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Das Malchiner Tor

 

Wolfgang Schimmel

 

 

   Am Stadtausgang in Richtung Malchin befand sich früher ein Tor. Es wird bereits im alten Stadtbuch 1414 erwähnt: "buten dem Malchinschen dore". Im 30jährigen Krieg wurde es stark beschädigt und mußte ausgebessert werden. In Schriftstücken wird das Tor mehrfach erwähnt: "Malchinsches Thor" (1640), "bey der Mauer am Malchinschen Thor" und "vor den Malchinschen dohr hinter den scheünen" (1694) sowie "vor den Malchinschen Thor am dam" (1775).
   Bei Straßenarbeiten sind im Oktober 2012 die großen Fundamentsteine im Erdreich entdeckt worden und so ist der genaue Standort des Tores belegt. 

   Die Grundlage für nebenstehende Zeichnung ist die Karte der Neukalener Feldmark von 1727. Als Torwärterhaus diente zu dieser Zeit das im April 2008 abgerissene Wohnhaus Straße des Friedens 22.

 

um 1727

 

um 1727

 

 

   Über das Aussehen des ursprünglichen Tores ist leider nichts bekannt, es muß aber ein stattliches und hohes Gebäude gewesen sein. Als es 1782 dem Einsturz nahe war, riß man den oberen Teil ab und setzte das Dach tiefer, wobei der untere Bereich stehen blieb, wie das folgende Protokoll aussagt:
   "Actum zu Nkalden in Curia, den 27ten Maji 1782.
   Als das Malchinsche Thor seit einigen Jahren so sehr wandelbahr geworden, daß zu deßen Erhaltung eine sehr große Reparatur unverzüglich erforderlich war, deßen äußerst schlechte Beschaffenheit aber sich an der Seite, an welcher unmittelbahr des Schneiders Hinr. Stüdemanns Wohnhaus, so itzt niedergerißen worden, gestanden, vorzüglich gezeiget hat, daß es fast nicht zu vermuthen stehet, daß dieses alte Massive, über die Maaße hohes Gebäude, durch eine Reparatur in solchem Stande länger erhalten werden könne, sondern fast unbezweifelnd deßen Einsturz befürchten werden müße, und dann auch die auf die Reparatur verwandte Kosten unnütz seyn würden; so wurde zur Abwendung des wegen eines etwanigen Einsturzes unumgänglich zu besorgenden Unglücks, solches heute in Berathschlagung gezogen, wie und auf was Art das Thor wiederum in einen sichern Zustand zu setzen und alle Gefahr abzuwenden sey, welches itzt um so nothwendiger und bequemer sey, da Stüdemanns Haus niederläge, über deßen Haus - Stelle also im Nothfall die Passage gehen und man auch an dieser Seite dem Thor um so beßer beykommen könnte.
   Worauf also einmüthig beschloßen wurde, daß das Thor so weit, als es nothwendig, abgenommen, sodann ordentlich befestiget und das Sparwerk alsdenn wiederum aufgesetzt werden könnte, und zu allen diesen ungesäumt, indem Stüdemann seinen Hausbau darnach aufhalten Anstalt und zwar auf die bestmöglichste Art gemacht werden müste, da ohnedem daran schon aus Noth einige Pfeiler angemacht, das gantze Mauerwerk geborsten und, da das Mauerwerk wegen der großen Höhe sich nicht tragen könnte, alle Reparatur vergeblich seyn würde.
   Womit gegenwärtiges Protocoll geschloßen wurde
   Act ut supra
   JCBischoff B. Bremer
   Engell J. C. Dammann
   Johan Conrath Joachim Stüdemann
   Johan Müller Christian Steffen
   Johann Sontag"

 

   Die beschlossenen Baumaßnahmen wurden kurzfristig ausgeführt. Die abgenommenen Dach- und Mauersteine verkaufte der Magistrat an 20 Bürger. Das Tor muß ursprünglich recht groß gewesen sein, da die Fastnachtrechnung für 1782 insgesamt immerhin 2925 Dachsteine und 24750 Mauersteine aufweist, deren Verkauf der Stadtkasse 142 Rthlr. 47 Schilling einbrachte. 1789 verkaufte die Stadt noch einmal eine erhebliche Anzahl Ziegelsteine vom Malchiner Tor.
   1784 wurde ein neues Torschreiberhaus gebaut, heute: Haus Ringstraße 1 (siehe Zeichnung "bis1809").

 

bis 1809

 

bis 1809

 

 

   1809 waren die Stadtoberen mit dem Zustand und dem Standort des alten Tores nicht mehr zufrieden:

   "Actum Nienkalden in consessu Senatus den 20sten Januar 1809 in Gegenwart
des Herrn Bürgermeisters Wachenhusen,
des Herrn Senatoris Doctoris Carow,
des Herrn Senatoris Dolberg
und in Beyseyn
der beyden Stadtsprecher Clasen und Stüdemann
der Viertelsleute Jacob Zarpentin, Dan. Lübcke, Rudolph Fischer und Joh. Anders.
der Cämmerey - Bürger Friedr. Bremer und Johann Rost
der Ausschußbürger Joach. Krüger, Hinr. Kasch, Jacob Busch und Hinr. Sontag
et mei subscripti
   In der heutigen Versammlung wurden Magistratswegen folgende Puncte zur Berathschlagung gebracht:
   1. sey bekanntlich das Malchinsche Thor dem Einsturz nahe und müsse sobald gelindere Jahreszeit es gestatte wegen der drohenden Gefahr abgebrochen werden, so wie es sich nun von selbst verstehe, daß an dessen Stelle ein neues zu erbauen seyn würde, so werden über diesen nothwendig bevorstehenden Bau, über die Bauart des neu zu errichtenden Thores und über den dazu erforderlichen Kosten das Nöthige zu beschliessen seyn.
   2. Da die bisherige ziemlich weite Entfernung der Thorwärter Bude von dem Thore nicht nur die Wartung dieses Thores sehr erschweret, sondern auch manche andere Unbequemlichkeiten für durch paßirende Reisende nach sich gezogen habe, überdies aber auch das bisherige Thorwärter Haus da es von 2 Etagen sey, seinem Zweck nicht entspreche, vielmehr die Wohnung eines Thorwärters ein so großes Gebäude auf keine Weise erfordere, mithin durch die Hergabe dieses mehr als nöthig großen Gebäudes die Stadt jährlich einen ansehnlichen Verlust erleide, so werde bey dieser Gelegenheit zugleich ein Beschluß darüber zu nehmen seyn ob man nicht das neue Thor weiter hinaus rücken, demnächst an beiden Seiten desselben neue Thorbuden erbauen und die bey den ältern Thorbuden demnächst verkaufen wolle. Hierdurch würde die Stadt nicht bloß den größeren Werth der beiden älteren Thorbuden, besonders der Thorwärter Wohnung profitiren, sondern auch noch überdies einige demnächst mit Vortheil verkaufende Bauplätze gewinnen, und ausserdem noch hinlänglichen Platz für zu erbauende neue Gefängnisse an denen es hier gänzlich mangle und für welche ohnedies ganz nothwendig ein Platz ausgemittelt werden müsse, übrig behalten.
   Wie nun der Magistrat diese wichtige Angelegenheit zur gemeinsamen Beschlußnahme vorstelle, so müsse er auch dabey bemerken, daß es zur Erreichung seines Endzwecks nothwendig seyn werde, die auf der Eingangs linker Hand des Thores belegenen der Stadt nicht gehörigen Plätze, nämlich den Garten der Stadtsprecher Wittwe Sontag und den sogenannten Organisten eigenthümlich zu acquiriren, welches wenigstens in Rücksicht des letzteren vielleicht sehr füglich durch eine Permutation geschehen könne."
   

   Zu diesen beiden Punkten wurde beschlossen:
   "ad 1) Da der Bau eines neuen Thores auf der nach Malchin hin, durchaus nothwendig sey, so wurde dieser Bau beschlossen, und der Herr Camerario Dr. Carow committirt, den Riß und Anschlag hiezu nächstens zur Genehmigung vorzulegen.
   ad 2) werde die weitere Hinausrückung dieses Thores nach der Landstraße hin, zu dem bereits angeführten Endzwecken wie auch demnächstige Bau 2er neuer Thorbuden und der Verkauf oder Vermiethung der beiden ältern Thorbuden beschlossen.

   Anlangend die eigenthümliche Acquisition der Gärten der Stadtsprecher Wittwe Sontag und des Herrn Pastors Walter werde Magistratswegen mit den genannten beiden Personen dieserhalb in Unterhandlung zu treten und wegen der eventuellen Acquisition des Organisten Gartens durch Permutation die nothwendige höchste Herzogliche Genehmigung einzuholen seyn."
   1809 wurde das alte Tor abgerissen. Schlosser Ehmler bezahlte für "altes Eysen von dem alten Malchinschen Thor" 5 Rthlr. 17 Schilling 3 Pfennig. Das Torschreiberhaus kaufte der Töpfer Paul für 600 Rthlr. Das andere zweistöckige Torwärterhaus an der Ecke zur Ringstraße kaufte Michaelis 1810 der Zimmermeister Pietsch.
   Ein neues Tor - etwas weiter aus der Stadt hinaus - wurde errichtet, dazu ein neues Torwärterhaus für den Torwärter Heiden (heute Straße des Friedens 15) und ein Mühlen- und Torschreiberhaus für den Mühlenschreiber Knoll (heute leerer Bauplatz Straße des Friedens 26). Siehe dazu Zeichnung "ab 1810". Das recht einfache, aber mit starken Pfeilern versehene Tor mußte 1852 beim Bau der Chaussee nach Malchin abgebrochen werden, da es den Verkehr behinderte.

 

ab 1810

 

ab 1810

 

 

 

Das nach dem großen Stadtbrand von 1676 errichtete alte Torschreiberhaus wurde im April 2008 auf Grund seiner Baufälligkeit abgerissen.

 

Das nach dem großen Stadtbrand von 1676 errichtete alte Torschreiberhaus wurde im April 2008 auf Grund seiner Baufälligkeit abgerissen.

 

Vielleicht hat das Malchiner Tor einmal so ausgesehen

 

Vielleicht hat das Malchiner Tor einmal so ausgesehen