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Briefe des Füsiliers Carl Soll 1870/71

 

 

Carl Johann Heinrich Soll

 

Carl Johann Heinrich Soll

 

geb. 25.12.1846 in Neukalen
gest. 7.6.1919 in Neukalen

 

Unterschrift Carl Soll


   Carl Johann Heinrich Soll erblickte am 25. Dezember 1846 in Neukalen als Sohn des Schuhmachermeisters Jacob Soll und dessen Frau Christiane, geb. Otto das Licht der Welt.
   Vom 20. Juli 1870 bis zum 16. Juni 1871 diente er als Füsilier in der mecklenburgischen Armee und nahm am deutsch - französischen Krieg teil. Seine Briefe aus dieser Zeit, welche er an seine Angehörigen in Neukalen sandte, blieben erhalten. Sie spiegeln sehr anschaulich seine Gefühle und Erlebnisse in der damaligen Zeit wieder.
   Am 6. Oktober 1876 heiratete der Schuhmacher Carl Soll die am 13. April 1855 geborene Ida Caroline Friederike Pietschmann, Tochter des Schmieds Johann Christoph Heinrich Pietschmann. Am 11. November 1877 erblickte ihr erstes Kind, Martha Johanna Christine, das Licht der Welt.
   Carl Soll wohnte im Haus seiner Schwiegereltern (heute Straße des Friedens 11). Er war unter anderem Mitglied der Feuerwehr (ab 1875), des Gesangvereins und des "Vereins zur Herbeischaffung für die Mittel eines Armen- und Krankenhauses"; auch als Stadtverordneter war er tätig; eine vielseitig interessierte Neukalener Persönlichkeit also. Ab 1878 war er Mitglied der Schützenzunft, von 1886 bis 1893 war er Leutnant und von 1893 bis zu seinem Tode am 7.6.1919 dann geachteter Ältermann der Schützenzunft.

 

Die Malchiner Straße um 1895

 

Die Malchiner Straße um 1895.
Hier wohnte Carl Soll in dem zweiten Haus rechts.

 

 

Seine Briefe:

 

   "Liebe Eltern!                 Hamburg d 24 Aug 1870

   Dieser Brief wird Euch vielleicht ganz anders interessiren wie der vorige, nemlich es (ist) jetzt wieder vieles nicht wahr was ich in den vorigen Brief geschrieben habe.
   Am letzten Dinstag nemlich hatten wir große Parade vor unsern Großherzog, da wurde uns vorgelesen daß wir hier bis jetzt zur Küstenbewachung gewesen wären, und jetzt - nah und jetzt gehts nach Frankreich, ja direckt nache Kriegsplatze, wir haben 60 Stunden auf der Eisenbahn zu fahren, und rücken nach jetziger Bestimmung am Sonnabend Abends 7 Uhr von hier aus, wo wir hin kommen? ob wir bei der Belagerung von Metz oder Straßburg, wissen wir noch nicht.
   Ja Alles dachte schon wir würden nichts von Kriege zu sehen kriegen, aber mit einmal kommts anders, der Großherzog soll bei den König viel darum ersucht haben, er möchte seine Mecklenburger ihn Tapferkeit auch mal probiren lassen, aber das Meiste, schrieben Sie heute noch in der Zeitung wäre gethan. Liebe Eltern, es kann nun eben so gut sein wie nicht das wir mit vorkommen, und daß ich, welches wir nicht hoffen wollen, auch bleiben kann, darum will ich Euch einen Aufschluß geben, wenn Ihr die Zeitung liest, worunter ich nach der Stufenfolge stehe, denn Briefe ist wohl mitunter für mich sehr beschwerlich schreiben zu können, ich werde von da natürlich immer schreiben, sobald sich irgend eine Gelegenheit dazu darbitet. Nun also bin ich zuerst unter:
Dem 9 Armee Chor   
der 17 Division
der 34 Brigade
dem 90 Regiment
dem 2 Battaillon
der 7 Compagnie
steht nun irgend eine Nummer von der Brigade oder dem Regiment in der Zeitung, welches vorgerückt ist oder was nun ist, so könnt Ihr nur nach dem Nummern der oben erwähnten sehen, und den wißt Ihr ob ich darunter bin.
   Nah, dies Alles schreibe ich nur darum, daß Ihr doch ohne mich wißt wo ich bin, übriegens kann man noch nicht wissen, ob wir noch einen Schuß thun. Schreiben braucht Ihr nun nicht eher wieder als bis ich einen anderen Brief geschriben habe, denn es trift mich hier doch nicht mehr.
   Lebt also, alle recht wohl, und denkt immer von 100 fallen durchschnittlich nur 4 - 6, was macht das nicht für Spaß als Sieger in Paris einzurücken, und nachher von da wieder in die Heimath.
   Also, auf Wiedersehen, grüßt Allen, Geschwister Tanten und Onkels, und Du liebe Mutter sei nur nicht so besorgt, es wird wohl Alles gut gehen.
   Ich schreibe wieder sobald ich kann und verbleibe als Euer gehorsamer Sohn Carl


   Liebe Eltern!                 Im Lager von Thuhl d 18 Sept 1870
   Den letzten Brief habe ich richtig erhalten, und daraus gesehen wie viele falsche Gerüchte doch in Mecklenburg herum gehen, wir Mecklenburger haben bis jetzt noch keine Verluste gehabt, als bis auf die 3te Compagnie des Grenadier - Regim. nah vor Metz auf Vorposten, da haben Sie ein Haus genommen vor der Festung, und dabei 9 Verwundete gekricht, aber nur leichte, und denn ist ferner von unserer Regiment 3 Komp. 1 Gefreiter, hier vor Thuhl erschossen, weil er sich zu hoch auf'n Berg gewagt hat vor der Festung, um da Wein zu flücken, ich habe Euch vieleicht noch nicht mitgetheilt daß wir Mecklburg. vor Metz weg sind, wir sind jetzt ungefähr 8 - 9 Meilen weiter rein nach Frankreich, vor einer Festung Thuhl, da liegen wir 1/2 Stunde von ab, die wird belagert, augenblicklich Abends 6 Uhr sind die Kanonire grade bei und bombardiren die Festung mit 24 Pfünder, ein fürchterliches Gekrache, auf 5 bis 700 Schritt sind wir bei Metz auch schon mit die Franzosen auseinander gewesen, so kurz vor'm Angriff, nemlich auf Vorposten.
   Was die Franzosen, die Einwohner hier anbetrifft, so sind Sie uns natürlich ärzfeindlich, und wollen imer nichts heraus geben, wir suchen uns aber immer was, und machen es Ihr verständlich von 1810, 11, 12 usw. wie sies gemacht haben bei uns, und denn wird zuweilen tüchtig aufgetreten, wenn wir das Recht dazu haben, sonst Wein giebt es hier genug und können oft so viel trinken wie wir wollen.
   Was das Unangenehmste ist, man kann sich nicht mit den Leuten hier verständigen, wenn Sies nun auch wissen was man haben will, sie stellen sich aber immer dumm an, sonst was die Haubtwörter sind als Brod Fleisch Wein usw. die können wir ja auch schon auf Französisch, es wird hier aber auch sehr hier auf Ordnung gehalten, wir sollen uns nichts nehmen hier, als das was wir zu beanspruchen haben, wenn die Franzosen bei uns wären die würden glaub ich dennoch ganz anders auftreten, als wir hier bei Ihnen.
   Was den Krieg anbetrifft, so ist die französische Armee ganz vernichtet, es sind jetzt nur noch die Festungen, und denn treiben sich noch viele Freischaaren herum, wenn das erst beseitigt ist, dann ist vieleicht Frieden, und wir kehren in unsere Garnison und Heimath zurück, wie lange das aber noch dauert, kann man nicht sagen, hoffendlich bald. Heute Nachmittag ziehen wir unser Battailon auf Vorposten vor Thuhl, da kann man immer nicht wissen, ob die Flinten da nicht in Bewegung gesetzt werden.
   H. Fischer, und K. Krüger habe ich jetzt auch schon getroffen sind alle noch gesund und munter, und leben wie Gott in Frankreich, grüßt allen recht herzlich von uns, grüßt auch Tante Schumann, und sagt Ihr dies, an Ihr auch noch einen Brief zu schreiben ist ja unnöthig, erstlich fehlt immer Zeit und Papier und zweitens kann ich Ihr auch nicht anders schreiben als hier drinn steht.
   Schreibt bald wieder, unter den herzlichsten Grüßen bin ich Euer gehors. Sohn Carl


   Liebe Eltern!                 Toul, d 28 Sept 1870
   Meinen letzten Brief schrieb ich auf Vorposten vor Toul, jetzt schreib ich diesen in der Caserne in Toul, den 23 krichten wir Befehl, daß den 24sten Toul gestürmt werden sollte, wenn dies geschehen wäre hätte noch mancher Mecklenburger ins Gras beißen müßen, aber es sollte wohl nicht sein, Nachmittags ungefähr 4 Uhr kam nach unseren Dorfe Blenod 1 Meile von Toul eine Ordonanz und brachte uns Order da Toul capitulirt hätte.
   Erstlich glaubten wir es noch nicht recht, nachher wie wir die Gewißheit krichten, war natürlich die Freude groß, am 24 Morgens rückten wir aus, und gegen Mittags 12 Uhr mit entfalteten Fahnen und klingendem Spiele in Toul ein. Die sämmtlichen Mecklenburger, unser Groherzog hielt am Markt, vor dem machten wir noch Vorbeimarsch, und mit Hurrah wurde er in Empfang genommen, er war sehr freundlich, darauf wurden wir einquartirt, die sämmtliche französische Besatzung gefangen weggeführt nach Deutschland zu, jetzt liegen wir nah bei Bürgern von Toul in Quartier, sie zittern vor uns was sie thun können und uns geben können, kriegen wir von Ihnen, sie haben aber nicht viel mehr, 6 Wochen eingeschlossen haben sie fast Alles verzehrt, wir sehn es auch alle ein, und sind Ihnen nichts zur Last was sie nicht können.
   Wir werden wohl bald hier von der Landwehr abgelöst werden und gehen denn vielleicht über Chalon nach Paris zu. So leicht ist Toul zwar auch nicht genommen 2 - 4 haben doch von uns Mecklenburger ihr Leben lassen müssen, und die auf Vorposten haben die Kugel und Granaten schön um die Ohren gesaust.
   Grüßt allen vielmal, auf ein anderes mal mehr, bis jetzt ist noch immer gesund und munter Euer gehors. Sohn Carl


   Liebe Eltern!                 Toul, d 26 Octob 1870
   Beifolgend schicke ich Euch eine kleine Ansicht von Toul, die große Kirche die Ihr da seht ist die schönste Kirche von Außen die ich je gesehen habe, im Hintergrund da die hohen Berge die Ihr da seht, da sind wir auf Vorposten gewesen bei der Belagerung. Hier unten rechts in der Ecke ist die Eisenbahn, und davor ist so abgehauenes Gehölz welches vom Feind vor der Belagerung abgehauen ist, dies Bild ist nemlich nach der Belagerung erst photographirt.
   Wir sind noch immer hier, jetzt schon über 4 Wochen, es heißt jetzt wieder daß wir binnen 4 oder 5 Tagen fort sollen nach Paris zu unserem Regiment, wir fühlen uns schon ganz einheimisch hier, wir sind vorgestern umquartirt bei Andern Bürgern, nach meiner alten Stelle wo ich 4 Wochen gewesen bin, gehe ich jeden Abend hin zum Besuch, denn tags schustere ich noch immer in der Caserne, die Leute freuen sich wenn ich komme, gestern war hier als am 25 October großes Schusterfest bei den Touler Schuster, ich bin ja auch bei einem Schuster gewesen, wurde zu gestern Abend natürlich auch bei Ihnen eingeladen, da haben wir denn tüchtig gegessen und Wein getrunken, nach der Tafel wurde gesungen, natürlich französisch, welches wir nicht verstanden, darauf sangen wir denn ich und mein Kamerad ein deutsches Lied, das beste dabei ist noch das wir da im Hause auch bei uns einen jungen Mann hatten der deutsch sprechen konnte, der dint uns nun immer als Dollmetscher.
   Die Haubtwörter für uns im französischen haben wir auch schon ein bischen gelernt, und so geht es denn ganz gut, ich denke noch immer dran, wie Großmutter uns noch oft davon sagte, als die Franzosen da gewesen sind, einzelne französische Sätze und Wörter wie z. B. Besemakü, was das heißt werdet Ihr wohl alle wissen, sonst fragt man Großmutter. Das hörte ich denn auch mal von einen Franzosen sagen, den zeigte ich denn was das war, da wunderte er sich, und lachte.
   Ach, wir spielen hier Karten zusammen, auch habe ich schon von dem jungen Mann und seiner Frau die deutsch sprechen können, Ihr Porträt erhalten, kurz die Mecklenburger sind hier nicht wie Fremde, sondern wie Freunde. Aber dennoch bei alledem sehnt man sich nach Frieden, wie schön es einem wohl vorkommt wenn alles Klein und Groß einem wieder mit das doch wohlklingende deutsch anredet, wäre die Zeit doch man erst da.
   Neues wißt Ihr vieleicht mehr vom Krieg wie ich. H. Anders hat mir auch geschrieben, er ist krank gewesen und hat im Lazareth zu Luneville gelegen, ist aber jetzt wieder besser, und geht wieder nach seinem Regiment nach Paris. Essen und Trinken ist hier gut, und schlafen kann ich auch lange genug und gut, also immer noch Euer bis jetzt munterer Carl


   Frau und Herr!                 Toul d. 1. November 1870
   Ich mache Ihnen gut Compliemente, Sie haben einen höflichen und sehr gut erzogenen jungen Menschen, er kommt fast jeden Abend bei uns um eine Partie Karten zu machen oder einige male Domino zu spielen. Sonntags essen wir zusammen, er ist sehr fröhlich und ich werde wünschen, daß der Krieg bald beendet sein wird nach welchen er bei uns bleiben kann, er arbeitet in Toul und wird viel Geld verdienen. Ich würde auch zufrieden sein, wenn er mich in seine Famielie einführen könnte, endlich das ich Bekanntschaft mit euch machen könnte und das ich mich in Frankreich aufnehme, wo der Wein wächst und nicht viel kostet, ich hoffe, daß das sich machen ließe und das ich euch einige Male sehen könnte, wenn euer Sohn euch ähnelt und denselben Carackter hat und mir erzählt, daß ihr unter die Augen habt und ich glaube, daß dieses was Soll mir erzählt von euch immer wahr ist, ihr seid gut wie er.
   Ihr werdet gefälligst gut sein, trotz dem ich euch nicht kenne um meine Freundschaft mit eurer Famielie zu machen in der Erwartung das ich euch sehe und das ich euch mit lebhafter Stimme sagen kann was ich von mich denke.

                                     Herr und Frau
   P.S. Wenn Ihr an Carl schreiben werdet habt die Güte und legt einkleines Wort für mich ein.


   Frau und Herr!                 Toul, den Isten November 1870
   Ich mache Ihnen viele Complimente - Sie haben einen recht edlen und sehr gut erzogenen jungen Mann, er kommt fast jeden Abend zu uns, eine Partie Karten oder Domino zu spielen, einige Male die W che essen wir zusammen zu Abend, er ist sehr heiter, und ich wünschte sehr, daß der Krieg beendigt sei, damit er könnte bei uns blei- ben. Er würde in Toul arbeiten und vieles Geld verdienen.
   Ich würde ebenfalls sehr zufrieden sein, wenn er mich in seine Familie einführen könnte, damit ich mit Ihnen Bekanntschaft machen könnte, und ich Sie nach Frankreich führte, wo der Wein so gut ist und so wenig kostet. Ich hoffe, daß sich dies werde machen lassen können, und da ich Sie werde einmal sehen können. Wenn Ihr Sohn Ihnen ähnlich ist und denselben Character hat, wie Sie, so scheint es mir, Sie vor Augen zu sehen, und ich glaube, daß das, was Soll mir täglich von Ihnen sagt, wahr ist - Sie sind gut wie er.
   Möchten Sie doch gefälligst, obgleich ich Sie nicht kenne, Ihrer Familie meine Freundschaft versichern in der Erwartung, daß ich Sie sehe, und daß ich Ihnen sagen könnte mit eigenem Munde das Gute, welches ich von Ihrem Herrn Sohne denke.
   Genehmigen Sie gütigst, lieber Herr und liebe Frau, die Versicherung meiner vollkommenen Hochachtung. Ernest Deléclusse

Nachschrift. Wenn Sie an Karl schreiben werden, so werden Sie die Güte haben, ein kleines Wort für mich beizulegen.


   Liebe Eltern!                 Toul den 3 Nov 1870.
   Ich weiß garnicht Ihr schreibt, ich schreibe zu wenig, Ihr müßt mir immer erst an das Schreiben erinnern, das ist nicht meine Meinung, ich denke ich schreibe sogar viel. Wann wir mal wiederkehren wissen wir alle noch nicht, ob es bald geschieht oder ob es noch lange dauert, das bleibt den Schicksal überlassen.
   Metz ist ja genommen, jetzt geht alles Militär von da nach Paris, aus Metz sind 173000 Mann 6000 Officire und 3 Marschälle zu Gefangenen gemacht und nach Deutschland transportirt, unter andern sind da noch erbeutet 400000 Casepot Gewehre und einen Eisenbahnzug voll lauter rohes Tuch, Metz ist das größte Waffenlager Frankreichs, nun das Metz genommen ist, einer von den Haubtpunkten Frankreichs so ist der Friede doch bald zu erwarten, jetzt sind hier durch Toul immer große Durchmärsche die von Metz nach Paris gehen denn hier geht die Eisenbahn vorbei und auch eine Landstraße hin nach Paris.
   Ihr schreibt mir ob Ihr mein Zeug schicken lassen sollt von Berghauer, ich denke es steht da einstweilen noch so gut wie bei Euch, ich weiß noch nicht wie es noch kommt, wenn Ihr es schicken lassen sollt, denn werde ich schreiben, Berghauer hat mir auch hier schon mal geschrieben, und bemerkt, das meine Sachen gut aufbewahrt würden.
   Louischen hat sich also auch von Hause gewagt, das hätte ich nicht geglaubt, und Auguste kann mir von Ullickenhof aus, ja gut in Wismar mit empfangen, das schreibt Ihr mal hin, den der Einzug in Wismar mal, wird doch hoffendlich fidel hergehen, und denn wollte ich in den vorigen Brief schon schreiben, Ihr sollt mir schreiben, ob Wilhelm noch bei Berner in Dresden ist, ich wollte auch mal an Ihn schreiben.
   Der Friedrich hat wohl bei seiner Kriegführung den Franzosen gemacht, und ist als Verwundeter aus der Schlacht heimgekehrt, ja der Friedrich, es ist wohl noch immer derjenige welcher nichts als Unsinn macht.
   Schreibt bald mal wieder, Grüßt allen, und denkt nicht ach Gott wies dem Carl wohl geht, den Augenblick wenn Ihr das denkt sitze ich vieleicht bei einer Flasche Wein rauche meine Cigarre und singe mit meinen Kameraden ein fröhliches Lied, also noch immer
   Euer gehors. Sohn Carl

 
   Liebe Eltern!                 Toul, d 16 Nov. 1870.
   Ich habe zwar die beiden letzten Briefe noch nicht beantwortet gekricht, aber ich muß Euch dennoch mittheilen daß wir jetzt unsere französische Festung verlassen müssen, es hat wohl schon 10 mal geheißen: so jetzt gehts fort aus Toul aber immer noch nicht, aber jetzt ist es mal wahr, denn die Landwehr ist hier bereits schon eingetroffen die uns ablösen soll, wir gehen jetzt wieder zu unsern Landsleuten nach unserm Regiment, wo wir hin finden und wann ? wissen wir noch nicht, denn unsere ganzen Mecklenburger sind von Paris abmarschirt, und wieder immer weiter hinein in Frankreich, wir haben diese 8 Wochen hier in Toul, ein ruhiges und gemüthliches Leben geführt, aber jetzt heißt es auch mal für uns wieder: Es ist Krieg! aber bei alle dem ist jetzt doch an geschlagen werden nicht zu denken, die active regulere Armee Frankreichs ist in Deutschland als Gefangene, wir haben hier nur noch mit Mobilgarden auf deutsch Ersatz Soldaten, und Freischaaren zu thun; wenn Paris nur erst unser ist, so denke ich hat die ganze Geschichte ein Ende, wir werden wahrscheinlich von hier aus noch 2 Tage erst weiter mit der Bahn befördert, und dann weiter marschiren, birokiren thun wir jetzt noch sehr sehr selten; Paris ist ungefähr 30 Meilen von hier fernt, da gehts zuerst drauf zu, und dann weiter.
   Was die Leute hier in Toul anbetrifft, so dauern sie sehr darüber das wir fort gehen, sie wissen jetzt daß Sie Preusische Landwehr wieder kriegen, und Preußen sind Sie überhaubt sehr feindlich: Nixs Prüs Mecklenburger bon (gut) sagen sie, kurz ich weiß bestimmt, das Jahre lang die Mecklenburger bei den Toulern in guter Erinnerung bleiben.
   Das einliegende französische Schreiben ist von meinen Wirth den Conditor hier, Ihr sollt den Brief mal lesen lassen von einem der da französisch kann, er wollte ja gerne mal einen kleinen Brief bei mir mit einlegen an Euch, und ich habe Ihn darum das Vergnügen gemacht und es eingelegt, der Inhalt ist ungefähr der: Ich besuche ihn fast jeden Abend, wir spielen Karten oder andere Spiele zusammen, Sonntags Abends esse ich bei Ihm Abenbrod schöne Torten und trinke schönen Wein, wenn der Krieg vorbei ist soll ich hier her kommen nach Toul und hier arbeiten, ich verdine hier viel Geld oder er will nach Mecklenburg mit kommen und da arbeiten, denn die Franzosen sind durchschnittlich alle schlecht, und dann ist er neugirig meine Eltern und Geschwister kennen zu lernen, und dann läßt er grüßen: daß ist ungefähr der Inhalt des Briefes.
   Auch meine Photograchie habe ich dabei eingelegt, ich habe mich photograhpiren lassen müssen um des Conditors Willen, denn ich habe seine Photographie, und nun bat er mich jedes Mal wenn ich bei ihm war, ihm doch mein Bild zu schenken.
   Lebt denn alle recht munter, wo ich jetzt den ersten Brief jetzt herschreibe weiß ich noch nicht, Grüßt allen recht herzlich von Euren gehors. Sohn Carl

 

   Liebe Eltern!                 Orleans, d 7 Decmb 70.
   Ich weiß nicht ob Ihr die letzte Karte von Vitri aus gekricht habt, das wir auf dem Marsche sind nach unserm Regiment wißt Ihr doch vieleicht durch den Brief aus Toul, wir sind jetzt hier heute in Orleans, nach 18 Marschtagen angekommen, ungefähr einige 50 Meilen von Toul aus weiter hinein in Frankreich, ich bin noch gesund und munter, habe den Marsch ganz gut mitdurch gemacht, wir sind marschirt bis 3 Meilen vor Paris, und da sind wir die Straße südwärds nach hier eingeschlagen, Orleans ist eine Stadt beinah wie Hamburg.
   Liebe Eltern wir, nemlich unser Battailon wir können wirklich von Glück sagen, ich weiß nicht ob Ihr schon gehört habt von dem großen Gefecht hier bei Orleans unsere sämmtlichen Mecklenburger Truppen sind hier im Gefecht gewesen viele Compagnien haben große Verluste gehabt, noch haben wir unser Regiment und unsere Landsleute nicht wieder gefaßt, wir rückten hier um 2 Uhr ein, und unsere Landsleute sind heute Morgen von hier wieder ausgerückt, wir folgen Ihr natürlich morgen früh auf dem Fuße nach, aber wir haben hier von einigen zurückgebliebenen Verwundten so einigermaßen die ganze Nachricht von den Gefecht erhalten, im Gefecht sind fast alle Meklenburger gewesen natürlich auch einen herlichen Sieg erfochten, die Franzosen sind geschlagen hier fürchterlich das ganze Heer ist auseinander gesprengt, die deutsche Armee wird bald ganz Frankreich überschwommen haben, der Friede meint fast jeder ist bald da, wollte Gott, ob nun von den Neukalner welche, und wieviel, und wer gefallen ist kann ich Euch noch nicht schreiben, ich denke so eben an A. Kühl, das Jäger Battailon hat stark gelitten, ob er lebt, nah sobald wir unsere Landsleute gefaßt haben, ist das Erste das ich mir nach den Neukalnern erkundige, wollte Gott die wären auch noch alle so gesund und munter wie ich, sagt A. Kühl seine Mutter nur noch nichts davon. Das Schlachtfeld hier bei Orleans sieht fürchterlich aus, todte Franzosen liegen hier noch haufenweise unbeerdigt auf dem Felde, unsere Gefallenen sind beerdigt, viele viele todte Pferde. Waffenröcke, Tornister, Säbel, Gewäre, alles liegt hier auf dem Felde haufenweise rum, ganze Dörfer liegen in Asche, keine Seele trifft man darin, wir wurden darin einquartirt, das Haus was unser, es ist ein wahrer Jammer hier.
   Wie es heißt geht unsere Division nach Tours, wo die französische Regierung ist, wir folgen natürlich hier sind wir fertig mit den Franzosen.
   Ich werde sobald ich kann mal wieder schreiben, sobald ich genaue Nachricht habe von unsern Landsleuten, jetzt 6 Uhr Abends will ich mich Orleans noch mal genau ansehen, lebt wohl grüßt alle, auf baldiges Wiedersehen hofft Euer gehors. Sohn Carl

 
   Liebe Eltern!                 Bonneval, d 24 Dec 1870
   Seid den letzten Brief den Ihr doch wahrscheinlich aus Orleans gekricht habt hat sich vieles bei (uns) zugetragen; ich will Euch in Kurzen unsere ganze Erlebnisse mittheilen. Am 8ten Dec. Morgens 8 Uhr rückten wir aus Orleans um nach unsern Regiment zu gelangen nach ungefähr 2 Stündigen Marsch, hörten wir schon schießen, und um 1 Uhr kamen wir beim Regiment, welches im scharfen Gefecht war, wir als frische Truppen wurden nun gleich auch vorgeschoben zur Hülfe, um 2 Uhr standen wir in den größten Kugelregen, eine Kanonade fürchterlich, kurz wir haben geschlagen so gut wir konnten, wir haben den Feind doch zurückgeschlagen, mit zwar schweren Verlusten, rechts vnd lings fielen meine Kameraden neben mich, vnsere Compagnie hat im Ganzen 23 Mann verloren, 6 Todte und 17 Verwundte, das Battailon 105 Mann also schon zimlich stark, was mich anbetrifft so bin ich so richtig wie man sagt mit einem blauen Auge davon gekommen, aber mann richtig blau Auge einen kleinen Streifschuß so eben am Auge vorbei, im Augenliede, es war erst sehr schlimm, ist jetzt aber schon wieder geheilt und das Auge wieder so wie gewöhnlich, der Augapfel hat nichts gekricht; Stroenow der Schlächter aus Malchin, Mina kennt Ihn ganz genau, der ist auch gefallen, ebenso Rugenstein aus Neukalen, auch kann ich Euch mittheilen, wenn Ihrs noch nicht wißt, daß H. Fischer verwundet ist, aber wieder schon in Besserung, F. Gamm, A. Kühl, T. Ladendorf, C. Rothenhäuser, W. Krüger, C. Bachmann, L. Wege, W. Emler und ich, wir sind alle noch bis jetzt gesund und munter, wir haben uns vor einige Tage alle so zusammen getroffen; das Gefecht am 8ten war heiß, wir haben bis jetzt noch kein Treffen wieder gehabt 8 Tage waren wir im Gefecht, und den 16ten wurden wir abgelöst, weil wir zu anstrengende Strapazen gehabt, nicht wir unser Battailon wir kamen ja erst von Toul, sondern unsere ganze Division die hat sich ja schon seid den 20sten Nowember mit die Bande herumgeschlagen; unser Gefecht war 2 Meilen von Orleans bei der kleinen Stadt Bejanoe.
   Jetzt haben wir, ungefähr 6 Meilen von Feinde entfernt, Ruhtage und sollen wie es heißt nicht wieder hin, weil unsere Division stark gelitten, wir sollen wie es heißt nach Paris.
   Ja heute ist heiliger Abend, es schlägt eben 7 Uhr, die Jubelklappen fliegen vieleicht grade sehr in diesen Augenblick, und die Tannenbäume brennen herrlich bei Euch, ich denke so eben daran, aber bei Uns?? Nah, wenn grade keine Jubelklappen und Tannenbäume, so doch eine warme Stube bei dieser Kälte und Brod und Fleisch welches wir schon sehr entbehrt haben, wir feiern unser Weihnachten wenn wir erst wieder zu Hause kommen über kurz oder lang, ich arbeite morgen und übermorgen die Weihnachten eben so gut hier wie jeden andern, denn die Stiefel bei der Compagnie sind nach den vielen Märschen sehr kaput.
   Und morgen als am meinem Geburtstage, werde ich mich mit einem guten Bechfeck gratuliren ich habe mich heute so einem requerirt.
   Lebt also alle recht munter, ich gratulire alle zum neuen Jahre, und wollen hoffen das das neue Jahr uns Allen bald eine fröhliche Zeit die Zeit der Heimkehr bringt, bis dorthin bin ich wie immer Euer gehors. Sohn Carl

   Ich muß Euch dies Alles mal mündlich erzählen es ist schrecklich so ein Krieg. Schreibt doch bald mal wieder.


   Liebe Eltern!                 Alenzon d 18. 1. 1871.
   Der erste Brief im neuen Jahre aus Frankreich, ich habe schon lange mal einen Brief wieder schreiben wollen aber wir haben wieder eine Zeit gehabt eine schwere Zeit, vom 2. Januar an bis gestern haben wir uns wieder mit die verdammten Franzosen herum schlagen müssen, 6 Gefechte haben wir gehabt, wovon ich Gott sei Dank noch gesund und munter davon gekommen bin, und überhaupt wenig Verluste gehabt, ich kann Euch dies nicht Alles so schreiben, ich würde viele Bogen vollschreiben können, aber kurz wenn wir auch den Feind jetzt gänzlich geschlagen haben, so doch mit vielen Anstrengungen und Strapatzen, unsere 17te Division oder wie sie auch jetzt genannt wird - die Eiserne - hat sich jetzt wirklich berühmt gemacht.
   Wir sind hier jetzt in der sehr hübschen Stadt Alenzon eine Stadt ungefähr wie Rostock seid gestern einquartirt. Ich mit meiner Corporalschaft wir bewohnen das Haus eines französischen Officirs der gefangen in Deutschland ist, aber ich kann sagen so fein und nobel habe ich noch nicht logirt, feine Teppiche in der Stube große Sophas und Lehnstühle mit rothem Sammt überzogen, Spiegel vom Fuboden bis zur Decke, feine Betten kurz Alles aufs Feinste was zur Bequemlichkeit dienen kann, in diesen Zimmern machen die deutschen Truppen es sich gemütlich; der Feind ist auf der Flucht und uns gänzlich verschwunden, wie lange wir nun noch hier bleiben wissen wir auch nicht, es lauert jetzt Alles auf die Capitulation von Paris, wenn Paris fällt, dann ist doch gewiß Alles vorbei, und wie es heißt soll es jetzt im Schwanken stehn, nah wir wollen hoffen bald, das wir den lieben deutschen Boden wieder unter unseren Füßen kriegen, und uns ein deutsches Wort wieder freundlich entgegen tönt, denn hier hat man nichts freundliches als nur von seine eigenen Kameraden.
   Ihr habt mir nun noch bemerkt das Ihr meint ich kriege die Briefe von Euch nicht Alle, ich denke es das ich sie alle gekricht habe, den vom 2ten Januar habe ich soeben erhalten und auch daraus ersehen wie Mina sich ammüsirt hat auf den Neujahrs Ball, ich glaube doch das die Tänzer noch so sehr nicht entbehrt werden, es sind noch viele junge Leute da.
   Nun schreibt mir sogleich wieder, und denn viel Neues aus Neukalen od. Mecklenburg denn ein Brief ist das Einzigste, man kann sagen was einen jetzt Vergnügen macht.
   Grüßt Allen Verwandten u. Bekannte auch Tante Schumann, und sagt Ihr ich hiel die Ohren noch immer steif, ich werde sobald sich die Gelegenheit paßt wieder schreiben, meine Kameraden schlafen schon es ist 10 Uhr ich will mich auch hinlegen, denn der Schlaf thut uns jetzt so gut wie ein Stück Brod, nun gute Nacht, auf baldiges Wiedersehen verbleibe ich Euer gehors. Sohn Carl
   (Witterung)
   Vielen Schnee, jetzt aber nach anhaltenden Thauwetter, es giebt viele nasse Füße, Stiefel kaputt, natürlich nicht meine, es sollen auch Weihnachtsgeschenke für uns am 16 Decemb. schon aus der Garnison abgeschickt sein, aber bis jetzt haben wir noch keine.
   Wein genug, Kartoffel knapp, Schnapps knapp, Brod und Fleisch kriegen wir geliefert, Hungern brauchen wir nicht. D. V.

 

   Liebe Eltern! Rouen, d 22 Febr 1871.
   Euren Brief vom 5 Febr habe ich richtig erhalten und daraus ersehen, das Ihr noch ein Bischen in Bangigkeit um mich seid, wir sind zwar am 19 Febr. aus Alenzon, haben aber seiddem keinen Feind mehr getroffen nur das 3te Battailon und die Compagnie die der Leutenand führt hat ein kleines Gefecht gehabt; von H. Fischer habt Ihr mir geschrieben, ich hätte schon in den vorigen Brief Euch die traurige Nachricht von seinem Tode bringen können, aber ich mochte es nicht, und dachte Tante würde es vieleicht bald selbst gewiß erfahren, jetzt aber da Ihr mir davon schreibt will ich Euch auch mittheilen, da ich von seiner Schwadron seine Kameraden gefragt habe, und die mir geantwortet haben, daß er schon am Ende December in Le Ferte an seinen Wunden gestorben ist, es hat mir schmerzlich betrübt, seine Kameraden die neben Ihm geritten haben haben mir die ganze Sache seiner Verwundung erzählt, aber Du lieber Gott, es giebt ja so vielen Jammer und Elend in diesen Krieg, was soll man dabei machen, er und noch 2 Mann sind als Spitze hineingeritten in einer Stadt, kriegen dabei, welches so oft geschehen ist aus den Häusern Feuer, und Heinrich wird im Unterleib schwer verwundet, reitet aber noch zurück, kommt bei seiner Schwadron und wird darauf ein Bischen verbunden und ins Lazareth nach Le Ferte gebracht, wo er dann nach einigen Tagen gestorben ist.
   Jetzt ist ja Waffenstillstand und hoffendlich auch gleich darauf der Friede, ja wahrscheinlich ist es schon, denn hier in Rouen wird Alles schon so zum Frieden geordnet, die Bahnen werden in Ordnung gemacht, der Handel nimmt hier schon wieder seinen Anfang, wir haben es hier jetzt ganz gut, wir sind hier bei den Bürgern mit Verpflegung einquartirt, Rouen ist eine Stadt, beinah wie Hamburg, eine wunderschöne Stadt hier können nun die Truppen nach die vielen Strapatzen sich wieder ein bischen pflegen, wir haben jetzt auch fast alle neue Mondirung gekricht, und auch fast jeder eine Kiste (Liebesgabe) darin ist, 1 Dutz Zigarren, 1 Stück Seife, 1 Pfeife, 1 Pfund Taback, 1 Licht, 1 Schachtel mit Streichhölzer, und eine Flasche mit Conjack und dabei liegt ein Zettelchen mit verschiedenen Verschen, auf meinen Zettel steht: Du hast die Franzosen tüchtig ge- schlagen. Drum labe auch Deinen schwachen Magen, und so verschiedene Verse, es ist doch eine kleine Freude, man weiß doch es kommt aus Mecklenburg.
   Das August Stein seine Frau gestorben ist, hat mir sehr erstaunt gemacht.
   Und Wilhelm muß auch eintreten, vieleicht in sächsisches Regiment?
   Meine Kameraden auf dem Bilde leben noch alle 3 sind ja auch man hier in Frankreich.
   Den Brachsen könnt Ihr mir solange im Ofen stellen bis ich komme. sie werden vieleicht noch warm sein. Von den kleinen Franzosen, die so aufn Buckel umherlaufen, da werdet Ihr auch wohl schon von gehört haben, haben wir uns jetzt schon wieder ziemlich von gereinigt.
   Lebt also recht wohl, und schreibt mir bald mal wieder, grüßt allen von Euren gehorsamen Sohn Carl


   Liebe Eltern!                 Offecanville, d 28 Febr 1871
   Nun endlich ist bei Euch und so auch bei uns hier doch einigermaßen die Hoffnung auf Frieden zu machen, der Waffenstillstand ist immer und immer wieder verlängert, so lange bis endlich der Friede zu Stande gekommen ist, das heißt mit der Regierung in Paris die Truppen bleiben bis zum 12. März noch in Frankreich weil erst hingeschrieben ist nach der Regierung in Bordeaux ob die auch den Frieden bewilligt, also Gott sei Danck doch schon so weit, o das Kriegsleben hat schon jeder satt, nach Friede sehnt sich Alles, die Franzosen hier sind so sehr vergnügt, Alles freut sich jetzt zu Uns, statt falsche und feindliche Gesichter, sehen wir nun jetzt fröhliche.
   Wir liegen hier jetzt in einem zimlich großen Dorfe 1/2 Meile von der großen See, von wo man nach England rüber fährt, es ist auch eine halbe Meile von der Seestadt Duppe, wir liegen hier jetzt ganz ruhig, haben wenig Dienst, ich arbeite tächlich ein Bischen, denn es ist nur wenig zu thun, weil wir das ganze Regiment jeder 2 Paar neue Stiefel und auch einen ganzen Anzug nachgeschickt gekricht haben, unser Haubtmann der verwundet gewesen ist, ist jetzt auch wieder bei der Compagnie, der ist jetzt sehr gut jetzt gegen uns, er lobt uns das wir uns tapfer gehalten haben.
   Neues weiß ich eben jetzt nicht mehr zu schreiben, ich werde sobald wir reisen wieder schreiben, den Brief von H. Stahl habe ich auch richtig erhalten, grüßt ihm und Tandte Schumann nur und sagt Ihr ich wäre noch immer munter, ich würde vieleicht bald persöhnlich erscheinen, H. Stahl schreibt mir von H. Fischer, ich glaube Ihr werdet den Brief jetzt wohl schon haben, worin ich das geschrieben habe was ich von Ihm weiß.
   Grüßt nun alle herzlich und schreibt mir bald mal wieder, heute Großherzogs - Geburtstag feiert Ihr vieleicht besser wie ich, nun auf baldiges Wiedersehen, verbleibe ich Euer gehors. Sohn Carl


   Liebe Eltern!                 Laon, d. 29 März 71.
   In dem letzten Briefe den ich Euch geschrieben habe, waren ich und wir alle in der festen Hoffnung pro Schiff oder Eisenbahn in die Heimath befördert zu werden, aber unsere Hoffnungen haben uns betrogen, wir marschiren jetzt immer feste weg der Grenze von Frankreich zu, unsere ganze 17 Division marschirt, und von diesen haben wir aber dennoch das beste Loos getroffen, denn wir sind nemlich als Besatzung bei der ganzen 17 Divisions Colonne kommandirt, das sind nemlich alle Courage Wagen, die die Traen fahren, und auf die Wagen können wir doch unsere Tornister legen, das erleichtert uns den Marsch um die Hälfte. Heute ist der 10te Tag das wir marschiren, das heißt aber jeden 4ten Tag ist Ruhetag. Heute sind wir dicht bei der Festung Laon, wo unser Prinz Wilhelm v. Mecklenburg ist verwundet worden, eine starke Festung oben auf einem Berge. Wie es nun heißt sollen wir in der noch 6 Meilen entfernten Stadt Rheims in der Bahn verladen werden, aber es wird jetzt viel gesprochen und gelogen, andere sagen wieder wir sollen bis nach Mainz in Deutschland marschiren, denn kommen wir aber zu Ostern gewiß nicht mehr zu Hause, viele Truppen marschiren noch garnicht, die liegen noch in den Städten wo wir durch gekommen sind.
   Wir müssen jetzt alles abwarten, und sehen wies wird, schreibt mir bald mal, wie denn eigentlich die Rede über uns da geht, wir marschiren jetzt alle Tage und wissen weiter von nichts. Grüßt allen recht herzlich, ich werde sobald ich mehr weiß wieder schreiben. Auf baldiges Wiedersehn verbleibe ich Euer Sohn Carl

 

 

   Liebe Eltern!                 Douzi bei Sedan 15.5.71.
   Den Brief mit Packet habe ich richtig erhalten, ich habe mich sehr viel gefreut dazu, erstlich zu der schönen Wurst, und auch zweitens zu dem hübschen Buche nebst Zeitungen, wie ich oben auf der Zeitung lese, schickt die mir der Recktor Billenberg. Dankt und grüßt Ihn vielmal von mir, aber mitbringen die Zeitungen wieder, o nein das geht wohl nicht, das Buch natürlich ja, das bringe ich Onkel F. Stein selbst wieder hin, aber die Dinger von Zeitungen sind das wieder mitbringen doch wirklich nicht werth, denn würde ich wenn ich noch einige Maale Zeitungen krichte, meinen Tornister bald voll kriegen, nur allein von Papier, also wenn Ihr mir jetzt mal was zu lesen wieder schickt solche Sachen, die ich nicht wieder mitzubringen brauche, denn das geht ja nicht, ich kann sie ja nicht transportieren, wie ich aber jetzt höre ist die Packetbeförderung wieder eingestellt, weshalb und warum weiß ich nicht, es geht hier stark in Rede das wir heimmarschiren diese Tage, wollte Gott, aber man kann jetzt garnichts glauben es wird zu viel geschnackt, sollte aber die Packetbeförderung zu Pfingsten wieder losgehn, und wir sind noch nicht zu Hause so möcht ich Euch bitten mir zu Pfingsten mal paar Dutzend gute Cigarren herzuschicken, denn hier sind fast keine zu kriegen, und die hier sind, sind so schlecht und so theuer, das man keine kauft, ich werde denn das Pfingstfest über mich an den blauen Dampf genügen lassen. Von Zeug schicken lassen, ist bei uns noch gar keine Rede. Ich habe mich über einiges Neues was Auguste mir schreibt, doch ein Bischen gewundert, z. B. mit A. Stein und C. Lange auch H. Lüder hat schon Hochzeit gehabt nah denn man immer zu.
   Von einer Braut in Toul kann garkeine Rede sein, ich möchte blos wissen wer den Schnack hat aufgebracht, ich habe da wohl sehr gute Bekannten gehabt, aber doch keine Braut, und denn noch dazu eine französische, nein wenn sich auch ein oder anderer Guter hier findet, im Durchschnitt ist das französische Volk zu schlecht.
   Lebt also recht wohl, schickt und schreibt so bald was geht auch viel Neues, grüßt allen recht herzlich ins gesammt von Euren gehors. Sohn Carl"


Annonce des Schusters Carl Soll

 

Annonce des Schusters Carl Soll aus dem "Neukalener Wochenblatt" vom 21.3.1909