gnaden Großherzog von Mecklenburg pp.

   Wohlgelahrter, Ehrsame, liebe Getreue! Zu eurer Nachricht und Nachachtung notoficiren Wir euch hiedurch, daß dem dortigen Apotheker Hermes bei der heutigen Bestätigung seines Apotheker - Privilegiums die fernere Betreibung des Gewürz- und Material-Waaren-Handels untersagt worden ist.

   Gegeben Schwerin, am 7. Februar 1839

   Großherzogl. Meckl.,zur Regierung verordnete

   Präsident, Geheime- und Räthe."

 

   Apotheker Hermes bat nun, ihm diesen Gewürz- und Materialhandel weiterhin zu gestatten und schrieb am  7.5.1839 unter Beifügung von zwei Anlagen, in welchem Dr. Willgohs und der Magistrat ihn unterstützten:

 

   „An hohe Landesregierung

   Mit dem allerunterthänigsten Danke habe ich das Rescript der hohen Regierung entgegengenommen, woraus ich Hochderselben Geneigtheit zu ersehen glaube, meine Bitte nicht unberücksichtigt lassen zu wollen. Auf meinen allerunterthänigsten Vortrag vom 15. April mich beziehend lege ich daher die Zeugnisse ehrerbietigst vor, welche zu Beweisen meiner dort aufgestellten Gründe dienen können. Durch das ärztliche Zegniß sub Anl. A. glaube ich hinreichend darthun zu können, daß mein jährlicher Umsatz und also auch mein Verdienst zu geringe sei, um mit einer zahlreichen Familie von dem Apothekergeschäft allein leben zu können, was auch schon daraus hervorgehen würde, daß Neukalden fast die einzige Stadt des Landes ist, in der sich nur ein Arzt halten kann, während in Gnoyen wie in dem nahen Dargun 2, in dem ebenso nahen Malchin u. in Teterow drei Aerzte leben.

   Aus dem magistratischem Zeugnisse sub Anl. B. suche ich insonderheit darzuthun, daß ich wirklich eine große Familie habe, u. mir wissentlich in keinem meiner Geschäfte einen Fehler u. Nachlässigkeit habe zu Schulden kommen lassen, sondern vielmehr strenge den mir auferlegten Pflichten nachzukommen mich bemühete.

   So wage ich denn vertrauensvoll die allerunterthänigste Bitte: die hohe Regierung wolle unter huldvoller Berücksichtigung dieser Gründe mir die Beibehaltung des Material- u. Gewürzwaarenhandels für meine Lebenszeit noch allergnädigst gestatten.

In tiefster Ehrfurcht Hochdero Huld anrufend verharre ich

   der hohen Landes Regierung allerunterthänigster Hermes Apotheker

   Neukalden den 7. Mai 1839

 

   Anl. A.

   Auf Verlangen bezeuge ich dem Herrn Apotheker Hermes hieselbst, daß wegen der Nähe der Städte Malchin, Teterow, Gnoyen und des Amtes Dargun so wie auch deswegen, daß durch den Cummerower See die ganze Ostseite abgeschnitte, die nächste Umgegend nur aus Bauerdörfer und nur nach Westen hin aus Landgütern besteht, die tägliche Zahl der Recepte, welche in seiner Apotheke gemacht werden meines Wissens im Durchschnitt höchstens 6 – 7 beträgt. Da es überhaupt Grundsatz ist, die einfachsten u wohlfeile Mittel zu verschreiben, so kann nach meiner Überzeugung sein jährlicher Umsatz u Verdienst nicht so groß sein, daß Herr Hermes nach Abzug dessen, was ein Gehülfe ihm kostet, den er zu halten gezwungen ist, von seiner Apotheke allein für seine zahlreiche Familie hinreichend sorgen kann.

   Zur Bekräftigung der Wahrheit habe ich dieses Zeugniß eigenhändig ausgestellt, und mit meiner Namensunterschrift, u. meinem gewöhnlichem Pettschaft unterzeichnet.

   Neukalden d. 2ten May 1839

         Dr. med. Willgohs

 

      Anl. B.

      Dem Herrn Apotheker Herms hieselbst bezeugen wir hiedurch auf

Verlangen: daß er, soviel uns bekannt, weder als Apotheker noch bey der Führung des ihm früher gestatteten Gewürz- und Materialhandels etwas verschuldet hat. Derselbe hat sechs noch unversorgte Kinder, und würde, angestellten Nachforschungen zufolge, seine Existenz, wenn ihm die Betreibung des Gewürz- und Materialhandels untersagt bleiben sollte, dadurch gefährdet werden.

   Neukalden den 4. May 1839            Der Magistrat“

 

   Kreisphysikus Dr. Scheven sollte seine Stellungnahme dazu abgeben und schrieb:

 

   „Dem Befehle hoher Landes Regierung d. d. 15 Mai 1839 allerunterthänigst Folge leistend kan ich über das Gesuch des Apotheker Hermes zu Neukalden, um Consens zur Fortsetzung des Material- und Gewürzwaaren – Handels nachstehend berichten:

   Die Lage der kleinen Stadt von 2139 Einwohnern, an der Gränze des Landes, auf einer Seite durch den Cummerower See vom Verkehr mit den dorthin wohnenden Landleuten abgeschnitten, durch die naheliegenden Städte und Flecken, Malchin, Teterow, Dargun nicht weniger beschränkt, kan einer Apotheke nur einen sehr unbedeutenden Geschäftskreis gewähren. Von denselben Verhältnissen ist auch das ärztliche Personal, in so fern es in der Stadt selbst und der nächsten Umgegend Beschäftigung und Unterhalt finden muß, abhängig und kan ein Arzt in Neukahlden nur ein anständiges Einkommen sich und seiner Familie verschaffen, wenn er seine Thätigkeit weiter auszudehnen vermag, wodurch aber das Geschäft der Apotheke in seinem Wohnort keinen entsprechenden Zuwachs erhält.

   Ich bin überzeugt, daß die Angabe des Doctor Willgohs, laut Beilage A des Gesuches, die Receptur der Apotheke zu Neukahlden betreffend, der Wahrheit sehr nahe kommt, halte auch das Zeugniß des Magistrats daselbst, Beilage B, wegen billiger Unterstützung des Erwerbes des Apotheker Hermes durch ferner zu gestattenden Gewürz- und Materialhandel gegenwärtig und für seine Person und Familie wohl begründet.

   Eine hohe Landes Regierung würde daher, wenn überhaupt noch das in der Medicinal Ordnung v. J. 1830 den Apothekern bedingungsweise gemachte Zugeständniß statt finden soll, nach meinem unmaaßgeblichen Dafürhalten in diesem Falle dem Gesuche des Apothekers Hermes zu Neukahlden deferiren können. Nur müßte derselbe die in der Medicinal Ordnung festgestellten Bedingungen ganz erfüllen.

   In größter Ehrfurcht verharre ich

   der hohen Landes Regierung unterthänigster HJScheven Dr Kreisphysicus

   Malchin, d. 28. Juni 1839“

 

   Daraufhin wurde dem Apotheker Hermes der Handel mit Gewürz- und Handelswaren weiterhin gestattet:

 

   "An den Apotheker Hermes zu Neukalden.

   Auf Ihren weitern Vortrag vom 7 Mai d. J. soll Ihnen nunmehr die Fortsetzung des Material- und Gewürzwaarenhandels unter der medicinalordnungsmäßigen Bedingung, zu diesem Zweck ein abgesondertes Zimmer und einen eignen Aufwärter zu halten, für Ihre Person dispensando gestattet sein.

   Schwerin, am 2 Juli 1839

   G. W. L. R."

 

   Apotheker Hermes richtete es nun so ein, daß auf der einen Seite des Flures eine kleine Durchreiche für den Verkauf der Medizin vorhanden war und auf der anderen Seite der Verkaufsraum für die verschiedensten Handelswaren. Am 20.8.1844 übernahm sein Sohn, Ernst Gustav Georg Hermes (geb.11.9.1814, gest. 2.4.1891) das Apothekerprivilegium. Sein Vater starb am 28.8.1844.

 

   Am 1.4.1858 1860 kaufte der Apotheker Hermann Reinhardt das Haus Nr. 171 (heute Markt 14). Er übernahm das Privilegium vom Apotheker Hermes, welcher danach als Kirchenökonomus tätig war. In dem Haus am Markt richtete Reinhardt nun die "Ratsapotheke" ein, wie sie in ihrer Ausstattung den älteren Einwohnern noch bekannt sein dürfte. Hermann Reinhardt wurde zum Senator gewählt und verpachtete deshalb die Apotheke an den Apotheker Rudolf Abt. Ab 1.1.1884 übernahm Reinhardt wieder die Apotheke und verkaufte sein Haus mit Apotheke an Dr. Hermann Friedrich Carl Christian Lönnies (geb. 3.2.1854 in Tribsees):

 

   "An den Magistrat zu Neukalen.

   Der Apotheker Reinhardt in Neukalen hat sein ihm eigenthümlich gehörendes Wohnhaus nebst der darin befindlichen Apotheken - Einrichtung und den vorhandenen Waren an den Apotheker Dr. Hermann Lönnies verkauft und zu Gunsten desselben auf seine Apotheker - Concession verzichtet. Letzterem ist darauf unter heutigem Datum die Concession zur Haltung einer Apotheke in Neukalen ertheilt.

   Der Magistrat zu Neukalen wird hierdurch beauftragt, den p. Lönnies sogleich nach erfolgter Uebernahme der Apotheke, nach dem beifolgenden Formular zu beeiden und über die Ausrichtung dieses Auftrages demnächst anher zu berichten.

   Schwerin, den 19. December 1884.

   Großherzoglich Mecklenburgsches Ministerium, Abtheilung für Medicinal - Angelegenheiten.

   Buchna"

 

   Die beigefügte Eidesformel lautet:

 

   "Ich gelobe und schwöre, daß ich nach allen meinen Kräften die Verpflichtungen meines Amtes und meiner Kunst mit Treue, Pünktlichkeit und Eifererfüllung, die Officin - Bedienten gleichfalls dazu anhalten und den das Apothekergewerbe betreffenden Vorschriften der Landes- und Reichsgesetze in allen Punkten nachkommen will.

   So wahr mir Gott helfe und sein heiliges Wort!"

 

   Die Ratsapotheke am Markt wechselte in den folgenden Jahren noch häufig den Besitzer, wohl ein Zeichen dafür, daß in Neukalen kein Reichtum zu erwerben war.

 

Annonce aus dem

 

Annonce aus dem "Neukalener Wochenblatt" von 1909

 

Apotheke um 1930

 

Apotheke um 1930

 

 

 

Apotheke 1960

 

Apotheke 1960

 

Die Apotheke am Markt 1981

 

Die Apotheke am Markt 1981

 

 

 

Die Rats - Apotheke Neukalen nach 1945

 

Herbert Michel

 

   Der letzte Apothekenbesitzer war Herr Apotheker Carl Creutz. Während des Kriegsendes im Mai 1945 wählte er durch Einnahme von Gift den Freitod.

 

   Danach wurde die Rats - Apotheke Neukalen als erste Apotheke im Kreis Malchin in staatliche Verwaltung übernommen. Die anderen Apotheken folgten erst später.

 

   Die damalige Landesregierung Mecklenburg setzte als ersten staatlichen Leiter Herrn Apotheker Ernst Mex ein. Unter schwierigen Bedingungen begann er seine Tätigkeit. Als Mitarbeiter hatte er zeitweise nur Hilfskräfte, denen er seine langjährigen Erfahrungen und Kenntnisse vermittelte. Auch der bauliche Zustand der Apotheke war schlecht. Ständig herablaufendes Regenwasser hatte die Wand zum Nachbargrundstück völlig durchfeuchtet. So konnten die verquollenen Schubladen der alten Holzeinrichtung kaum noch bewegt werden. Die Materialkammer war nur über den Flur zu erreichen, andere Räume nur über den Hof.

 

 

Bitte um Torflieferung des Apothekers Ernst Mex vom 2.12.1949

 

Bitte um Torflieferung des Apothekers Ernst Mex vom 2.12.1949

 

 

   Im Jahre 1952 wurde Herr Apotheker Mex mit der Leitung der Apotheke in Dargun beauftragt. Zunächst beaufsichtigte er die Apotheke Neukalen noch mit. 1954 wurde dann die Apotheke Neukalen Zweigapotheke der Rats - Apotheke Malchin.

 

   Leiter der Zweigapotheke Neukalen war von 1954 bis zu seinem Tode im Jahre 1962 Herr Martin Gottschick. Herr Gottschick hatte das pharmazeutische Vorexamen abgelegt. Nach dem Tode von Herrn Gottschick wurde die Apotheke Neukalen von Mitarbeitern der Rats - Apotheke Malchin betreut. Herr Apotheker Hans Rademacher aus Malchin war als kommissarischer Leiter eingesetzt worden.

 

   Seiner Tatkraft ist es zu verdanken, daß nun ernsthafte bauliche Verbesserungen geschaffen wurden. Herr Rademacher hatte beim Rat der Stadt als Eigentümer des Apothekenhauses und Grundstückes eine vollkommene Rekonstruktion der Apothekenräume und eines großen Teiles des Hauses erwirkt. Diese Bauarbeiten wurden in den Jahren 1962 bis 1964 durchgeführt.

 

   Zunächst war eine vollständige Untermauerung im Erdgeschoß notwendig. Die Lehmfachwerkwände wurden durch massives Mauerwerk ersetzt. Die Kosten für diese Arbeiten wurden durch den Rat der Stadt bzw. durch den damaligen Rat des Kreises getragen.

 

   Aus dem ehemaligen Kohlenlager entstand ein modernes Laboratorium. Eine Zentralheizung mit Brikettfeuerung wurde eingebaut. Die Apothekenräume wurden durch Wanddurchbrüche so miteinander verbunden, um einen guten Arbeitsablauf zu erreichen.

 

   Die Arzneimittelversorgung wurde während der Bauarbeiten in einem Raum des damaligen Landambulatoriums durchgeführt

 

   Nach der Rekonstruktion der Neukalener Apotheke konnte diese wieder mit einem Apotheker besetzt werden und erlangte ihre Selbständigkeit zurück.

 

   So hatte ich die Möglichkeit, die Apotheke Neukalen am 1.10.1964 als staatlicher Leiter zu übernehmen.

 

   Zu Beginn meiner Tätigkeit wurde die noch von Herrn Rademacher bestellte Apothekeneinrichtung geliefert und aufgestellt. Damit waren für die damalige Zeit gute Arbeitsbedingungen geschaffen worden, und es begann ein neuer Abschnitt nach der schwierigen Nachkriegszeit.

 

 

 

Die Apotheke in Neukalen nach der Wende

 

Herbert Michel - 1995

 

 

   Zu Beginn des Jahres 1990 stand fest, daß es im vereinten Deutschland die staatlichen Apotheken der DDR nicht mehr geben wird. Für die ostdeutschen Apotheker bedeutete dies, daß sie sich in relativ kurzer Zeit eine neue Existenz schaffen mußten. Es gab nur die Möglichkeit, die bestehenden Apotheken von der Treuhand zu kaufen oder neue Apotheken zu gründen. Nur in wenigen Ausnahmefällen konnten ältere Apotheker als Verwalter einer Treuhand - Apotheke für kurze Zeit tätig sein.

 

   Diese grundlegende Umwälzung der Eigentumsverhältnisse brachte einige Schwierigkeiten mit sich. Es wurde dann aber doch ein gangbarer Weg gefunden. So konnte ich nach einigen Verhandlungen ab November 1990 die Rats - Apotheke Neukalen privat übernehmen. Kurz danach erfolgte der Abschluß des Kaufvertrages zwischen der Treuhand und mir. An diesem Neubeginn stand die Frage, ob sich die Apotheke unter den neuen Bedingungen in dem kleinen Städtchen Neukalen mit geringer Einwohnerzahl wirtschaftlich stabil entwickeln wird. Diese Frage kann heute mit "ja" beantwortet werden.

 

   In diesem Zusammenhang möchte ich allen Patienten und Kunden aus Neukalen und der näheren Umgebung danken, die ihrer Apotheke auch nach der Wende die Treue gehalten haben.

 

   Gleicher Dank gilt den Apothekenmitarbeitern für ihren Aufbauwillen und den früheren Mitarbeitern, die sich inzwischen im Ruhestand befinden.

 

   Den größeren Anforderungen der neuen Zeit genügte die Apotheke nicht mehr. In den Jahren 1991/92 wurden im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten verschiedene Modernisierungen in den Betriebsräumen durchgeführt, insbesondere die Installation einer leistungsfähigen EDV - Anlage.

 

   Im Jahre 1993 konnte ich dann auch das Apothekenhaus kaufen. Zunächst war es nötig, das schadhafte Dach und die beiden Giebel zu sanieren. Diese Arbeiten wurden 1993/94 von der Neukalener Dachdeckerfirma Eberhard Zingelmann in guter Qualität ausgeführt. Probleme mit Baumaterial gehörten ja nun zum Glück der Vergangenheit an.

 

   Es sind noch weitere Modernisierungen in der Apotheke und Baureparaturen am Haus geplant. Die Aufträge werden zum großen Teil an Neukalener Handwerker vergeben.

 

    So hoffe ich, daß die Neukalener Apotheke ihre zweihundertjährige Tradition fortsetzen wird und auch in den kommenden Jahren - über die Jahrtausendwende hinaus - in der Lage ist, ihre Aufgaben für die Einwohner von Stadt und Umgebung zu erfüllen.

 

Die Apothekenbelegschaft 1995

 

Die Apothekenbelegschaft 1995
(von links: Barbara Schwarz, Wera Michel, Iris Weykenat, Herbert Michel, Adelheid Knittel. Es fehlt: Christine Michel)

 

 

Die Namen der Apotheker in Neukalen seit 1795:

 

Johann Carl August Giffenig              

1795 - 1812

 

Heinrich Friedrich Hermes                 

1812 - 1844

 

Ernst Gustav Georg Hermes              

1844 - 1858

 

Hermann Gustav Reinhardt               

1858 -     ?

 

Rudolf Abt                                           

?     - 1883

 

Hermann Gustav Reinhardt

1884

 

Dr. Hermann Lönnies                         

1885 - 1895

 

Ernst Bethe                                        

1895 - 1896

 

Hans Burmeister                                

1897 - 1898

 

Dr. Wilhelm Heinrich Carl Pogge        

1899 - 1900

 

Helmuth Breusing                              

1900 - 1902

 

Paul Hoffmann                                   

1902 - 1905

 

Johann Schneider                              

1906 - 1908

 

Wilhelm Draesel                                 

1909 - 1910

 

Erwin Bernecker                                

1911 - 1913

 

Otto Fick                                            

1914 - 1916

 

Erwin Bernecker                                

1917 - 1920

 

Carl Creutz                                         

1920 - 1945

 

Ernst Mex                                           

1945 - 1954

 

Martin Gottschick                               

1954 - 1962

 

Hans Rademacher

1962 - 1964

 

Herbert Michel                                   

1964 - 2004

 

Veronika Kaminsky                              

1.9.2004 - 31.7.2015

 

Franziska Martens

ab 1.8.2015

 

 

   Kreisphysikus Dr. Scheven in Malchin führte im 19. Jahrhundert von Zeit zu Zeit eine Visitation der Neukalener Apotheke durch. Folgende Protokolle blieben erhalten und befinden sich im Heimatmuseum Malchin:

 

   Protocollum

gehalten Neukalden den 6 Mai 1833

bei Visitation der Apotheke daselbst

unter Leitung

des Herrn Kreisphysicus Dr. Scheven aus Malchin

in Gegenwart

des Herrn Senators Schumacher hieselbst, als

Deputirten des Magistrats

des Herrn Doctor Willgohs

a me subscripto

   Im Besitz der Apotheke ist gegenwärtig der Herr Apotheker Heinrich Friederich Hermes seit dem Jahre 1812 vermöge eines von der hohen Großherzoglichen Regierung auf ihn übertragenen Privilegii de dato 8. April 1796. Es ist diesem Privilegio noch die besondere Concession zu Gewürz und Materialwaaren Handlung hinzugefügt worden.

   Als Gehülfe befindet sich hieselbst Herr Michel Andreas Plümicke, welcher laut seines Lehrbriefes vom Jahre 1798 in Magdeburg die Apotheken Kunst erlernet und in den folgenden Jahren in mehreren Apotheken, namentlich in Halle, Brück, Strelitz, Stavenhagen, als Gehülfe thätig gewesen ist und nur gute Zeügnisse hinsichtlich seiner geleisteten Dienste uns vorgewiesen hat.

   Als Lehrling ist in der Apotheke der eigene Sohn des Herrn Apotheker Hermes, seit drittehalb Jahren. Es hat derselbe durch Uebersetzung einiger Stücke aus der lateinischen Preißischen Pharmakopoe Beweis gegeben, daß er der lateinischen Sprache soweit kundig sey, um die darin geschriebenen Pharmakopoee zu benutzen.

   Eine kleine Sammlung getrockneter Pflanzen, welche derselbe gesammelt hat, wurde vorgelegt.

   Die Pharmacopoee Hannemann ist in der neuesten Ausgabe von 1833 vorhanden und werden die Pharmaceütischen Arbeiten darnach vorgenommen werden.

   Ausser mehreren älteren Pharmaceütischen Büchern ist das Handbuch der Pharmacie von Geiger, Bonchholz, Theorie und Praxis etc von Dobereiner, angeschafft worden, als Hülfsmittel bei den Arbeiten und zum Unterricht der Lehrlinge.

   Ein Giftbuch war gegenwärtig noch nicht benutzt worden. Einige Gift-Scheine wurden uns vorgelegt. Das bisher gehaltene Receptbuch und ein Packet taxirter Recepte überzeugten uns, daß die Arzney-Taxe, welche uns vorgeschrieben ist, befolgt worden.

   Die Lage der Officia an der einen Seite des Flurs, dem Wohnzimmer gegenüber, würde zwar den Pharmaceütischen Zwecken genügen können, jedoch wäre zu wünschen, daß sie geräumiger, oder noch mit einem andern Zimmer in Verbindung gesetzt sey, wenn andere Handelsgeschäfte, welche das Privilegium gestattet, ohne für den Hauptzweck bisweilen störend zu werden, zugleich betrieben werden sollen. Der Herr Apotheker Hermes führt aber die Unbedeutendheit des eigentlichen Apothekengeschäfts in Neukalden als Grund an, warum er bis jetzt, eine Trennung der Locale für den Pharmaceütischen Zweck und andersweitigen Handelsbetrieb, auszuführen, sich nicht habe entschliessen können. Auch meint derselbe, durch den gleichen Grund entschuldigt zu seyn, wenn er keinen besonderen Handlungsgehülfen angestellt hat.

   Vielleicht ließe sich auch diese allerdings bisweilen unpaßende Verbindung verschiedenartiger Geschäfte in einem Locale und deren Ausführung durch dieselben Personen minder störend machen, wenn nur die dem Handel angehörigen Gegenstände aufs strengste von den Arzneymitteln getrennt, und für den Verkauf bequem an der Seite eines nach dem Flur hinausgehenden Fenster und Tisches, aufgestellt würde.

   Herr Apotheker Hermes hat versprochen diese nothwendige Veränderung in seiner Apotheke baldmöglichst auszuführen.

   Bei der weiteren Prüfung der in der Officia aufgestellten und zunächst zur Hand seyn sollenden Arzneymittel vermißten wir die größte Zahl der Kräuter, Blumen und Wurzeln und fanden die für sie bestimmten und mit ihren Namen vorgeschriebenen Kasten leer.

   Herr Apotheker Hermes entschuldigte dieses damit, daß die Aussenwand des Hauses, woran die für jene Arzneymittel bestimmten Kästchen angebracht sind, zu feucht sey, als, daß sie lange ohne zu verderben, darin aufbewahrt werden könnten; weswegen daher solche auf dem Kräuterboden in gehörigen Behältnißen gelaßen und zum jedesmaligen Gebrauche heruntergeholt würden.

   In der Anordnung und gehörigen Aufstellung der Arzneystoffe in den Officia fanden wir manches zu erinnern; namentlich waren die stark wirkenden Mitteln zwar mit ausgezeichnenden Aufschriften versehen, jedoch nicht so zusammengestellt, daß jede Verwechselung möglichst vermieden sowie das leichte Auffinden dadurch erreicht werden könnte. Die Aufschriften bedürfen zum Theil einer Erneuerung. Auf dem Recepturtisch war eine recht gute Waage befindlich. Unter den Gewichten fanden sich einige Stücke, welche mit weniger abgenutzten und genaueren vertauscht werden müßen. Auch die Pillen-Maschine bedarf nachgrade des Ersatzes durch einer neueren. Uebrigens fanden sich hier die bei der Receptur nothwendigsten Apparate gehörig beschaffen.

   Bei Besichtigung der Material Kammer konnten wir den Wunsch nicht unterdrücken, daß auch hier eine zweckmässigere Aufstellung und Ordnung ausgeführt werden möge, wohin wir besonders die Absonderung nicht zur Medizin gehörigen für den Handel bestimmten Sachen, von den eigentlichen Arzneywaaren, rechnen.

   Der Kräuterboden ist besonders geräumig, hell und luftig. Die dahin gehörigen und vorgefundenen Sachen, waren gut geordnet, und verwahrt; auch die Aufschriften deutlich gemacht. Der Keller scheint zwar etwas feucht zu seyn, und bekommt sein Licht nur durch die von der Straße zu eingehende Fallthür; jedoch sind die dahin gehörigen Arzneyen, Wasser, Oele, Säuren etc. gut verwahrt und bezeichnet. Im Laboratorium welches hell ist und den gehörig ziehenden Rauchfang hat, ist eine Blase mit kupfernen und zinnernen Helm, so wie zwey Capellenoefen angebracht. Auch befinden sich daselbst verschiedene kupferne und verzinnte Keßel und Pfannen, so wie einige fajancene Abbruch Schaalen, die übrigen im Laboratorium gehörigen Gerätschaften, Trichter, Siebe, Retorten und Vorlagen, sind theils in einem Schranke auf der Material Kammer, theils auf dem Hausflur aufbewahrt.

   Nach vorgenommener Durchsicht und Prüfung der einzelnen Arzney Mittel, bemerken wir, daß diejenigen, welche der in Neukalden wohnende Arzt Dr. Willgohs am häufigsten zu gebrauchen pflegt, wie wir aus näherer Bekanntschaft mit desselben ärztlicher Handlungsweise wissen, von besonders guter Beschaffenheit sind, und daß wir von diesen sowohl die Vegetabilien auf dem Kräuterboden und der Materialien – Kammer welche Herr Apotheker Hermes selbst einsammeln läßt, als auch die käuflich bezogenen, bis auf wenige Ausnahmen, ohne Tadel gefunden haben.

   Der vorhandene Moschus hatte alle Eigenschaften der Aechtheit. Unter mehreren Beuteln des Castoreum Canadensis war der eine offenbar zum Theil mit einer fremden harzigen Masse angefüllt.

   China regia und fusca war gut und ein reichlicher Vorrath davon vorhanden. Auch die Radix colombo und caryophyllata und serpentariae, senegae und valeriana wurden besonders gut gefunden.

   Von den Extracten hatten die durch ihren Geruch erkenntlichen, namentlich Hyosciami und conii alle Zeichen einer guten Bereitung.

Auch von den Pflastern waren die gebräuchlichen, gut gearbeitet.

   Unter den chemischen Praeparaten, Salzen, Säuren, metallischen Mitteln fanden wir keine, wenigstens von denen, welche gewöhnlich verschrieben werden, an welchen wir fehlerhafte Bereitung, oder Verfälschung hätten entdecken können.

   Einige mit Reagentien geprüfte Mittel waren namentlich ... [ist hier nicht abgeschrieben, da nicht interessant].

   Nachdem obiges Protocoll den Eingangsaufgeführten gegenwärtigen Personen vorgelesen und von ihnen genehmigt worden war, wurde dasselbe geschlossen und von ihnen sämmtlich unterschrieben.

   HFScheven                          Willgohs Dr.         OFSchumacher

   Dr. Kreisphysicus                                                      Senator

                                           HF Hermes

                                           Apotheker

   Actum ut supra

   in fidem

   JFMüller

   Secr. Civit: ut Notar. immatr.

 

 

   Protocollum

gehalten Neukalden 28 Septbr. 1836

bey Visitation der Apotheke daselbst

unter Leitung

des Herrn Kreisphysicus Dr. Scheven aus Malchin

in Gegenwart

des Herrn Senators Schumacher hieselbst, als Deputirten des Magistrats

des Herrn Docotr Willgohs

a me subscripto

   Die allgemeinen Verhältnisse des Apothekengeschäftes in Neukalden haben sich in so weit ich darüber zu urtheilen im Stande bin, seit der letzten Visitation der Apotheke nicht wesentlich verändert, wenigstens nicht günstiger für den Apotheker gestellt, so daß die nach dem früheren Privilegium demselben ertheilte Concession mit Gewürz und Material Waaren zu handeln, auch ferner zulässig erscheint, wenn die nach der neuen Medicinal – Ordnung dabey gemachten Bedingungen soweit als möglich erfüllt werden.

   Herr Apotheker Hermes hat vor zwey Jahren, die sehr zweckmäßige Veränderung mit der Officia vorgenommen, daß er dieselbe auf die andere Seite des Hauses verlegt hat, wo sie zwischen dem Flur und einem damit in Verbindung gesetzten Wohnzimmer liegt, wodurch besonders die an der Zwischenwand aufgestellten Arzeneyen vor dem Feuchtwerden verwahrt sind, welchem sie in der ehemaligen Officia ausgesetzt waren. Auch ist dieses im neuen Locale die Absonderung der zum Material – Handel gehörigen Gegenstände in der Art ausgeführt worden, wie es schon als wünschenswerth in dem letzten Visitations Protocoll bemerkt worden.

   Um dem Zwecke, alle Stöhrungen des pharmaceutischen Geschäftes durch den Handelsbetrieb möglichst zu vermeiden, hat Herr Hermes einen jungen Menschen angenommen, der nur den letzteren besorgen soll. Er selbst aber versichert, sich selbst gegenwärtig vorzugsweise dem Apothekergeschäfte zu widmen, und seinen Sohn, der einstweilen noch als Lehrling bei ihm ist, nur unter seiner Aufsicht arbeiten zu lassen.

   Bey Berücksichtigung der bei der letzten Visitation bemerkten Requisite wurde diesmal das Defectbuch regelmäßig angelegt, und sorgfältig geführt, befunden; so wie auch ein Giftbuch bey welchem die Scheine über verkaufte Gifte, aufbewahrt waren.

   In den Officia hat bey der neuen Einrichtung eine bessere Anordnung der Arzeneyen Statt gefunden und ist auch die Aufbewahrung derselben durch bessere Kisten und andere Gefäße beschafft worden.

   Die ehemals vorgefundene unvollkommene Pillen Maschine ist durch zwey neue und bessere ersetzt worden. Auch die übrigen Geräthschaften in den Officia sind hinlänglich gut und zweckmäßig.

   Auf der Material – Kammer war keine Veränderung vorgenommen worden, und könnte man die früher darüber gemachten Bemerkungen nur wiederholen.

   Vom Keller und Laboratorium kann ebenfalls nur wiederholt werden, was bei der letzten Visitation darüber gesagt ist. Es läßt sich das Bestreben des Herrn Hermes die Einrichtung derselben, nach Umständen zu verbessern, nicht verkennen.

   Bei der näheren Untersuchung der rohen Arzneystoffe, so wie der Praeparate, fand man, daß alle in der Apotheke zu Neukalden gefordert werdenden, ächt und von guter Beschaffenheit vorhanden waren, sowohl diejenigen, welche Herr Apotheker Hermes selbst einsammeln läßt, als welche er käuflich bezieht; namentlich hatten Moschus und Castoreum die Zeichen der Aechtheit und Güte. Chinarinden, Colombo Wurzeln, Serpentaria, Rhabarber, polygala amara, folia uvae ursi waren gut. Auch die Extracte, namentlich diejenigen, welche hier in Gebrauch gezogen werden, waren gut und zweckmäßig bereitet, nicht weniger wurden die Tinkturen, Pflaster, Salben tadelfrey gefunden.

   Von den Präparaten wurden die auf der Beylage verzeichneten mit Reagentien geprüft und wie aus den beigefügten Bemerkungen hervorgeht, von solcher Beschaffenheit gefunden, daß nichts wesentliches daran ausgesetzt werden kann.

   Nachdem obiges Protocoll den anwesenden Personen vorgelesen, und genehmigt worden war, wurde dasselbe von sämmtlich Anwesenden unterschrieben und geschlossen.

   Actum ut supra

   in fidem

   JFMüller

   p. Notar. immatr.

 

   HFScheven Dr. Kreisphysicus.                Willgohs, Dr.

                                                                   OFSchumacher

                                                                  Senator

                                                                  H F Hermes Apotheker

 

 

   Protocollum

gehalten Neukalden den 16. September 1843

bey Visitation der Apotheke daselbst

unter Leitung

des Herrn Kreis Physicus Doctor Scheven aus Malchin

in Gegenwart

des Herrn Senators Schumacher hieselbst, als Deputirten des Magistrats

des Herrn Doctors Willgohs

a me subscripto

   Der Besitzer der Apotheke, Herr Apotheker Hermes hat bis jetzt mit seinem Apothekengeschäft noch einen kleinen ihm durch das Rescript hoher Regierung d. d. 2 July 1839 zugestandenen Material und Gewürzwaarenhandel verbunden, wozu er einen eigenen Handlungsgehülfen angestellt hat. Die dahin gehörigen Waaren sind zwar nicht in einem besonderen beim Verkaufe dienenden Zimmer aufgestellt, sondern in einem abgetheilten Raume der Officia, wobey alle mögliche Vorkehr getroffen ist, daß, das Geschäft des Apothekers dadurch nicht gestört werden könne. Da indessen eine völlige Absonderung des Handlungsgeschäftes von der Apotheke zweckmäßig gefunden wird, so hat Herr Hermes sich entschlossen, den Materialhandel aufzugeben und allmählig eingehen zu lassen und beabsichtigt seiner Versicherung nach, dies mit Anfang des nächsten Jahres zu thun.

   Als Gehülfe ist gegenwärtig der Sohn des Herrn Apotheker Hermes, Herr Ernst Hermes angestellt, welcher seine Prüfung als Apotheker bey Großherzoglicher Medicinal – Commission rühmlich bestanden und ein Zeugniß vom 16. Septbr. 1840 darüber vorgelegt hat.

   Die Einrichtung des Apothekenlocals hat in der letzten Zeit einige wesentliche Verbeßerungen erhalten, namentlich ist das Laboratorium zweckmäßig ausgebauet, mit mehreren guten Oefen, Destillirblase und sonstigen dahin gehörigen Geräthschaften versehen; auch eine besondere Stoßkammer dicht daneben angelegt worden.

   In der Officia ist Ordnung und Reinlichkeit zu bemerken. Die Behälter der Arzneyen sind mit deutlichen Inschriften versehen und gut verschlossen. Der Recepturtisch enthält eine besonders gute Waage, Gewichte und sonstige beim Receptiren nöthige Geräthschaften von guter Beschaffenheit. Auf der Material – Kammer werden die dahin gehörigen Arzney – Vorräthe in wohlverschlossenen und deutlich beschriebenen Behältern in hinlänglich guter Ordnung aufbewahrt. Der sogenannte Kräuterboden enthält die größeren Vorräthe der Vegetabilien und zugleich die Glaßwaaren und Kruken u.s.w. Im Keller ist Ordnung und Reinlichkeit ebenfalls nicht zu verkennen, die Arzneygefäße sind zweckmäßig gut verschlossen und deutlich beschrieben. Bei Untersuchung der Arzney – Vorräthe im Allgemeinen, sind keine vermißt worden, welche nach unsrer Pharma copoe vorhanden seyn sollen. Die selbsteingesammelten Vegetabilien waren gut getrocknet und erhalten, die durch Handel bezogenen Arzneymittel hatten die Zeichen der Aechtheit und Güte, auch sämmtliche Praeparate zeugten von guter und zweckmäßiger Bereitungsart. Mehrere der Letzteren wurden noch besonders chemisch geprüft, wie solches aus der Anlage A zu ersehen ist und fehlerfrei gefunden.

   Wir können nun nach allem diesen, das Zeugniß geben, daß die Apotheke in Neukalden sich in einen guten zweckmäßigen Stande befinde, welcher den Anforderungen und Bedürfnissen des Publicums entspricht.

   Nachträglich bemerken wir noch, daß mehrere schon taxirte Recepte nachtaxirt worden und die Befolgung unsrer Arzneytaxe sich dabey ergeben hat.

   Ferner, daß die Pharmaceutische Bücher Sammlung in der Apotheke durch den jüngeren Herrn Hermes einen guten Zuwachs erhalten hat, welcher hoffen läßt, daß dieser junge Mann, die wissenschaftlichen Studien fortsetzen und sich für sein Fach immer weiter ausbilden werde.

   Obiges Protocoll wurde den anwesenden Herren vorgelesen, genehmigt und geschlossen.

   Actum ut supra

   in fidem

   JFMüller

   p. Notar publ. et immatr.

   HFScheven Dr.

   Kreisphysicus

   OFSchumacher

   Willgohs

   H. F. Hermes

   Apotheker

 

 

   Protocollum

gehalten im Hause des Apothekers Herr Hermes

zu Neukalden 31 October 1846

sub Directione

des Herrn Kreis Physicus Dr. Scheven aus Malchin

in Gegenwart

des Herrn Bürgermeisters Görbitz als Deputirten des Magistrats

des Herrn Doctors Willgohs

a me subscripto

   Die Concession und das Privilegium zur Haltung einer Apotheke in Neukalden ist dem Sohne des am 28. August 1844 verstorbenen Herrn Apotheker Hermes schon bey dessen Lebzeiten am 20 August desselben Jahres ertheilt worden. Dem jetzt in Besitz dieser Apotheke sich befindenen Herrn E. G. H. Hermes ist auf Grund seines Prüfungsattestes, auch die Befugniß zur Haltung von Lehrlingen gegeben worden. Es hat derselbe nun dieser Erlaubniß zu folge seit einem Jahre einen ehemaligen Handlungsgehülfen Friedrich Brandt 22 Jahr alt, zum Lehrling in der Apothekenkunst angenommen.Wenn demselben noch einige für dies Fach erforderliche Vorkenntnisse, namentlich der lateinischen Sprache damals mangelten, so ist er doch schon bemühet gewesen, wie aus der mit ihm vorgenommenen Prüfung hervorgeht, sich solche zu verschaffen und hat aus der Hannoverschen Pharmacopoe einige Abschnitte hinlänglich gut übersetzt. Um den Handverkauf zu besorgen und einfache Arzneybereitungen vorzunehmen, scheint derselbe schon hinlänglich befähigt zu seyn. Die Pharmacopoe der Hannoverenne in der neuesten Ausgabe, die Arzney Taxe mit den nachträglichen Veränderungen und Zusätzen, das Defectenbuch über rohe Arzneymittel und angefertigte Praeparate sind vorhanden und in Ordnung. Ein Giftbuch war in diesem Augenblick noch nicht angelegt, und wurde versichert, daß während der Zeit eines Jahres eigentliche Gifte fast gar nicht verkauft worden seyen, nur zwey Scheine dem Verkauf von Sublimat für den Goldarbeiter und Spanischfliegen Pulver als Aetz und Putzmittel wurden vorgelegt.

   Auch ein Recepturbuch ist vorhanden, worin die Recepte schon bis Ende September eingetragen waren, der Name des Arztes war nicht unter jedem eingetragenen Recepte bemerkt, indem Herr Dr. Willgohs fast ausschließlich der in hiesiger Apotheke Arznei verordnender Arzt ist.

   Die verschiedenen Locale in der Apotheke sind seit 1843 dieselben geblieben. In der Officia wurde bemerkt, daß daselbst keine Abtheilung für andere Waaren als für Arzneymittel benutzt werde, indem Materialwaarenhandlung von den hiesigen Apotheken nach der Bedingung seines Privilegiums aufgegeben worden ist. Reinlichkeit und Ordnung war in der Officia sichtbar. Die einzelnen Classen der Arzneymittel in zweckmäßigen Abtheilungen aufgestellt, die Gläser, Büchsen, Kruken und Kästchen gehörig verschlossen und mit deutlichen Aufschriften versehen.

   Der Receptur Tisch enthielt Waage, Mörser, Reibschaalen, Pillen – Maschine, und die sonst dahin gehörenden Geräthschaften, auch jetzt von guter Beschaffenheit und vollständig.

   Auf dem Kräuterboden und der Material – Kammer war gleichfalls Ordnung, Reinlichkeit und zweckmäßige Aufstellung so wie gehörige Verwahrung in angemessenen Behältern wahrzunehmen.

   Auf der Material Kammer befand sich der kleine Giftschrank dicht unter der Decke angebracht, wohl verschlossen und mit der nöthigen Waagschaale und Mörsern versehen. Noch befand sich auf der Material Kammer ein kleiner Vorrath von Waaren, welche früher zum Materialhandel bestimmt, noch nicht völlig aufgeräumt waren.

   In dem Laboratorium wo es an den gehörigen Oefen, Destillien Blase, zinnernen Helm, zinnernen Abruchsschaalen und Pfannen und sonst dahin gehörigen Apparaten nicht fehlt, wurde bemerkt, daß der Rauchfang nicht gut ziehe, und daher die gewölbte Decke vom Rauche stark geschwärzt war, vielleicht gelingt es, diesen Uebelstande abzuhelfen.

   Im Keller wurde der früherhin feuchte Raum etwas trockner gefunden, wie sich aus den jetzt besser als früher erhaltenen Aufschriften der Behälter wahrnehmen läßt. Es hat hiezu eine gemachte Abtheilung des Kellers mittelst einer Thür, wohl beigetragen. Einige in diesem Keller einstweilen hingeschüttete Kartoffeln sind wegzuschaffen. Die Standgefäße im Keller sind nach den einzelnen Abtheilungen ihres Inhalts geordnet, gut verschlossen und mit den Signaturen versehen. Bey der vorgenommenen Durchsicht sämmtlicher Arzney – Vorräthe, sind keine Mittel vermißt worden, welche nach der Pharmacopoe nothwendig vorhanden seyn sollen, und sonst von den Aerzten verordnet werden. Die Beschaffenheit derselben ist im Allgemeinen gut gefunden worden und gaben namentlich die von dem Apotheker selbst zu sammelnden Vegetabilien den Beweis, daß dies mit Sorgfalt geschehen, und auch das Trocknen und Aufbewahren gehörig beschafft wurde. Auch die käuflichen Drogen wurden im ganzen tadelfrei befunden. Moschus war in keinen Beuteln vorhanden, sondern nur als Pulver aufbewahrt. Von Castorium Morquovitiram war nur das Stück von einem kleinen Beutel und außerdem Gepulvertes vorhanden. Ein ganzer Beutel von Castorium canadensae welcher durchbrochen worden, zeigte auf dem Bruche die bräunlich harzähnliche Masse, durch Zellgewebfächer geschieden. Der Geruch beider war der Entsprechende. Von Chinarinde war die Regia fuora, rubra und flavae von guter Beschaffenheit und namentlich die regia in reichlicher Menge vorhanden.

   Unter den Praeparaten erschienen die Extracte gut bereitet und hatten die wichtigsten derselben, den gehörigen Geruch und waren unverdorben. Eben so die Pflaster und Salben.

   Es wurden hierauf noch einige chemische Praeparate mit den Regentien geprüft, wie sich aus der Anlage A. ergibt, und da hiebey nichts Falsches und Fehlerhaftes begegnete, mit einer geringen Zahl solcher Prüfungen für diesmal abgeschlossen.

   Endlich wurden noch einige Recepte, welche schon mit den Personen bezeichnet waren, mit der Medicinaltaxe verglichen und damit übereinstimmend gefunden und hiemit die diesmalige Visitation beendigt.

   Nachträglich ist noch zu bemerken, daß die Reste des früheren Material Waaren – Vorraths sich nicht auf der Material Kammer selbst, sondern in einem andern Zimmer des Hauses befinden sollen.

   Ferner scheint es noch der Erinnerung zu bedürfen, daß ein großer Theil der Recepte, welche durchgesehen wurden, die Unterschrift des Namens des verordnenden Arztes entbehrt, welcher in der Folge auf den Recepten verordnungsmäßig hinzuzufügen ist. Auch wird Herr Apotheker Hermes aufgefordert, ein Giftbuch anzulegen und darin die etwa in Zukunft verabfolgten Gifte zu verzeichnen.

   Nachdem obiges Protocoll den anwesenden Herren vorgelesen und genehmigt worden war, wurde es von ihnen unterschrieben und hiemit geschlossen.

   HFScheven Dr.

   Kreisphysicus

   Görbitz

   Willgohs

   E. Hermes

   in fidem

   JFMüller

   p. Not. publ. et immatr.

 

 

   Protocollum

gehalten im Hause des Herrn Apothekers Hermes

zu Neukalden den 21sten Julius 1851

in Gegenwart

des Herrn Kreisphysicus Dr. Scheven aus Malchin

des Herrn Bürgermeisters Mau hieselbst, als

Deputirten des Magistrats

des Herrn Doctors Willgohs hieselbst

a me subscripto

   Der gegenwärtige Besitzer der Apotheke in Neukalden hatte das Apothekergeschäft seit 1846 ohne einen Gehülfen fortgeführt, aber einen früheren Handlungsgehülfen Friederich Brandt als Lehrling angenommen. Dieser hat zwar im Theoretischen seines Faches nicht solche Fortschritte machen können, als wenn er früher sich dazu vorbereitet hätte, hat aber im Technischen hinlängliche Fertigkeit und Kenntnisse erworben um Herrn Hermes welchen die beschränkte Lage der Apotheke in Neukalden es nicht erlaubt, außer ihn noch einen Gehülfen zu engagiren, zu unterstützen.

   Die Localitäten der Apotheke sind noch dieselben wie sie bei der letzten Visitation angetroffen wurden; nur die Officia ist auf eine andere Seite des Hauses verlegt worden und hat dadurch wesentlich gewonnen, daß der Fußboden und die Seitenwand trockner geworden sind wie früher der Fall war.

   Die Einrichtung der Officia ist überdem auch durch die Stellung des Reception Tisches und der Repostitoren zweckmäßiger.

   Die Ordnung in welcher die Arzneien aufgestellt sind, die Beschaffenheit der Behälter und Gefäße ist recht gut. Die Aufschriften und die Texturen zweckmäßig. Die starckwirkenden Mittel und giftige Substanzen Narcotin und Deastira sind gehörig von einander getrennt, oder durch ihre Bezeichnung unterschieden.

   Der Receptur Tisch ist mit guten Waagen und richtigen Gewichten, so wie mit allen zur Receptur erforderlichen Geräthschaften versehen.

   Auf der Material Kammer herrscht Reinlichkeit und gute Ordnung. Der Giftschrank ist daselbst dicht unter der Decke angebracht und verschlossen, auch in demselben die zum Dispensiren erforderlichen Waagschalen, Mörser u. s. w. vorhanden.

   Der Keller ist hinlänglich geräumig luftig und von guter Temperatur. Die dahin gehörigen Arzneistoffe sind gut geordnet und in paßenden Gefäßen und deutlichen Aufschriften aufbewahrt.

   Der Kräuterboden ist groß und luftig und wird fleißig zum Trocknen der selbstgesammelten Vegetabilien benutzt, enthält auch die größeren Vorräthe an Kräutern, Blumen und Wurzeln, durchweg von sehr guter Beschaffenheit.

   Das Laboratorium ist zwar klein, aber massiv, gewölbt und sind die Vorrichtungen zu pharmaceutischen Arbeiten in demselben für das Geschäft hinlänglich und gut beschaffen, namentlich eine gehörig verzinnte Blase mit zinnenem Helm und Rohr, Oefen zur Destillation aus Retorten, zinnerne Abbruch Schaale, trocken Ofen etc. Neben dem Laboratorium befindet sich die Naß Kammer mit allen Gehörigen wohl versehen.

   Bei der Durchsicht und Untersuchung sämmtlicher Arzneistoffe sind keine vermißt worden, welche nach dem gegenwärtigen Bedürfniß der ärztlichen Praxis vorhanden sein müssen. Schlechte und unbrauchbar gewordene oder verfälschte sind nicht angetroffen worden. Auch hinlängliche Vorräthe waren von den Theureren, namentlich China Rinde, Moschus und Castorium vorhanden.

   Die Praeparate zeugen von einer sorgfältigen und zweckmäßigen Bereitungsweise und sind die alt gewordenen stets durch neue ersetzt worden.

   Der Herr Apotheker Hermes hat ein Defectenbuch vorgelegt, worin die in der Apotheke vorgenommenen pharmaceutischen Arbeiten, so wie ein anderes Defectenbuch über die durch Handel bezogenen Drogen, woraus man entnehmen kann, daß der Umsatz in der Apotheke, nur ein sehr mäßiger sei, wie es das Verhältniß der Stadt und ihre Lage erwarten läßt.

   Die medicinal Verordnungen und Arzneitaxe sind bis auf die letzte Zeit gehalten worden. Ein Giftbuch ist angelegt worden aber seit langer Zeit nur einige Mal Arsenic als Pferde Arznei und Sublimat zum Technischen Gebrauch verabfolgt worden, wie die ausgestellten Scheine der Empfänger ausweisen.

   Bei der näheren Untersuchung einzelner Arznei Stoffe sind noch mehrere derselben mit Reagentien chemisch geprüft worden, wie die Anlage A. ausweiset, wobei sich einige fehlerhaft gemischte gefunden haben, wodurch aber bei der sonst überall guten Beschaffenheit der Arzneivorräthe kein Tadel erwachsen kann. Daß die Mecklenburgische Medicinal Taxe auch vom Herrn Apotheker Hermes befolgt werde, hat sich auch bei der Nachtaxion des Domanial Amts Neukalden ergeben.

   Dem Herrn Apotheker Hermes kann das Zeugniß nicht vorenthalten werden, daß er alles Mögliche thue seine Apotheke gut einzurichten und durch treue Erfüllung seine Pflicht dem Arzneibedürftigen nützlich zu werden.

   Obiges Protocoll wurde verlesen und genehmigt und hiermit geschlossen

   in fidem

   JFMüller

   p. Notar. immatr.

 

   HFScheven Dr. Kreisphysicus

   Willgohs

   Hermes

   LMau

 

 

   Protocollum

gehalten zu Neukalden am 19. Decbr. 1857

bei der Revision der dortigen Apotheke

unter Leitung des Herrn Kreisphysicus Dr. Scheven aus Malchin

in Gegenwart

des Herrn Bürgermeisters Mau als Magistratsdeputirten

a subscripto

   Der Herr Sanitätsrath Dr. Willgohs war durch eine Berufsreise abgehalten, an dem Acte Theil zu nehmen.

Im Besitze der Apotheke ist seit dem Tode seines Vaters der Herr Apotheker E. Hermes geblieben, demselben ist das Privilegium zur Haltung einer Apotheke in Neukalden von hoher Landesregierung unterm 20 Aug 1844 verliehen worden. Nachdem ihm von der hohen Medicinal Commission ertheilten Zeugnissen ist derselbe zur Haltung eines Lehrlings befugt.

   Der Herr Apotheker Hermes besorgt seit Ostern d. J. das Geschäft ohne Gehülfen. Derselbe giebt an, daß er die Apotheke an den Herrn Dr. Reinhardt aus Holzthaleben, gegenwärtig zu Rostock in der Witteschen Apotheke thätig, verkauft habe, und daß letzterer in der Voraussetzung der Genehmigung hoher Landesregierung das Geschäft zum 1. April folgenden Jahres übernehmen werde.

   Die Mecklenburgische MedicinalOrdnung war vorhanden, ausserdem die Arznei Taxe vom 1. Juli d. J. mit dem Nachtrage vom 21 Octbr a c.

   Bei der Nachtaxation mehrerer Recepte zeigte sich, einige kleine Ungenauigkeiten zu Ungunsten des Herrn Apotheker Hermes abgerechnet, daß die Vorschriften derselben genau befolgt waren.

   Ausser des Hannöverschen Pharmadepoe war noch die Preußische vorhanden.

   Von literarischen Hülsmitteln, die sich im Besitz des Herrn Apothekers Hermes befanden sind bemerkenswerth: Bercelius Lehrbuch der Chemie, Geiger, Handbuch der Pharmacia Tronesdorf, Handbuch der Pharmacia Dobereiner und Dufloi Apothekerbuch, Wohler Analyse, Koch Synopsis etc.

   Ein Defectbuch war nicht geführt, ein Cleberationsbuch bis zum Ende des Jahres 1856. Der Herr Apotheker Hermes erklärte, daß er wegen Ueberhäufung mit Geschäften, da er ohne Gehülfen sei, diese Bücher nicht habe ordnungsmäßig führen können.

   Ein Giftverkaufsbuch war nicht geführt, der Herr Apotheker Hermes gab an, daß überhaupt aus seiner Apotheke, abgesehen von etwas Blausäure und Kali zu technischen Zwecken, keine Gifte abgegeben seien.

   In ein Recepturbuch waren bis zum Maerz d. J. täglich sämmtliche Recepte, auch die nichtbezahlten eingetragen, das Fehlende sollte bei ruhigerer Zeit ergänzt werden.

   Die Recepte des letzten Jahres waren ohne besondere Ordnung in der Officia in einem Kasten aufbewahrt, die Recepte früherer Jahre befanden sich alphabetisch geordnet in einem Schrank in der Wohnstube.

   Bestimmte Beschwerden über unerlaubten Arzneiwarenhandel der Kaufleute konnten seit der im Jahre 1855 vorgenommenen Revision nicht geführt werden.

   Die Officia, seit der letzten Revision im Jahre 1851 in ihren Einrichtungen unverändert, ist ungefähr 9 Schritte lang und 6 Schritte breit, genügend hoch und durch 2 Fenstern nach der Straße ausreichend erhellt. Sie liegt rechts vom Hausflur und hat eine Fenstervorrichtung zur Abgabe der Arzneien nach dem Flur hin. Der Recepturtisch ist in der Mitte des Locals zweckmäßig aufgestellt und mit einer messingenen Dispensirwaage ausgerüstet. Die Repositorien sind zweckmäßig an den Wänden angebracht und enthalten theils in Schiebkästchen, theils in hölzernen Büchsen, theils in Glasgefäßen mit blechernen Deckeln oder eingeschliffenen Glasstöpseln die Arzneistoffe in der gebräuchlichen zweckmäßigen Anordnung und Aufstellung. Die Gefäße und Kästchen für die stark wirkenden Arzneien sind mit rother Schrift bezeichnet und von den andern abgesondert aufgestellt. Ein besonderer Schrank am Recepturtisch dient zu der für die Receptur unentbehrlichen Gifte und enthält besondere Dispensirgeräthschaften. Die Signaturen der verschiedenen Arzneibehälter sind untadelhaft. Zu bemerken ist noch, daß für die fetten Oele ein besonderer Schrank vorhanden ist und der Moschus einen besonderen Behälter mit den Dispensirgeräthschaften hat. Ausser der Recepturwaage ist noch eine andere für den Handverkauf vorhanden, und mehrere mit Hornschaalen von verschiedener Größe. Das vorgefundene Gewicht war das Nürnberger Gewichte. An Geräthen waren ausserdem vorhanden: 1 großer Mörser von Messing, 2 dergleichen kleinere zu Pflastern, mehrere von Porcellan und Zerpentin zu Pulvern und Pillen, ein besonderer Mörser von Porcellan für Asa fötida, 2 gute Pillenmaschinen, Pulverkapseln von Horn, Spateln von Eisen und Horn, Lampen verschiedener Art. Diese Utensilien waren untadelhaft und für den Betrieb ausreichend. Ein besonderer Schrank für die Aufnahme derselben und des Medicinglases war vorhanden, und ausserdem ein Arbeitstisch zweckmäßig aufgestellt. Das Local war reinlich und ordentlich gehalten, und dem nachtheiligen Einfluß der Feuchtigkeit wurde aufs sorgfältigste vorgebeugt.

   Das Laboratorium ist dasselbe geblieben. In einem Hintergebäude belegen mit massiven Wänden und gewölbter Decke ist es für den Betrieb des Geschäfts ausreichend geräumig. Ausser dem Blasenofen sind noch mehrere Feuerungen vorhanden. Die Geräthe für die Arbeiten des Laboratoriums sind in der anstoßenden Stoßkammer theils in einem Schrank, theils in Borten aufgestellt. Hier finden sich auch der Trockenofen, die Presse und die Siebe. Das Local ist reinlich gehalten und gut erhellt.

   Der Keller unter dem Wohnhause mäßig erhellt, ziemlich trocken, dient zur Aufbewahrung der Wässer, Spiritus und Aetherarten, der größeren Menge der Tincturen, der Säfte, fetten Oele, Salben, Säuren und Essige. Die Tincturen, Säuren und Aether befinden sich in einem besonderen Schrank. Die Signaturen der Gefäße, meistentheils auf Papier mit Lack überzogen sollen nach Aussage des Herrn Apothekers Hermes dauerhaft sein, unter Verschluß mancher Gefäße mit Kork und Papier dem Zwecke völlig entsprechend.

   Der Kräuterboden 2 Treppen hoch in dem Wohnhause gelegen, führt durch eine Thür in die Materialkammer, durch eine andere in das Local das zur Aufbewahrung des Medicinalglases, der Kruken, Schmelztiegel, Retorten etc. dient. Er ist reinlich gehalten, gut erhellt und enthält in zweckmäßiger Aufstellung, die theils in Kästchen, theils in Tonnen mit überfassenden Deckeln diejenigen Blumen, Kräuter und Wurzel die in der Umgegend gesammelt oder von dem Herrn Hermes selbst gezogen waren. Ausserdem befand sich hier ein abgesondert aufgestelltes Repositorium für die Aufnahme der Kästchen mit narkotischen und giftigen Pflanzenstoffen. Digitales conium gratiola Nicotiene, Sabina etc.

   Auf der Materialkammer befinden sich ausser den Chemiecalien die größere Anzahl der Wurzeln und Rinden und Drogen, die Gummeta, Harze, Saamen, Species und Pflanzenpulver. Außerdem die Extracte, ätherischen Oele, Metalle und mineralischen Stoffe. Die Anordnung der theils in Schiebkästchen (für die stark riechenden mit doppelten Deckeln) theils in Glasgefäßen aufbewahrten Arzneistoffe war nach mehreren Alphabeten hergestellt. Für ätherische Oele war ein besonderer Schrank vorhanden, und unter demselben für Opium Canthariden, Colloquinten, Cart. meserei, Euphorbium, nux vomica, Gummiguth piper Hispo Sem Staph ein besonderes Repositorium. Alle für narkotische und drastische Stoffe enthaltenden Gefäße und Kästchen sind durch rothe Schrift ausgezeichnet. Die Signaturen der verschiedenen Arzneibehälter waren theils mit Oelfarbe, theils durch Papierschilder hergestellt. Der Verschluß der Gefäße für die Chemicalien zum Theil mit Blase, zum Theil mit Papier. Die Schiebkästchen für die drastischen und narkotischen Mittel waren durch einen gut schließenden Schiebdeckel noch besonders verschlossen.

   Der gut verschlossene Giftschrank ist auf der Materialkammer von den anderen Repositorien abgesondert, unter der Decke angebracht. Er enthält: Cobald, die Arsenik, und Quecksilber – Praeparate und entbehrt nicht der nöthigen Dispensirgeräthschaften.

   Als Trockenboden wird ein Theil des Hausbodens und der Kornboden benutzt.

   Bei der Untersuchung der Arzneistoffe in den verschiedenen Localitäten wurden keine der in der ärztlichen Praxis gebräuchlichen vermißt. Von den verschiedenen Chinarinden war reichlicher Vorrath und ihre Beschaffenheit dem äussern Ansehen nach untadelhaft. Von der Rabarberwurzel fanden sich verschiedene Qualitäten, die meskoitischen nicht. Radix ipecacuanha Jalappae, Levestiri, Sarsaparilla, Scillae, Altkalae Colomborum waren gut erhalten und von untadelhafter Güte, ebenso die selbstgesammelten und gebaueten Kräuter und Blumen. Opium war in Originalstücken vorhanden und das reichlich. Vorrath von castoreum canadense war gut. Von den Alcaloiden war ausser dem Moschum und Chinin auch Strychnin und Veratrin vorhanden. Auch über die Beschaffenheit der zusammengesetzten vorräthigen Arzneimittel konnte kein Tadel erhoben werden.

   Das Ergebnis der chemischen Prüfung mehrerer Arzneikörper mit Reagentien nach Roloff´s Anleitung, findet sich auf Anlage A. verzeichnet. Die untersuchten Arzneistoffe sind untadelhaft gefunden.

   Hierauf ist das Protocoll verlesen und zum Zeichen der Genehmigung von den anwesenden Herren eigenhändig unterschrieben.

   JFScheven Dr.

   Kreisphysicus

   E. Hermes

   L. Mau

   In fidem

   CWFTimm

   Secr. civit."

 

 

   Unter anderem waren also in der Neukalener Apotheke vorrätig:

 

   Asafoetida (Fenchel)

   Canthariden (aus Käfern gewonnen, spanische Fliege)

   Caryphyllata (Nelkenwurz)

   Castoreum Canadensis (Bibergeil)

   Chinarinde / Chinin (vom Chinarindenbaum)

   Colloquinten (aus der Familie der Kürbisgewächse)

   Colombo (Wurzeln der Liane aus Ostafrika)

   Conium (Schierlingskraut)

   Euphorbium (gelbblühende Pflanze aus der Gattung der Wolfsmilchgewächse)

   Uva ursi (Bärentraube)

   Fusca (Waldrebe)

   Gratiola (Gottesgnadenkraut)

   Gummiguth (das Gummiharz wird aus dem Milchsaft der in Siam und Kambodscha heimischen Baumarten der Gattung Garcinia gewonnen)

   Hyosciami (gewonnen aus Nachtschattengewächsen)

   Moschus (getrocknetes, pulverförmiges und stark riechendes Sekret aus dem haarigen Moschusbeutel vom männlichen Moschustier)

   Nicotiene (aus der Tabakpflanze gewonnen)

   Nux vomica (aus dem Samen von Brechnussgewächsen)

   Opium (Mohnsaft)

   Piper longum (langer Pfeffer)

   Polygala amara (Kreuzblumengewächse)

   Radix ipecacuanha (Brechwurzel)

   Radix jalappae (Wurzel der Jalapapflanze)

   Rhabarber (Wurzel als Tee zubereitet)

   Sabina (Sadebaum, Giftwacholder, Stinkwacholder)

   Sascaparillae (Heilpflanze aus Mittel- und Südamerika)

   Scilla (rote Meerzwiebel)

   Senega (Klapperschlangenwurz aus Amerika)

   Serpentariae (Hasenlattich)

   Strychnin (Rattengift)

   Sublimat (Quecksilber)

   Valeriana (Baldrian)

   Veratrin (gewonnen aus dem Samen von Rhizomen)