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Die Molkerei in Neukalen

 

Wolfgang Schimmel

 

   Die Verarbeitung der Milch zu Butter, Käse oder Quark erfolgte ursprünglich von den Einwohnern selbst, da die Rohmilch nur begrenzt haltbar war. Bei vielen Einwohnern, besonders bei den Ackerbürgern und Handwerkern, standen Kühe im Stall, die im Sommer auf die Weide kamen. Wer diese Möglichkeit nicht hatte, bezog die Milch von einem Ackerbürger. Auf den Gütern der Umgebung waren Meiereien zur Milchverarbeitung eingerichtet, die ihre Produkte auch verkauften.

   Seitdem in Neukalen im 19. Jahrhundert die Einwohnerzahl gestiegen war und sich die Lebensverhältnisse verbesserten, war auch der Bedarf an haltbaren Lebensmittel größer geworden.

   Dem Beispiel anderer Städte folgend, wurde der Aufbau einer modernen Verarbeitungsstätte für Milch gefordert. Die Menschen wollten gesunde, ausreichende und preiswerte Nahrungsmittel. Die bäuerliche Milchverarbeitung auf den Höfen wurde aber immer problematischer. Hygienische Anforderungen, Sortimentsvielfalt und Vermarktung konnten kaum noch mit der althergebrachten Hauswirtschaft aufrechterhalten werden.

   Über die Initiative zur Gründung einer Molkerei - Genossenschaft in Neukalen erfahren wir im "Neukalener Wochenblatt" vom 5.4.1889:

   "Neukalen, 2. April. In der gestern Abend in Kähler´s Hotel zwecks Gründung einer Molkerei - Genossenschaft hier anberaumten Versammlung legte der Vorsitzende, Herr Senator Reinhardt, zunächst die Liste über die auf Grund der Bestimmung in der letzten Versammlung, wonach das Ministerium der für die Molkerei anzumeldenden Kühe für einen Besitzer 4 betragen sollte, bei ihm gemachten Anmeldungen vor, wonach die Zahl der von einigen benachbarten Erbpächtern und von hiesigen Bürgern gezeichneten Kühe 206 betrug. Da jedoch die zum Eintritt in die Molkereigenossenschaft geneigten anwesenden Herren Gutspächter mit dem in der letzten Versammlung gefaßten Beschlusse, 4 Kühe als niedrigste Anmeldezahl anzunehmen, nicht ein­verstanden waren, vielmehr eine Mindestzahl von 8 Kühen als Bedingung für ihren Eintritt aufstellten, demnach aber sämmtliche hiesige Anmeldungen unberücksichtigt bleiben müßten, auch eine Einigung trotz mehrfach gemachter Vorschläge nicht zu erreichen war, - so ging die Versammlung ohne Resultat auseinander. Für dies Mal ist also das Project wohl als gescheitert anzusehen."

    Im "Neukalener Wochenblatt" vom 10.4.1889 lesen wir:

   "Neukalen, 9. April. Es verlautet, daß, da die Gründung einer Genossenschafts - Molkerei sich vorläufig zerschlagen hat, die Anlage einer Privatmolkerei in den Speicherkellerräumen des C. Brandtschen Hauses geplant ist." [heute: Straße des Friedens 7]

 

   Einige Jahre später kam es dann aber zur Gründung einer Molkerei GmbH, die am 29.12.1897 in das Handelsregister Folio 21 unter Nr. 52 eingetragen wurde. Gesellschafter waren:

Oscar Kirchner, Gutspächter in Gülitz,

Ernst Deichmann, Gutspächter in Retzow,

Hartwig von Levetzow, Rittergutsbesitzer auf Lelkendorf und Carnitz,

Paul Mussaeus, Gutspächter in Schöncamp,

Alfred Viereck, Rittergutsbesitzer auf Schorrentin,

Wilhelm Stüdemann, Ackerbürger in Neukalen,

Heinrich Sonntag, Ackerbürger in Neukalen,

Ernst Seemann, Ackerbürger in Neukalen,

Georg Schönfeldt, Erbmühlenbesitzer in Neukalen,

Rudolf Brinkmann, Bäckermeister in Neukalen,

Wilhelm Seemann, Ackerbürger in Neukalen,

Wilhelm Mamerow, Ackerbürger in Neukalen,

Heinrich Zingelmann, Ackerbürger in Neukalen,

Carl Zingelmann, Ackerbürger in Neukalen,

Heinrich Gütschow, Ackerbürger in Neukalen,

Rudolf Fischer, Ackerbürger in Neukalen,

Heinrich Schefoth, Ackerbürger in Neukalen,

Fritz Krüger, Ackerbürger in Neukalen,

Fritz Voß, Büdner in Warsow,

Robert Zingelmann, Ackerbürger in Neukalen,

Eduard Blohm, Büdner in Warsow,

Fritz Schröder, Büdner in Warsow,

 

   "Gegenstand des Unternehmens ist nach § 2 des Vertrages die gemeinschaftliche Verwerthung der von den Mitgliedern in ihren Wirthschaften producirten Milch und Sahne auf bestmöglichste Weise. - Das Stammcapital beträgt 47 100 Mark und ist voll eingezahlt.

   Der Vorstand besteht aus den folgenden 6 Personen und führt als solcher die Geschäfte der Gesellschaft:

Kirchner, Oscar, Oeconomierath in Gülitz,

Ernst Deichmann, Gutspächter in Retzow,

Paul Mussaeus, Gutspächter in Schöncamp,

Gustav Weckmann, Inspector in Lelkendorf als Vertreter des Herrn Rittergutsbesitzers von Levetzow auf Lelkendorf,

Rudolf Brinkmann, Bäckermeister in Neukalen,

Paul Lindemann, Bürgermeister in Neukalen.

 

   Der Vorstand zeichnet verbindlich für die Gesellschaft, indem zu der Firma derselben die persönliche Namensunterschrift mindestens zweier Vorstandsmitglieder hinzugefügt wird.

   Neukalen, den 29. December 1897.

   Großherzogliches Amtsgericht."

 

   Zum Bau eines Molkereigebäudes kaufte die Molkerei GmbH Neukalen im April 1898 die Gärten mit den Nummern 102 a,b,c,d; 103 a,b und 104 a von Schuhmachermeister A. Stein, Ackersmann Fritz Zingelmann, Klempner Stein´sche Erben, Schlachterfrau Frieda Berger, geb. Heincke, Schuster W. Fehlhaber´sche Erben und Juliane Schröder, geb. Stein auf.

   Im Februar 1898 wurde mit dem Bau der Molkerei in den "Schüttlandsgärten" (westlich der Darguner Straße) begonnen, und bereits am 10.10.1898 konnte die Molkerei den Betrieb aufnehmen.

   Als erster Molkereiverwalter war Karl Friedrich Bernhardt Ludwig Ehlers (geb. 21.1.1871 in Bellin) bis 1936 hier tätig. Er kam am 3.8.1898 nach Neukalen.

   In den 1920er Jahren baute man ein Wohnhaus für den Molkereiverwalter an.

 

   Am 24.5.1905 wurde nördlich vom alten Schulgebäude auf der sogenannten Bleiche eine ab 1904 neu errichtete Molkerei in Betrieb genommen. Sie wurde von der "Molkerei-Genossenschaft e.G.m.b.H." erbaut und diente hauptsächlich den kleineren Bauern zur Abnahme der Milch. Im Volksmund bezeichnete man sie im Gegensatz zur anderen ("großen" oder "alten") Molkerei als "kleine" oder neue" Molkerei.

   Molkereiverwalter war zuerst Georg August Theodor Louis Schwarz, ab 1909 Franz Friedrich Johann Wilhelm Bauer (geb. 28.1.1883 in Dölitz, gest. 17.8.1960 in Dargun).

 

Annonce im "Neukalener Wochenblatt" vom 26.3.1905

 

Annonce im "Neukalener Wochenblatt" vom 26.3.1905

 

 

   Bei Eröffnung dieser Molkerei wurden Milch - Verkaufsstellen bei den Kaufleuten Rudolf Mamerow [Markt 19], Wilhelm Schröder [heute: Straße des Friedens 7] und Ernst Prestin [heute: Straße der Freundschaft 15] eingerichtet. Die Milch - Verkaufsstellen wechselten häufig. Als zum Beispiel der Kaufmann Erdmann Schwarz 1914 Konkurs machte, stand in der Zeitung:

   "Den Milchverkauf unserer Molkerei bei Kaufmann Schwarz haben wir an Frau Kaufmann Penzlin vergeben und bitten, so viel wie möglich die Milch am Abend vorher zu bestellen.

Molkerei - Genossenschaft."

 

Annonce im "Neukalener Tageblatt" vom 10.9.1914

 

Annonce im "Neukalener Tageblatt" vom 10.9.1914

 

 

   Wilhelm Martin Friedrich Maeting (geb. 27.4.1902 in Fienstorfer Mühle, gest. 21.10.1945 in Neukalen) arbeitete ab 4.8.1923 als Molkereigehilfe in Neukalen. Etwa ab 1924 fuhr er mit einem von Pferden gezogenen Milchwagen über die Dörfer und verkaufte Milchprodukte. Um 1936 eröffnete seine Frau, Pauline Maeting, geb. Schäfer (geb. 27.4.1904 in Salem, gest. 25.5.1988) am Markt ein Milchgeschäft. Auch nachdem das Milchgeschäft Ende der 1950er Jahre verstaatlicht wurde, leitete sie die HO - Verkaufstelle weiter. Sie ging Ende des Jahres 1968 in den Ruhestand; Frau Thimian übernahm am 2.1.1969 das Milchgeschäft.

 

Annonce im "Neukalener Tageblatt" vom 18.11.1928

 

Annonce im "Neukalener Tageblatt" vom 18.11.1928

 

 

Am 24.5.1930 feierte die Molkerei nördlich des Schulgebäudes ihr 25 jähriges Jubiläum.

 

Am 24.5.1930 feierte die Molkerei nördlich des Schulgebäudes ihr 25 jähriges Jubiläum. Auf der Rampe: rechts mit dunkler Mütze Franz Bauer und links mit weißer Mütze Fritz Oldenburg.

 

 

   Der Molkereiverwalter Karl Ehlers berichtete 1932, daß die Molkerei G.m.b.H. Neukalen täglich 200 bis 300 Liter Milch annimmt (alte Molkerei). Molkereiverwalter Franz Bauer gab für seine Molkerei (bei der Schule) als tägliche Milchabnahme ebenfalls 200 bis 300 Liter an. Im Vorstand der letztgenannten Molkerei waren damals die Landwirte H. Schlapmann und C. Gamm.

   In den 1930er Jahren ist die deutsche Milchwirtschaft grundlegend umstruktuiert worden. Aufgrund der sogenannten Argrarkartellierung wurden alle milchviehhaltenden Höfe dazu gezwungen, ihre Milch an eine bestimmte Molkerei innerhalb eines bestimmten Einzugsgebietes abzuliefern. Damit entfiel das traditionelle eigene Buttermachen im Butterfaß aus Holz. Die Kuhhaltung in Neukalen ging zurück. Bürgermeister Ziegler berichtete 1938: "Eine vorgenommene Nachprüfung hat ergeben, dass der Rückgang in der Kuhhaltung in Neukalen in der Hauptsache auf Einkuhhalter entfällt. Dies hängt einerseits damit zusammen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse sich gebessert haben, sodass viele Kuhhalter auf das Halten einer Kuh verzichten, da dies immerhin mit Mehrarbeit verbunden ist. Andererseits sind aber auch die Milchwirtschaftlichen Bestimmungen schuld an der Abschaffung von Kühen. Während in der Vergangenheit sich mancher Kuhhalter dadurch eine zusätzliche Einnahme verschaffen konnte, dass er Milch direkt an den Verbraucher verkaufte, ist ihm dies durch die jetzigen Bestimmungen unterbunden. Bei einer Lieferung der Milch an die Molkerei hat der betreffende Kuhhalter aber keinerlei Vorteil, sodass er überhaupt auf Kuhhaltung verzichtet. Im Interesse der Fettversorgung ist diese Entwicklung sehr bedauerlich, und es bleibt zu untersuchen, ob einer solchen Entwicklung nicht durch geeignete Massnahmen Einhalt getan werden kann."

   Als Karl Ehlers 1936 seine Berufstätigkeit beendete, wurden die beiden Neukalener Molkereien verwaltungsmäßig zusammengelegt und von Franz Bauer verwaltet. Zwei Molkereien waren nicht mehr notwendig. Die Molkerei beim Schulgebäude wurde bald stillgelegt und sollte verkauft werden. Nach dem Ende des II. Weltkrieges wurde das Gebäude als Entlausungsanstalt für die ankommenden Flüchtlinge (siehe folgenden Beitrag), für Arbeiten der "Neukalener Bauhütte" und als Annahmestelle der VEAB (Felle, Gemüse usw.) genutzt. Der obere Bereich war Wohnraum. Später gab es Vorstellungen, in den noch freien Räumen der Molkerei eine Warmwasserbadeanstalt für die Bevölkerung einzurichten. Der Rat der Stadt Neukalen erwarb das Gebäude. Die Rentner Paul Groth, August Wehring (beide Maurer), Rudolf Ivert (Zimmermann) und Gustav Ladwig (Klempner) bauten das ehemalige Molkereigebäude 1961 zu einem Kinderhort mit Schulküche und Speiseraum aus. Weiter wurde für den Schuldirektor mit seiner sechsköpfigen Familie eine moderne Vier-Zimmer-Wohnung im oberen Bereich des ehemaligen Molkereigebäudes ausgebaut. Am 18.12.1961 konnte das Objekt in Betrieb genommen werden. Der öffentliche Weg, welcher bis dahin zwischen der Molkerei und der Schule verlief, wurde um Kinderhort, Schulküche und Speiseraum herumgeleitet.

 

Schulhort (Juni 1979)

 

Schulhort (Juni 1979)

 

 

   Die Molkerei westlich der Darguner Straße war technisch auf einem guten Stand. Ab 1936 erfolgte nur noch hier die Milchannahme und die Produktion von Butter, Quark und Käse.

   Nach Ende des II. Weltkrieges gehörten die Molkereigenossenschaften in der DDR zur VdgB (Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe). Unter der Leitung von Franz Bauer und neun Mitarbeitern wurden aus Neukalen und 13 Gemeinden der Umgebung täglich 10 000 bis 15 000 Liter Milch angenommen (1954). Am Morgen standen die Pferdefuhrwerke in langer Schlange an der Rampe. Die Wartezeiten waren für die "Milchkutscher" zugleich auch Nachrichten- und Erfahrungsaustausch. Es war eine schwere Arbeit, die vollen Milchkannen in die Tanks auszukippen. Butter- und Magermilch gab es kostenlos zurück.

 

Fritz Oldenburg 1981

 

Fritz Oldenburg 1981

 

Fritz Oldenburg

 

Fritz Oldenburg

 

 

   Fritz Oldenburg (geb. 28.6.1911 in Dörgelin, gest. 2001) leitete etwa ab 1956 die Molkerei Neukalen. Bis 1963 wurde hier noch Butter, Quark, Sahne und auch Eis hergestellt. Als 1961 der Zusammenschluß von vier Molkereigenossenschaften zum VdgB Milchkombinat Dargun erfolgte, wurde in Neukalen die Milch nur noch angenommen, aufbereitet und dann in Tankfahrzeugen nach Dargun gefahren. Die Caseinherstellung lief noch einige Jahre weiter.

 

Die Molkerei 1959

 

Die Molkerei 1959

 

Die Molkerei 1977

 

Die Molkerei 1977

 

Die Molkerei westlich der Dargunerstraße im Juni 1979

 

Die Molkerei westlich der Dargunerstraße im Juni 1979

 

   Zum Einzugsgebiet der Molkerei Neukalen gehörten 1962 vier LPG des Typ III und 7 des Typ I. Sie lieferten z.B. im Februar 1962 täglich etwa 280 kg Milch an, das entsprach 6,3 kg pro Kuh. Die LPG “Bauernhand”, Neukalen, stand in der Milcherzeugung und -anlieferung an der Spitze. Ihr folgten die LPG “Neue Zeit”, Schorrentin, und “Einigkeit”, Schönkamp.

   1990 wurde auch die Milchannahme eingestellt. Milchtanker übernahmen nun die Anlieferung direkt aus den Ställen. Ende November 1991 mußte der hohe Schornstein aus Sicherheitsgründen abgerissen werden. Die Anlagen der Molkerei wurde ausgebaut. Jürgen Seemann erwarb das leerstehende Molkereigebäude und begann Wohnungen einzurichten. Er mußte aufgeben. Johann Schwäger aus Nürnberg ersteigerte das Gebäude von der Bank und hatte wohl auch Pläne für die weitere Nutzung. Am 10.3.2007 gab es im Anbau der ehemaligen Molkerei eine Gasexplosion. Der 43-jährige Besitzer kam dabei ums Leben. Seit dieser Zeit verfiel das Gebäude weiter, so daß es schließlich ab 12. September 2016 abgerissen wurde.

 

Das Molkereigebäude kurz vor dem Abriß (1)

 

Im Molkereigebäude kurz vor dem Abriß

 

Im Molkereigebäude kurz vor dem Abriß (2)

 

Im Molkereigebäude kurz vor dem Abriß

 

Im Molkereigebäude kurz vor dem Abriß (3)

 

Im Molkereigebäude kurz vor dem Abriß

 

Das Molkereigebäude kurz vor dem Abriß (1)

 

Am Molkereigebäude kurz vor dem Abriß

 

Das Molkereigebäude kurz vor dem Abriß

 

Das Molkereigebäude kurz vor dem Abriß

 

Abriß des alten Molkereigebäudes im September 2016

 

Abriß des alten Molkereigebäudes im September 2016

 

 

Zeitungsartikel in der "Freien Erde" vom 3.11.1981 von Christian Lerche aus dem VdgB Milchkombinat Dargun:

 

Als Fachmann über die Kreisgrenze geschätzt

 

Molkereimeister Fritz Oldenburg 70 Jahre

 

   Am 28. Juni 1981 vollendete Kollege Oldenburg aus Neukalen sein siebentes Lebensjahrzehnt. Gleichzeitig trat er nach 55-jähriger Berufstätigkeit in den wohlverdienten Ruhestand. Fritz Oldenburg ist als mit der Landwirtschaft eng verbundener Molkereifachmann über die Kreisgrenzen hinaus bekannt geworden. Sein Berufsleben und seine Verdienste verdienen es, nachgezeichnet zu werden.

   Als Sohn eines Arbeiters und späteren Kleinbauern in Dörgelin geboren, besuchte er die Grundschule bis zum Abschluß der 8. Klasse. Seine dreijährige Ausbildung zum Molkereigehilfen absolvierte er in der Molkereigenossenschaft Neukalen. In der Kleinstadt Neukalen gab es damals zwei Molkereien: die "Molkereigesellschaft" der Gutsbesitzer, Großbauern und Domänenpächter und bis 1936 die Molkereigenossenschaft der Bauern und Handwerker. Diese durch unterschiedliche Klasseninteressen geprägten sichtbaren Gegensätze formten auch das Bewußtsein Fritz Oldenburgs. Nach der demokratischen Entwicklung ab 1945 wurde er Mitbegründer der VdgB Molkereigenossenschaft Neukalen und wirkte aktiv bei der Verstaatlichung der Genossenschaftsanteile der Großgrundbesitzer mit. In den Molkereien Penzlin, Stavenhagen, Pasewalk und Seelow bei Bützow war Fritz Oldenburg über sieben Jahre als Gehilfe tätig, bevor er in der damaligen Molkereischule Güstrow seine Meisterprüfung ablegte. Nach Abschluß der Molkereischule arbeitete Kollege Oldenburg als Obermeister in der Molkerei Krakow am See und dann als Betriebsleiter in der Molkereigenossenschaft Gielow. 1947 bis 1970 war Fritz Oldenburg erst Betriebsleiter und nach dem 1961 erfolgten Zusammenschluß von vier Molkereigenossenschaften zum VdgB Milchkombinat Dargun Betriebsteilleiter der Molkerei Neukalen. Als die Molkerei Neukalen 1970 Nebenstelle wurde, arbeitete Fritz Oldenburg zwei Jahre im Milcherzeugerberatungsdienst mit. 1972 war das Molkereieinzugsgebiet Dargun zu 100 Prozent auf Rohmilchtransport mit Spezialmilchtankfahrzeugen umgestellt. Als 1972 die Molkerei Neukalen an die LPG Neukalen übergeben und als Milchsammelstelle eingerichtet wurde, ging Fritz Oldenburg nach Neukalen zurück, wurde Genossenschaftsbauer und bis zum 30. Juni 1981 Leiter dieser Milchsammelstelle. Die von ihm durchgesetzte Qualitätsselbstprüfung und -ausgangskontrolle der Rohmilch wurden beispielgebend für die LPG der Umgebung. Kollege Fritz Oldenburg hat viele Jahre ehrenamtlich im Vorstand der Molkereigenossenschaft, in der ABI und Volkssolidarität mitgearbeitet und wurde mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt."

 

 

 

Ein Bericht zur Molkerei Neukalen

 

Renate Warnitz

 

Nach dem zweiten Weltkrieg bestanden im Kreis Malchin die Molkereien Malchin, Gielow, Stavenhagen, Dargun und Neukalen. Sie wurden von der Milchvereinigung Neubrandenburg geleitet. Es waren Betriebe der Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB).

In diesen fünf Betrieben wurden folgende Produkte hergestellt:

Malchin: Vollmilch, Magermilch, Buttermilch, Tilsiter Käse, Roquefortkäse.

Gielow: Vollmilch, Magermilch, Buttermilch, Tilsiter Käse.

Stavenhagen: Vollmilch, Magermilch, Buttermilch, Butter, Sahne, Kondensmilch.

Dargun: Vollmilch, Magermilch, Butter, Sahne, Rohmilchzucker.

Neukalen: Vollmilch, Magermilch, Butter, Tilsiter Käse, Eis.

 

In Neukalen arbeitete als Leiter Herr Oldenburg, als Mitarbeiter Vera Werner, Frau Soltwisch, Frau Krüger, Herr Bauer, Frau Lübz, Frau Grambow (Büro) und Frau Henning (sie nahm Proben der Rohmilch und war verantwortlich für die Abrechnung der Qualität der Milch). Vom Bezirk kam Frau Marlow als Kontrolleur der Qualitätskontrolle in allen Betrieben.

Otto Koch fuhr zur damaligen Zeit mit seinem Pferdegespann das Milchgeschäft am Markt, den Konsum und HO - Geschäfte an. Die Landwirte konnten in allen Molkereien Käse und Butter beziehen.

Meine Ausbildung als Laborantin begann 1959 in Malchin. Antje Hopp - meine frühere Freundin - hatte mir erzählt, daß ein Laborlehrling gesucht wird. Ich ging von der 11. Klasse der EOS ab, da meine Mutter sehr krank war und uns das Geld fehlte. Ich wollte so gerne Lehrerin werden, aber da ich keine Jugendweihe hatte, ging dieser Wunsch nicht in Erfüllung.

Ich hatte einen strengen Lehrherren, von dem ich viel lernte. Wenn meine Labortätigkeit fertig war, half ich in der Produktion. Bei meinem Studium konnte ich diese Kenntnisse gut gebrauchen. Bis 1963 arbeitete ich als Laborantin in Malchin und besuchte ab September die Ingenieurschule für Milchwirtschaft in Halberstadt.

Antje Hopp war als Laborleiterin nach Dargun gegangen. Während dieser Zeit erfolgte die Zusammenlegung der Betriebe. Der Kreis Teterow wurde mit einbezogen, und es wurde ein Kombinat gebildet. Zur Molkerei Teterow gehörten die Sammelstellen Gnoien, Jördenstorf, Altkalen und Groß Wüstenfelde.

Als ich 1965 mein Studium beendet hatte, verließen Antje Hopp und Ute Oldenburg den Betrieb. Ich wurde als Labor- und TKO-Leiterin in der Molkerei Dargun eingesetzt. Durch die Kombinatsbildung wurde Herr Ahrend, der Buttermeister in Neukalen war, nach Dargun versetzt, und mein Freund Fred wurde nach Neukalen geholt. Fred übernahm die Tätigkeiten in Neukalen. Er nahm die Rohmilch an und stellte Kasein her. Oft sind wir sonntags zur Molkerei gegangen, um das Kasein zu überprüfen.

Herr Oldenburg, als Leiter der Molkerei, stand manchmal unter dem Schild "Rauchen verboten" und rauchte eine dicke Zigarre.

Landwirt Krüger aus der Dargunerstraße konnte von seinem Kuhstall aus sehen, wenn die Fettproben gezogen wurden. Als Fred beim Kannenauskippen die gelieferte Milch des Bauern sah, nahm er eine Probe und schickte sie mir, um die Untersuchung zu vollziehen. Die Milch hatte einen Wert von 1,5 % Fett und Werte einer Magermilch. Abgerechnet wurde seine Milch monatlich mit einem Fettgehalt von 6,5 %, eine normale Kuh gab Milch mit einem Fettgehalt von 4,5 %. Bei der Aussprache kam nicht viel heraus. Seine Begründung lautete, die Katzen hätten die Deckel der Kannen heruntergerissen und es hätte in die Kannen hineingeregnet. Eine Bestrafung erfolgte nicht.

 

 

Entlausungsanstalt in der alten Molkerei

 

Karl-Heinz Päplow

 

Eine hohe Konzentration von Flüchtlingen im Jahr 1945 in der Stadt Neukalen, schlechte Unterbringung, wenig Nahrung, keine hygienischen und sanitären Einrichtungen führte durch Ungeziefer (Läuse, Flöhe) zu vielen Krankheiten.

Die Stadt war gefordert, um Maßnahmen für die Bekämpfung des Ungeziefers einzuleiten. So wurde entschieden, in der alten Molkerei eine Entlausungsanstalt zu bauen.

Die Firma Hilgendorf, Kfz Instandsetzung Neukalen bekam den Auftrag der technischen Umrüstung für einen Raum zum Duschen und einen Raum zum Erhitzen der Kleidung sowie die dazu benötigte Heizungsanlage anzufertigen und einzubauen. Konstruktion von Richard Hilgendorf.

Die Arbeiten bezogen sich auf den Bau von einem Dampferzeuger, das Schweißen, Gewindeschneiden der Rohre von verschiedenen Abmessungen sowie das Verlegen für die Leitungen des Dampfes und Warmwassers. Das Material wurde aus Beständen der ehemaligen Flugzeugwerke "Arado" genutzt, das in Baracken im Waldgebiet von Malchin und in der alten Ziegelei von Pisede eingelagert war.

Nach Fertigstellung der Anlage wurden die technischen Parameter erreicht und zur Nutzung übergeben. Viele Personen nutzten die Möglichkeit. Die Kleidung wurde in einem Raum auf 100 Grad C erhitzt, die Läuse starben und fielen ab. Inzwischen duschten diese Personen und somit war die Entlausung vollzogen.

Ein Erfolgserlebnis für die Firma Hilgendorf und die Stadt Neukalen.