Wetteraussichten:
 
 
 
 
Schriftgröße:
 
normale Schrift einschalten große Schrift einschalten sehr große Schrift einschalten
 
Peenestadt Neukalen Vernetzt
Teilen auf Facebook
 

Der Fischotter

 

Dr. Helge Nagel

 

Torfloch am Kummerower See

 

 

   Es hat den Anschein, als wenn von der gesamten Fischotterpopulation Norddeutschlands die meisten in Mecklenburg-Vorpommern leben. Dennoch sind sie weit seltener als Biber in der freien Natur zu beobachten. Hier nun eine Begegnung mit der interessanten zur Familie der Marder gehörenden Tierart wie sie nicht alle Tage vorkommt.
   Nicht immer hatte ich ein wetterfestes Boot. Es gab auch Zeiten, in denen ich mit dem Schlauchboot vorliebnehmen mußte. Es ist nicht automatisch gleich eine Abwertung - ganz im Gegenteil. Wenn das Wetter mitspielt, lassen sich mit dem kleinen Boot auch Areale erschließen, in die man mit einem größeren nicht vordringen kann. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigten, je größer das Boot wird, desto weiter entfernt man sich von der Natur.
   Es war gerade zur Laichzeit im Jahre 1999. Schon im Kanal plätscherte es überall an den Ufern. Gemächlich schob der kleine 5 PS - Motor mein Schlauchboot dem See entgegen. Die Sonne schien lieblich durch einige Deko - Wolken und verbreitete wohlige Wärme in der Landschaft. Ein Frühlingstag also wie er im Buche steht. Nach dem Verlassen des Kanals nahm ich sogleich Kurs auf die Einfahrt zu einem idyllischen Torfgewässer. Es war nur schwach windig. Die fünfhundert Meter über den See bereiteten daher keine Probleme. Am Eingang zum Torfstich angekommen, schaltete ich den Motor ab und kippte ihn hoch. Dann überließ ich mich der verwobenen Stimmung der hinter dem Schilfgürtel liegenden Kleingewässer. Beinah geräuschlos ruderte ich bis zum äußersten Ende eines schmalen Kanals. Dort band ich das Schlauchboot mit zwei dünnen Leinen am Ufer fest. Hier war es windstill und sehr schön warm. Nichts geht über das erste Sonnenbad im Frühling. Und so legte ich mich zuerst mit dem Rücken auf den der Wasserseite zugewandten Schlauch. Die Sonne gab ihr Bestes, und ich war in dieser Abgeschiedenheit von der großen weiten Welt vorübergehend der Meinung, nichts mehr zu brauchen, nicht mal eine Badehose. Beruhigend zwitscherten dazu die Vögel. Ein Kuckuck rief in der Ferne.
   Nach einer halben Stunde war der Rücken an der Reihe. In Bauchlage kann man nebenbei wunderschön die Lebewesen im Wasser beobachten, besonders verschiedene Arten von Kleinkrebsen - besser bekannt als Wasserflöhe - aber auch gaukelnde rote Süßwassermilben. Sind Pflanzen vorhanden, leben darin Lungen- und Kiemenschnecken, Köcherfliegenlarven, Wasserkäfer, Libellenlarven, Stabwanzen und vieles andere mehr. An der Oberfläche tummeln sich Rückenschwimmer und Wasserläufer. Nach längerem Liegen finden sich auch die Fische wieder ein. Wie gesagt - es war Laichzeit, und auch hier plätscherte es ringsherum im Uferbereich. Das wusste natürlich auch der Fischotter. Er ließ sich mir gegenüber ins Wasser gleiten und frühstückte erstmal ausgiebig. Dazu brauchte er nur dicht an den überhängenden Grasbüscheln entlangzuschwimmen. Die Fische - meist Plötze und Rotfedern - standen im flachen Wasser geradezu maulgerecht. Ohne viel Mühe war er nach kurzer Zeit gesättigt. Aber irgendetwas hatte er gemerkt. Neugierig, wie Fischotter so sind, schwamm er zur Einstiegsstelle zurück, kletterte aus dem Wasser und stellte sich auf die höchste Grasbülte. Er stellte sich tatsächlich mehrmals wie ein Hund, der Männchen macht. Angestrengt versuchte er zu erfassen, was da in seinem Revier lag. Dabei stand er ungefähr zehn Meter von mir entfernt. Anscheinend war er mit dem, was er von Land aus erkennen konnte, nicht zufrieden. Er glitt wieder in´s Wasser und schwamm auf mich zu. Im Abstand von nur drei Metern umkreiste er mich. Dabei fauchte er wie eine Katze. Hinter meinen Füßen drehte der Otter um und zog wieder im gleichen Abstand fauchend einen Halbkreis um´s Boot. Diesmal hatte er wohl genug erkundet, denn er verschwand auf Nimmerwiedersehn im dichten Gewirr von Wurzeln, Ästen und kleinen Tümpeln. Die ganze Zeit hatte ich nicht mal gewagt, den Kopf zu drehen. Endlich konnte ich mich wieder bewegen.
   Nach einer halben Stunde hatte auch der Rücken seine Anfangsdosis abbekommen. Für den Rest des Tages brauchte ich ein schattiges Plätzchen. Beim Losbinden der Leinen sah ich am gegenüberliegenden Ufer - der Kanal ist dort höchstens acht Meter breit - einen kleinen Vogel. Der Ast, auf dem er saß, ragte in einer Höhe von 50 cm ein gutes Stück über die Wasseroberfläche. Plötzlich schoß ein Hecht im hohen Bogen aus dem Wasser, verfehlte den Vogel nur um 10 cm und fiel klatschend in sein Element zurück. Erschrocken flatterte der Vogel vom Ast. Natürlich weiß ich, dass man von unten durch die glatte Oberfläche hervorragend sehen kann, habe ich doch selbst solche Filmaufnahmen gemacht. Trotzdem hatte ich vorher nie davon gehört, dass Hechte auch außerhalb des Wassers jagen. Fragt man allerdings einen Angler danach, haben sie das alle schon mal gesehen.
   Erfreut über diese seltenen Beobachtungen ruderte ich auf dem Kanal wieder zurück. Für den Nachmittag fand ich dann auch mein schattiges Plätzchen.