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Zur Geschichte des Sports in Neukalen (1)

 

Wolfgang Schimmel

 

 

   Mit der Einweihung des neuen Schulhauses am 9. Oktober 1862 standen für die über fünfhundert schulpflichtigen Kinder nicht nur ausreichend Schulräume und Lehrer zur Verfügung, sondern auch ein recht großer Schulplatz, welcher die Möglichkeit für sportliche Übungen bot.
   Ab Michaelis 1863 wurde als 5. Lehrer Johannes Reinke angestellt. Er war gleichzeitig als Turnlehrer tätig und dürfte wohl der erste in Neukalen gewesen sein. Der Turnunterricht wurde nur im Sommerhalbjahr für Knaben durchgeführt. Die Teilnahme war freiwillig und kostete 16 Schilling. Der Turnunterricht fand entweder im Gartsbruch auf dem sogenannten "Turnerplatz" oder auf dem Schulhof statt. Auf dem Schulhof standen drei Barren, eine große Leiter und ein Gerät für den Hochsprung. Das letztgenannte Turngerät bestand aus zwei senkrechten Stangen, zwischen welchen ein mit Sandsäcken beschwertes Seil gespannt war.
   Großherzog Friedrich Franz II. unterstützte den Turnunterricht an den Schulen. Folgendes Schreiben erreichte den Schulvorstand:

   "Seine Königliche Hoheit der Großherzog haben in Bezeugung Allerhöchst Ihres Interesses an der Betreibung der Turnübungen in den öffentlichen Schulen den Turnern einiger landesherrlicher Schulen Fahnen in den Mecklenburgischen und Turner - Farben, wie solche auf dem hier angeschlossenen Blatte abgebildet sind, verliehen, und haben befohlen, davon den Magistraten Mittheilung zu machen, in der Absicht, daß, wo etwa in der Folge für die Turner an den resp. Schulen Fahnen angeschafft würden, dieselben nach diesem Muster angefertiget werden möchten.
   Schwerin, am 27. October 1863
   Großherzogliches Mecklenburgisches Ministerium,
   Abtheilung für Unterrichts - Angelegenheiten."

 

Die Turnerfahne

 

Die Turnerfahne mit den vier F:

 

frisch   fromm   fröhlich   frei

 

 

   Der Neukalener Schulvorstand, bestehend aus Bürgermeister Mau, Pastor Breuel, Rektor Billenberg, Kaufmann Hermes und Stuhlmacher Benthin, beschloß die Anschaffung einer derartigen Fahne für den Turnunterricht. Die Fahne mit den vier F, in der Bedeutung von “frisch, fromm, fröhlich, frei”, sollte bei den Marschübungen der Turner vorangetragen werden. Um den Turnunterricht weiter zu fördern und interessant zu gestalten, kaufte der Schulvorstand Trommel und Flöten für eine kleine Spielkapelle und weiße Mützen für die Turner. Nicht alle Schüler konnten am Turnunterricht teilnehmen, teils aus finanziellen Gründen, zum Teil aber auch, weil sie in ihrer Freizeit im väterlichen Landwirtschafts- oder Handwerksbetrieb helfen mußten.
   1868 richteten Bürgermeister und Rat folgendes Schreiben an das Ministerium:    
   “An das hohe Großherzogl. Ministerium für Unterrichts - Angelegenheiten
Den Turnunterricht im Sommerhalbjahre hieselbst hat der Lehrer Reinke gegen eine Vergütung von 20 Rthlr. bisher ertheilt in der Weise, daß jeder der Schüler. welche am Turnunterricht theil nahmen, 16 Schilling dazu beitrugen. Da eine Verpflichtung für die Schüler zur Theilnahme nicht vorhanden war, so reichte die Aufkunft dieser Beiträge zur Bezahlung des Lehrers nicht hin, so daß aus der Schulkasse nach zuvoriger Berathung mit dem Bürgerausschuß alljährlich ein Zuschuß, im vorigen Jahre von 9 Rthlr. 8 Schilling gemacht werden mußte. Wir halten den Turnunterricht für durchaus nothwendig, sind aber der unvergreiflichen Ansicht, daß die damit verbundenen Costen von den Schülern zu tragen sind. Nach desfallsiger Berathung mit dem Bürgerausschusse haben wir beschlossen
   den Turnunterricht für die ersten beiden Knabenklassen für obligat zu erklären, jedoch den Schülern der anderen Classen die Theilnahme zu gestatten und zur Aufbringung der Costen das Schulgeld pro Johannis und Michaelis Quartal jedesmal um 6 Schilling zu erhöhen, dagegen von den Schülern der unteren Classen, welche am Turnunterricht theilnehmen, gleichfalls für den selben Zeitraum quartaliter 6 Schilling wahrzunehmen.
   Der Turnlehrer würde später seine Vergütung aus der Schulkasse erhalten.
   Jetzt beträgt das Schulgeld quartaliter in der ersten Classe 1 Rthlr. 9 Schilling, in der zweiten Classe 45 Schilling, welches in den beiden Sommerquartalen nur um 6 Schilling zu erhöhen wäre.
   Submissest bitten wir um hohe Genehmigung. Zugleich erlauben wir uns die submisseste Bitte bei etwaiger Vakanz einer Lehrerstelle hieselbst einen im Turnen geübten Lehrer gnädigst berücksichtigen zu wollen.
   Neukalen, den 9. Mai 1868        Bürgermeister und Rath"

   Dieser Antrag wurde vom Ministerium genehmigt.

   Am Turnunterricht nahmen teil:
1869: 53 Kinder            1883: 49 Kinder
1870: 38 Kinder            1884: 77 Kinder
1878: 92 Kinder            1885: 84 Kinder
1879: 88 Kinder            1886: 72 Kinder
1880: 69 Kinder            1887: 77 Kinder
1881: 72 Kinder            1888: 60 Kinder
1882: 76 Kinder

   Für die Teilnahme am Turnunterricht des Lehrers Karl Struck 1878 zahlte jedes der 92 Kinder 75 Pfennig. Dieses sogenannte Turngeld mußte der Ratsdiener einfordern. Lehrer Struck bekam 69 Mark von den Schülern und dazu 30 Mark aus der Schulkasse.
   1879 bis 1883 führten die Lehrer Heinrich Wahrlich und Karl Struck den Turnunterricht für ein Gehalt von 120 Mark gemeinsam durch. Ab 1908 gab nur noch der Lehrer Sähloff Turnunterricht und zwar wöchentlich dreimal je 2 Stunden.
   Zur Turnerschar gehörte eine Spielkapelle mit Trommeln und Flöten, um das Aus- und Einmarschieren zum Turnerplatz im Gartsbruch mit Musik zu untermalen. Der Musiker Wilhelm Böhmer erteilte den Trommlern und Pfeifern der Turnerschaft - bis etwa 1929 - die notwendigen musikalischen Unterweisungen gegen ein Honorar von 30 Mark (1919). 1881 wurden vier neue Flöten zu je 4 Mark angeschafft. Es war immer wieder ein erhebender Anblick, wenn die jungen Turner mit ihrer weißen Kopfbedeckung unter Musik und Gesang im Gleichschritt durch die Straßen der Stadt zum Gartsbruch zogen. So mancher eilte zum Fenster und wäre am liebsten mitmarschiert.      
   Oft wurden Marschübungen und kleinere Ausflüge durchgeführt, aber es gab auch Schauturnen auf dem Schulhof mit Auszeichnung der besten Turner:
   Aus dem “Neukalener Wochenblatt” vom 27.09.1908: “Neukalen, 25. Sept. Gestern wurde hier an der Stadtschule zum ersten Male ein Schauturnen veranstaltet. Für Preise hatte die Stadt die Mittel bewilligt."
   In jedem Jahr wurde eine Turnerreise organisiert. So gab es Reisen nach Penzlin, Kittendorf, Neubrandenburg (Belvedere), Ivenack zu den 1000jährigen Eichen (1904), nach Teterow zu den Heidbergen und Burg Schlitz (1906). Da zu dieser Zeit die Bahnlinie nach Malchin bzw. Dargun noch nicht bestand, mußten die Schüler bis Malchin zu Fuß gehen. Bei der Rückkehr wurden sie dann von einigen Bauern mit Fuhrwerken vom Bahnhof in Malchin wieder abgeholt. Diese Turnerreisen mußten selbst bezahlt werden.

   1911 bat der Lehrer Witte um die Einführung des Klassenturnens:

   "Neukalen, d. 15. Mai 1911
   Den löblichen Magistrat bitte ich um die Erlassung einer Verfügung, wonach der Turnunterricht nicht mehr in der bisherigen Weise gegeben wird, sondern daß ein Turnen nach Klassen eingeführt werde. Was mich zu dieser Bitte bewegt hat, möchte ich im folgenden kurz darlegen. Es war bisher üblich, die 100 bis 120 Turner in zwei Abteilungen zu unterrichten, je eine Abteilung am Dienstag und Donnerstag und beide zusammen am Freitag. Es war jede Turngruppe also 50 - 60 Turner stark, eine Zahl, die ein gedeihliches Unterrichten nicht zuläßt. Es fehlt dem Turnlehrer die Übersicht über eine so große Schar, das einzelne Kind wird zu wenig beschäftigt, das Interesse des Schülers erlahmt. Die Disziplin muß im hohen Maße leiden. Und nun gar am Freitag, wo beide Abteilungen zusammen erscheinen. Da ist ein ordnungsmäßiges Turnen ganz ausgeschlossen, darum wurde dieser Tag zu einem Spaziergang verwandt.
   Nach meiner Ansicht würde eine wesentliche Verbesserung auf dem Gebiete des Turnens eintreten, wenn jede Klasse für sich turnte. Dann würden die Turngruppen bedeutend kleiner werden, sie würden nur 30 bis 40 Schüler enthalten. Es nehmen am Turnunterricht die drei ersten Klassen der Stadtschule teil, die 5 bis 8 Freiwillige aus der 4. Klasse müßten dann wegbleiben. Es würden für jede Klasse 2 Turnstunden anzusetzen sein. Da Lehrer Grambow sich entschlossen hat, die dritte Klasse zu übernehmen, so könnten diese und die 2. Klasse am Dienstag und die 1 Klasse am Freitag von 1/2 5 bis 1/2 7 Uhr turnen. Ich bitte Löblichen Magistrat gehorsamst, meinen Antrag zu genehmigen.
   Gehorsamst
   R. Witte, Lehrer"

   Der Schulvorstand war mit diesem Vorschlag einverstanden, und so wurde ab Herbst 1911 das “Klassenturnen” eingeführt, wie es ja heute immer noch üblich ist.

   Eine Kuriosität aus heutiger Sicht stellt die Haltung des Pastor Hohmann dar. Er hatte sich 1914 im Schulvorstand gegen das Fußballspielen im Turnunterricht ausgesprochen. Der Schulvorstand (Bürgermeister Barten, Pastor Hohmann, Küster Kliefoth, Seilermeister Albert Glasow und Kruse) diskutierte am 14.5.1914 sehr ausgiebig darüber.
   Der Turnlehrer Paul Schmidt schrieb dazu:
   "Wenn man dem Turnlehrer durch Verbieten von Spielen die Freiheit innerhalb des Turnunterrichts nimmt, so nimmt man ihm dadurch auch das Verantwortungsgefühl u. zeigt ihm, daß man ihm in dieser Hinsicht kein Vertrauen entgegen bringt - und raubt ihm schließlich jegliches Interesse an dem Unterricht. - Auch müßte ein Turnlehrer ja eigentlich selbst und vielleicht gerade am besten beurteilen können, ob eine Übung dem Ziel dieses Unterrichts entspricht oder nicht. Dann giebt es schließlich so manche Übung, wodurch das Kind vielleicht mal Schaden erleiden könnte - wenn man das alles verbieten wollte, so würde man ganz und gar den Zweck des Unterrichts verkennen. Denn gerade durch solche Übungen soll neben körperlicher Ausbildung auch Entschlossenheit, Mut, Geistesgegenwart usw. geweckt werden.
Ich selbst halte das Fußballspiel neben andern Spielen sehr wohl für geeignet dazu beizutragen, daß man das Zeil des Turnunterrichts erreicht - allerdings darf es nicht übertrieben werden.
   21.5.14                    Paul Schmidt.”

   “Neukalen, den 16. Mai 1914
   Bitte des Lehrers Paul Schmidt in Angelegenheit des Turnens.
   An den Verehrlichen Schulvorstand zu Neukalen.    
   Da unsere im Jahre 1881 angeschaffte Turnerfahne völlig zerrissen ist, habe ich für eine neue Fahne etwa 18 M bei den Turnern zusammengebracht. Da aber diese Summe nicht ausreicht zu einer neuen Fahne, denn die alte hat damals schon ungefähr 60 M gekostet, so bitte ich den Verehrlichten Schulvorstand, uns das noch fehlende Geld zu einer guten Fahne bewilligen zu wollen.
   Den Anforderungen, die unsere Zeit an das Turnen stellt, entspricht es, daß neben den planmäßigen Ordnungs- Frei- und Geräteübungen auch Spiele stattfinden. Da kommen wegen ihres Wertes wegen auch vielfach Ballspiele in Betracht, da aber die Bälle fehlen, bitte ich den Verehrlichten Schulvorstand um Anschaffung je eines Fuß-, Faust- und Schleuderballes und um 2 kleine Schlagbälle.
   Auch fehlt bei dem Trommlerchor ein Trommelstock. Ich bitte darum um Anschaffung 2er Trommelstöcke, damit wir einen in Reserve haben.
   Außerdem wäre es sehr wünschenswert, wenn den Turnlehrern irgend ein Werk über Turnen zur Verfügung stände, z. B. Turnspiele für Deutschlands Jugend zum Preise von 4,25 M. Aus eignen Mitteln kann man sich ein solches Buch wohl kaum beschaffen bei dem geringen Gehalt des Turnlehrers, darum bitte ich den Verehrlichten Schulvorstand, uns die Anschaffung eines solchen Buches ermöglichen zu wollen.
   Ergebenst
   P. Schmidt, Lehrer"

   Soweit bekannt, waren als Turnlehrer in früheren Zeiten tätig:

Reincke, Johannes            

1863 ... 1868

 

Jonas                    

1869

 

Diederichs, Eduard            

1870 ... 1878

 

Struck, Karl               

1878 ... 1904

 

Wahrlich, Heinrich            

1879 ... 1883

 

Westphal, Hermann            

1900 ... 1919

 

Heiden, Friedrich                

1905 ... 1907

 

Sähloff, Bernhard            

1907 ... 1910

 

Grambow, Erich                

1910 ... 1911

 

Witte, Richard                

1911 ...

 

Schmidt, Paul                

1914 ...

 

Bruger, Else                

1916 ... 1936

 

Brandt, Adolf                

1919 ... 1920

 

Grönwold, Ernst                

1920 ... 1938

 

Autrum, Karl Friedrich            

1931 ... 1933

 

Möller, Olga                

1938

 

Gaida, Hubertus Johannes        

1943 ... 1944

 

 

Gründung des Männer - Turn - Verein Neukalen 1892


   Dem Beispiel anderer Städte folgend wurde 1892 in Neukalen ein Männer - Turn - Verein gegründet. Leider ist aus der Anfangszeit des Vereins nichts mehr bekannt. Es existiert nur noch ein Gruppenfoto aus der Zeit um 1900. Die Aufnahme entstand im Garten des Gastwirts Daewel (Straße der Freundschaft Nr. 26). Im Hintergrund erkennt man den 1895 neuerbauten Saal, rechts sind die Pfosten eines Recks zu sehen. Hier war damals das Vereinslokal für den Männer - Turn - Verein Neukalen. Im großen Garten oder aber - bei schlechtem Wetter - im Saal fanden die turnerischen Übungen statt. Anschließend besprach man die Leistungen ausführlich bei einem Seidel Bier im Restaurant des Herrn Daewel.

 

Männer-Turn-Verein zu Neukalen von 1892

 

Männer-Turn-Verein zu Neukalen von 1892

 

   Von den Personen auf dem Bild sind noch folgende Namen bekannt:
   Obere Reihe von links: Paul Griebahn, Arbeiter; Gustav Rost, Tischler; Wilhelm Gamm, Ackersmann; - ? - ; Otto Gebauer, Töpfer;
   2. Reihe von oben von links: - ? - ; Carl Daewel, Gastwirt; Soltmann; - ? - ; - ? - ; - ? - ; Walter Zarpentin, Briefträger; - ? - ; Albert Krüger, Ackerbürger;
   3. Reihe von oben von links: Wilhelm Brümmer, Gärtner; Max Schröder, Gärtner; - ? - ; - ? - ; Ernst Stein, Klempner; Uwe Kubbernuß; Otto Hahn, Müllermeister;
   Untere Reihe: - ? - ; - ? - ;

 

 

Aus dem "Neukalener Wochenblatt" vom 7.2.1894

 

 

   Am 10. Juni 1894 fand in Neukalen ein großes Turnfest statt, an welchem die Turnvereine aus Dargun, Malchin, Stavenhagen, Teterow und Waren als Gäste teilnahmen. Im “Neukalener Wochenblatt” war zu lesen:

   “Neukalen, 6. März. Laut Beschluß des Vorstandes des “Turngaues der Mecklenburgischen Schweiz", welcher am letzten Sonntag in Malchin zu einer Sitzung zusammengetreten war, in welcher gleichzeitig der Warener und Darguner Verein die nachgesuchte Aufnahme im Gau gefunden haben, wird das diesjährige Gauturnfest am 17. Juni in unserer Stadt abgehalten werden. - Die übliche Turnfahrt der dem Gau angehörenden Vereine (Dargun, Malchin, Neukalen, Stavenhagen, Teterow, Waren) wird Burg - Schlitz zum Ziele haben und am Himmelfahrtstage stattfinden. - Als Vertreter des Gaues auf dem in Hamburg stattfindenden Kreisturntag wurde Herr G. Höpfner - Malchin gewählt."

   “Neukalen, 7. Juni. Der schier endlose Regen der letzten Zeit eröffnet für das gute Gelingen des am künftigen Sonntag hier stattfindenden 9. Gauturnfestes recht wässrige Aussichten. Nun, hoffentlich macht Jupiter pluvius noch rechtzeitig “Schicht", denn sonst nützen uns alle mit Eifer betriebenen Festvorbereitungen nichts. - Dem dieser Tage versendeten Festprogramm entnehmen wir folgende Einzelheiten: Der Empfang der Vormittags 91/2 Uhr erwarteten Delegirten und etwaiger Turner erfolgt durch unsern Verein; im Daewel'schen Locale wird den Gästen ein Begrüßungsschoppen credenzt. Die Kampfrichtersitzung nimmt daselbst um 10 Uhr, der Gautag um 11 Uhr seinen Anfang. Hieran schließt sich - im selben Local - um 1 1/2 Uhr Festtafel. Um 2 Uhr Empfang der Vormittags noch nicht angelangten fremden Turner durch den hiesigen Verein. Um 3 3/4 Uhr setzt sich vom Vereinslocale aus der Festzug zu einem Ummarsch durch die Stadt in Bewegung; nach Wiedereintreffen desselben im Daewel´schen Garten hält daselbst Herr Bürgermeister Dr. Stegemann die Festrede, welcher unmittelbar die Turnübungen folgen. Die Preisvertheilung wird gegen 8 Uhr vorgenommen werden. Der Festball (in zwei Localen: bei Daewel und Seemann) beginnt um 8 1/2 Uhr.”

 

 

Aus dem "Neukalener Wochenblatt" vom 8.6.1894

 

 

 

Das Stammlokal des Männer-Turn-Vereins von Carl Daewel (um 1899)

 

Das Stammlokal des Männer-Turn-Vereins
von Carl Daewel (um 1899)
Die Personen auf dem Bild von links: Polizist Schölermann; J. Benduhn; Gastwirt Carl Daewel; Frau und Herr Müller; Frau Hopp; Hans Fischer; Peters; Tück; eine Kellnerin (stehend); Ernst Salchow; Grohmann; Ladendorf; Polizeidiener Fritz Glasow;

 

 

 

Radfahrer - Verein

 

   1896 wurde in Neukalen ein Radfahrer - Verein gegründet. Vorsitzender war Ernst Salchow. Im Vorstand waren außerdem Kaufmann Bernd, Lehrer Westphal und Kaufmann Löwi. Als Stammlokal galt das Restaurant “Zur guten Quelle” (Straße der Freundschaft 26). Leider ist über diesen Verein nichts weiter als der folgende Antrag erhalten geblieben:

   "An den verehrlichen Magistrat hieselbst.
   Der unterzeichnete Vorstand des "Neukalener Radfahrer-Verein v. 1896" bittet den verehrlichen Magistrat ganz ergebenst, an seinem Stiftungsfest am 18. Juni eine Korsofahrt durch die Straßen der Stadt mit Musik, nach derselben ein öffentliches Konzert im Gartsbruch, und Abends einen Ball bis 1 Uhr abhalten zu dürfen.
   Die Erlaubnis des hohen Ministerii ist eingeholt.
   Gehorsamst
   der Vorstand des "Neuk. Radfahrer - Verein"
                                    I. A.
   Neukalen, 15. Mai 1899                  E. Löwi, Schriftführer"

 

 

Der Männer - Turn - Verein

 

   Auch an den Männer - Turn - Verein Neukalen erinnert nur noch wenig:
   Bekannt ist, daß 1900 im Vorstand des Männer - Turn - Vereins Kaufmann Ernst Salchow und Färbermeister Friedrich Heinrich Albrecht waren, die wohl auch zu den Gründern dieses Vereins gehörten.

 

 

Aus dem "Neukalener Wochenblatt" vom 17.9.1905

 

 

 

Aus dem "Neukalener Wochenblatt" vom 27.4.1906

 

 

Aus dem "Neukalener Tageblatt" vom 15.9.1914

 

 

 

   Aus dem “Malchiner Generalanzeiger” vom 11.2.1906: “9. Febr. Der hiesige Männerturnverein beabsichtigt, sein diesjähriges Maskenfest am Freitag, den 16. d. Mts. in Rickerts Restaurant abzuhalten.”

   Auf der Stadtverordnetenversammlung vom 15.3.1920 wurde beschlossen, daß die Anzüge der aufgelösten Jugendtruppe dem Vorstand des Turnvereins überlassen werden. “Der Vorstand des Turnvereins hat darauf zu achten, dass die Anzüge nur bei öffentlichen Auftreten der Turner benutzt werden. Dem Turnwart Herrn Dempzin zur Kenntnis.”

   Nach dem I. Weltkrieg gab es in Neukalen den Männer - Turn - und Sportverein unter Leitung des Kaufmann Johannes Fischer und den Turn - und Sport - Verein unter Leitung des Kaufmann Rudolf Penzlin, die sich aber bald vereinigten, sowie einen Reiterverein.

 

 

Aus dem "Neukalener Tageblatt" vom 3.12.1924

 

Stempel des Männer-Turnvereins

 

Stempel des Männer - Turnvereins 1924

 

 

Turnerfest im Gartsbruch 1925

 

Turnerfest im Gartsbruch 1925

 

 

 

Entstehung der Turnhalle


   Der Gastwirt Bernhard Lettow machte 1922 Pleite. Laut Beschluß der Stadtverordnetenversammlung vom 22.9.1922 wurde das Gebäude am folgenden Tag von der Stadt erworben. Ab 1.12.1922 stellte Lettow den Gastwirtschaftsbetrieb im “Deutschen Haus" in der Rektorstraße ein. Die Stadt ließ nun das Gebäude umbauen. Der Saal wurde als Turnhalle eingerichtet, das Dach neu gedeckt (1923) und im Haus erfolgte der Ausbau von zwei Wohnungen. Die Bühne blieb einstweilen noch erhalten. Bei der Chemnitzer Turngeräte - Fabrik Julius Dietrich & Hannak bestellte die Stadt am 12.1.1923 verschiedene Turngeräte. Der Männer - Turn - und Sportverein (Vorsitzender: Kaufmann Johannes Fischer, Schriftwart: Elsner) stellte seine Turngeräte ebenfalls in der neuen Turnhalle auf. Die Schule durfte diese mitbenutzen. Ende Februar 1923 war der Umbau fertig. Die Wohnungen konnten bezogen und die Turnhalle eingeweiht werden. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der Männer - Turn - und Sportverein immer noch im Saal des Gastwirt Tübbicke (Straße der Freundschaft 26) geturnt.


Turnhallenordnung vom 9.9.1924


   “T u r n h a l l e n o r d n u n g
   Die Turnhalle ist ein Unterrichtsraum der hiesigen Stadtschule und muß zu Beginn der täglichen Schulstunden bezgl. Ordnung und Sauberkeit den Anforderungen an einen Schulraum entsprechen.
Es sind darum
1) die Geräte und sonstigen Einrichtungen bei der Benutzung und der Bereitstellung schonend zu behandeln,
2) sämtliche Geräte und Gegenstände nach Benutzung an den dafür bestimmten und bezeichneten Platze zurückzubringen,
3) die beiden Reckstangen nach Benutzung in Reichhöhe einzustellen,
4) alle Mängel, die beim Turnen an den Geräten erkennbar werden, zwecks Beseitigung dem Schuldiener oder der Schulleitung mitzuteilen,
5) die Fußböden in der Halle und in den Nebenräumen vor Unsauberkeit durch gleichgültiges Fortwerfen von Papierresten zu schützen und zur Vermeidung der Staubentwickelung die Füße vor Betreten der Halle zu reinigen,
6) die Wände in den Räumen und die Einrichtungsgegenstände nicht zu beschmieren.
7) Das Rauchen in der Halle ist verboten.

    2 Exemplare sind in der hiesigen Turnhalle zum Aushang zu bringen.
    1 Exemplar ist Herrn Rektor Pagels zur Kenntnisnahme zu übersenden.

   An den Turnverein hier:
   In der Anlage übersenden wir 2 Exemplare der hiesigen Turnhallenordnung. Sie werden ersucht, diese Vorschriften genau zu beachten. Das eine Exemplar derselben haben Sie zu unterzeichnen, und hierher zurückzugeben.
        N. 9.9.1924                D. R."

   1926 wurde die Turnhallenordnung noch einmal überarbeitet:

   “T u r n h a l l e n - 0 r d n u n g
1. Der Turnraum der Turnhalle darf von Schülern oder Turnern erst dann betreten werden, wenn Turnlehrer oder -lehrerin, Turnwart oder Vereinsleiter dazu auffordern. Das Licht in der Halle wird nur vom Schuldiener oder vom Leiter der Turnabteilung angezündet.
2. Jedes Üben an den Geräten, besonders am Rundlauf, ohne sachgemäße Aufsicht ist verboten.
3. Für nachweisbar mutwillige und nachlässige Beschädigungen und Beschmutzungen an der Halle oder deren innerer Einrichtung sind die Vereine für ihre Mitglieder, die Eltern für ihre Kinder haftbar.
4. Jede Vereinigung, die die Turnhalle benutzt, hat dem Rat vorher eine Person namhaft zu machen, die für die Ordnung in der Halle während des Turnens und nach demselben unbedingt zu haften hat. Insbesondere bezieht sich diese Haftung auch auf die Sauberhaltung der Aborte.
   Nur der genannten Vertrauensperson steht auf Widerruf seitens des Rates die Führung eines Turnhallenschlüssels zu.
5. Alle Turn-, Hand- und Spielgeräte sind nach beendeter Übung an den zur Aufbewahrung bestimmten Platz zu bringen. Die Reckstangen sind beim Verlassen der Halle in Reichhöhe 1,50 m einzustellen.
6. Schüler und Turner sind darauf hinzuweisen, daß sie
   a. die nähere Umgebung der Turnhalle nicht mutwillig beschmutzen,
   b. beim Eintritt in die Halle die Füße vor den Stufen sorgfältig reinigen, um den schädlichen Staub von dem Turnraum möglichst fernzuhalten,
   c. den Turnhallenraum nur durch die eigentliche Turnhallentür betreten und alle sonstigen Türen zur Halle nicht benutzen, beim Verlassen der Halle auch die Tür zum Ankleideraum abschließen,
   d. sich nach Möglichkeit Turnschuhe beschaffen.
7. Die Turnhalle ist Unterrichtsraum der Stadtschule und darf von turnerischen Vereinigungen nur zu den vom Rat genehmigten Zeiten benutzt werden. Zu jeder Benutzung außerhalb der festgesetzten Zeit ist die Zustimmung des Rates rechtzeitig einzuholen.
8. Die leihweise Entnahme von Schulgeräten zur Benutzung außerhalb der Halle darf nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Rates unter Zustimmung der Schulleitung geschehen. Für die unbeschädigte, pünktliche Rücklieferung der Geräte in die Halle ist der Entleiher haftbar.
9. Jeder Verein, der zur Benutzung der Turnhalle zugelassen ist, hat dem Rat die regelmäßigen und besonderen Turnzeiten mitzuteilen. Es wird dann ein Turnplan angefertigt und in der Halle ausgehängt.
10. Das Rauchen im Turnraum und Ankleideraum ist grundsätzlich verboten. Beide Räume dürfen mit brennenden Zigarren, Zigaretten und Pfeifen nicht betreten werden.
11. Für jede Unordnung in der Halle, die der Schuldiener oder der Turnleiter einer Abteilung in einer Übungsstunde feststellt, wird die Vereinigung zunächst haftbar gemacht, die vorher turnte oder die Halle benutzte.
12. Den Anordnungen der dem Rat mitgeteilten Vertrauensperson oder des Schuldieners ist bezüglich obiger Bestimmungen unbedingt Folge zu leisten. Unbotmäßigkeit soll zur Anzeige gebracht werden.
13. Ehrenpflicht eines jeden Turners ist, zur Erhaltung der Turnhalle und ihrer gesamten Einrichtung nach Kräften beizutragen.
14. Die Nichtbefolgung der Bestimmungen zur Turnhallenordnung kann zur Verhängung von Verweisen und bei wiederholten Verstößen zur Entziehung der Benutzungserlaubnis führen.
15. Aus dringlichen Anlässen steht es dem Rat frei, auch an Turnabenden über die Halle anderweitig zu verfügen.
16. Bezüglich Wartung, Heizung und Beleuchtung in der Turnhalle ergehen besondere Bestimmungen.
Neukalen, den 1. Dezember 1926             Der Rat
                                Kohfeldt"

   Auf der Stadtverordnetenversammlung am 11.2.1927 wurde eine Turnhallenkommission gebildet und diese Turnhallenordnung vom 1.12.1926 genehmigt. Die Turnhallenkommission setzte sich so zusammen:
Stadtrat Kühl, Stadtverordneter Lange, sen., Stadtverordneter Fischer, Rektor Pagels sowie ein von den einzelnen Vereinen zu wählendes Mitglied


    Der Sportplatz bei den “Judentannen”


   Der Turnverein mit seinem Vorsitzenden Rudolf Penzlin hatte bereits 1921 den Antrag gestellt, einen Platz zu bekommen, der als Sportplatz eingerichtet werden könnte. Ursprünglich war die sogenannte Apothekerwiese hinter dem Gartsbruch vorgesehen. Dr. Rademacher riet davon ab: “Geht lieber zu den Judentannen, dort ist die Luft besser". Am 5.8.1921 beschloß die Stadtverordnetenversammlung, dem Turnverein den gewünschten Platz bei den Judentannen zu überlassen. Auf Grund der Inflation unterblieb die Ausführung, bis man 1924 den Plan erneut aufgriff. Die Stadtverordnetenversammlung vom 24.10.1924 beschloß dann erneut: “Der Platz zwischen Böschung Judentannen und Hochspannungsleitung auf der Schwarzenerde soll als Sportplatz hergegeben werden. Die Ausführungsarbeiten, im besondere die Einebnung des Platzes wird dem Bauamt übertragen."
   1924 begann nun der Turnverein, einen Sportplatz nach seinen Vorstellungen auf dem Brachland einzurichten. Auch ein Sporthaus wurde gebaut, wozu Christian Ketelhahn in Erinnerung an seinen verstorbenen Sohn sehr viel Geld beisteuerte. Das Haus gehörte dem Männer - Turn - und Sportverein. Der Weg zu den “Judentannen” mußte 1925 verbreitert werden. Im August 1926 wurde der Sportplatz bei den “Judentannen” dann endlich eingeweiht. Hier waren zwei Ehrenpforten mit 8 Fahnen errichtet worden, und es fanden sportliche Veranstaltungen statt. Viele Zuschauer hatten sich zur Einweihung eingefunden.

   Größter Sportverein war 1926 die “Deutsche Turnerschaft, Männer- Turn- und Sportverein Neukalen i.M”, welcher die Tradition des 1892 gegründeten Männer - Turn - Vereins fortführte. Er hatte 1927 etwa 130 Mitglieder und turnte in 8 Riegen. Zum Vorstand gehörten:
   Rudolf Penzlin - Vorsitzender
   Elsner - Schriftwart
   Theodor Klentzer - Kassenwart
   Gustav Kabel - Turnwart
   Es turnten dienstags von 17.00 bis 18.00 Uhr Frauen und Schülerinnen, von 20.00 bis 22.00 Uhr Männer, Zöglinge und Schüler, mittwochs von 20.00 bis 22.00 Uhr junge Mädchen und freitags von 20.00 bis 22.00 Uhr Zöglinge und Schüler.

   Mitglieder des Männer- Turn- und Sportvereins am 28.1.1927:

“a. Ehrenmitglieder.
        1. Albrecht, A. F.

b. Mitgl.ehrenhalb.
        1. Grohskurth, J.

c. Mitglieder.
          1. Tübbicke, W.
          2. Klentzer, Th.
          3. Storrer, H.
          4. Schulz, E.
  +      5. Waterstradt, P.
          6. Thielkow, Dr.
          7. Schulz, R.
          8. Penzlin, R.
  +      9. Albrecht, K.
        10. Kottke, K. jnr.
        11. Nielen, Fr.
        12. Fischer, J.
        13. Hohmann, Pastor
        14. Schmidt, Rob.
        15. Seemann, Fr.
  +    16. Wittenburg, W.
        17. Wiechert, E.
        18. Borchardt, K.
        19. Lange, A.
        20. Hinzpeter, E.
        21. Burgwedel
  +    22. Hilbricht, O.
  +    23. Seedorf, H.
        24. Stein, Aug.
        25. Broder, E.
        26. Glasow, G.
        27. Fehlhaber, G.
        28. Elsner, W.
        29. Stüdemann, A.
  +    30. Aey, O.
        31. Tietz, P.
  +    32. Meinke, E.
        33. Bollhagen, H.
        34. Benduhn, W.
  +    35. Steinborn, G.
  +    36. Federow, R.
        37. Voth, H.
  +    38. Kabel, G.
  +    39. Kabel, A.
  +    40. Henke, K.
  +    41. Burmeister, Fr.
  +    42. Schäffer, A.

d. Zöglinge.
  +      1. Rost, Fr.
  +      2. Reichardt
  +      3. Krüger, E.
  +      4. Losehand, R.
  +      5. Hoff
  +      6. Rost, W.
  +      7. Rost, G.
  +      8. Lange, W.
  +      9. Lüders, O.
  +    10. Gamm, W.
  +    11. Krüger, G.
  +    12. Schmidt, W.
  +    13. Peterson, W.
  +    14. Rachow, E.
  +    15. Burmeister, A.
  +    16. Federow, A.
  +    17. Hilbricht
  +    18. Schacht, E.
  +    19. Griebahn, P.
  +    20. Schacht, W.

e. Schüler.
  +      1. Tübbicke, W.
  +      2. Stöcker, W.
  +      3. Lorenz, H.
  +      4. Seemann, W.
  +      5. Schmidt, H.
  +      6. Russow, H.
  +      7. Russow, O.
  +      8. Krüger, Fr.
  +      9. Becker, Fr.
  +    10. Lipstreuer, H.
  +    11. Hilbrecht, P.
  +    12. Voth, J.
  +    13. Voth, U.
  +    14. Pankow
  +    15. Griebahn, W.
  +    16. Urbaneck, H.
  +    17. Schacht, K.

f. Damen.
  +      1. Ladwig, Anna
  +      2. Richter, Ina
  +      3. Brandt, Else
  +      4. Francke, Berta
  +      5. Westphal, Ella
  +      6. Koch, Hilda
  +      7. Martens, Marg.
  +      8. Wendland, Grte
  +      9. Losehand, Else
  +    10. Pegler, Lotte
  +    11. Wiechert, Hilde
  +    12. Frl. Seemann
  +    13. Frl. Wilken
  +    14. Frau Seemann
  +    15. Frau Keding
  +    16. Frau Benduhn
  +    17. Frau Klentzer
  +    18. Frau Penzlin
  +    19. Frau Grohskurth

g. Schülerinnen.
  +      1. Broder, Gerda
  +      2. Klentzer, Thea
  +      3. Wagner, Edith
  +      4. Lorenz, Liselotte
  +      5. Hohmann, Gertrud
  +      6. Hohmann, Elfriede

(Die mit einem + bezeichneten Personen sind aktive Turner).”

   Die Möglichkeit, in der Turnhalle und auf dem neuen Sportplatz Sport zu treiben, führte zu weiteren Vereinsgründungen. So gab es um 1926 auch noch den Sportverein ,,Wacker", welcher sonnabends von 20.00 bis 22.00 Uhr in der Turnhalle übte. Vorsitzender war Walter Benduhn. Es gab auch einen Fußballclub, der aber 1927 wegen ungenügender Beteiligung aufgelöst wurde. Die restlichen Mitglieder traten dem Fußballclub Dargun bei. Ab 1926 existierte ein Arbeiter - Turn - Sportverein, dessen Vorsitzender 1926 Gustav Becker, Rohrplage 13, war. Dieser Verein nutzte die Turnhalle montags und donnerstags von 19.00 bis 22.00 Uhr. Der Arbeiter - Turn - und Sportverein nannte sich ab 1928 im Stempel “Freie Turnerschaft Neukalen". 1928 wird als 1. Vorsitzender des Arbeiter - Turn - Vereins der Arbeiter Otto Sänger, Klosterstraße 13, genannt und als Turnwart Alfred Schröder.
   1929 gab es zuerst nur noch 2 Sportvereine: den Männer- Turn- und Sportverein (Leiter: Kaufmann Rudolf Penzlin) sowie den Arbeiter - Turn - und Sportverein.
   Am 24.11.1929 wurde der ,,Neukalener Sport - Verein" gegründet, dem 35 Mitglieder beitraten. Vorsitzender war H. J. Hinneberg, Schriftführer Koch. Die Turnhalle wurde am Mittwoch und Sonnabend von 20.00 bis 22.00 Uhr benutzt.
   Da der Männer- Turn- und Sportverein das Lichtgeld für die Turnhalle nicht bezahlte, wurde dem Verein die Turnhalle ab 1.1.1930 gesperrt. Nach einigen Streitigkeiten bezahlte der Verein im Juni 1930 das Geld.

   Die Geselligkeit hatte immer einen festen Stellenwert bei den Sportvereinen. So lesen wir 1930:

   “Männer - Turn - und Sport - Verein Neukalen.
Der unterzeichnete Verein wird in diesem Jahre seine Wandertour am Himmelfahrtstage (am 29. Mai) nach Waren und Umgebung unternehmen und laden wir alle aktiven und besonders auch die passiven Mitglieder sowie Freunde des Vereins zur Teilnahme ein. Abmarsch von der Turnhalle 8,45 Uhr pünktlich. Antreten ebenda 8,30 Uhr. Fußmarsch bis Malchin. Abfahrt nach Waren 9,15 Uhr in Malchin. Abends Abfahrt Waren 7,10 Uhr.
   Für Jugendliche bis zum 20. Lebensjahr kostet die Hin- und Rückfahrt 1,- Mark. Dieser Betrag ist bis zum 25. Mai mittags beim 1. Vorsitzenden Herrn Penzlin einzuzahlen. Bei späterer Zahlung kann eine Fahrtvergünstigung nicht berücksichtigt werden.
   Alle übrigen Teilnehmer haben 33 1/3 % Fahrtermäßigung und kostet die Reise für Hin- und Rückfahrt bis Malchin nur 1,40 Mark. Diese Teilnehmer lösen sich Ihre Karten selbst in Malchin.
   Der Vorstand des Männer-Turn- und Sport - Vereins Neukalen.”

 

 

 

 

Aus dem "Neukalener Tageblatt" vom 13.6.1930

 

 

   Am 28.6.1931 fand ein Volksfest statt, auf dem der Arbeiter - Turn - und Sportverein Turnübungen vorführte.

 

Wagen der Sportler beim Ummarsch zum Heimatfest im Juli 1931

 

Wagen der Sportler beim Ummarsch zum Heimatfest im Juli 1931

 

 

   Der Männer - Turn - und Sportverein beschwerte sich am 8.2.1932 über Beschädigungen in der Turnhalle und am Sporthaus. Verursacher waren wohl Schüler, aber auch Mitglieder des Neukalener Sport - Vereins wurden als Verursacher angesehen, und man bat, diesem Verein die Benutzung der Turnhalle zu verbieten. Es fehlte wohl eine feste Führung des Neukalener Sport - Vereins, so daß sich dieser bald darauf auflöste. Vorsitzender war bis zuletzt Dr. Hinneberg.

   Am 28.2.1932 veranstaltete der Männer - Turn - und Sportverein ein Wintervergnügen im Hotel Behrend. Zur gleichen Zeit fand eine Rednerversammlung der Nationalsozialisten statt.

   Auf der Stadtverordnetenversammlung am 26.1.1933 faßte man folgenden Beschluß:
   “An dem Sportplatz bei den Judentannen sollen keine Verbesserungen mehr vorgenommen werden. Es soll lediglich nur der am Sportplatz entlang führende Weg verlegt werden. Der Antrag des Arbeiter - Turn - u. Sport - Verein wird der Turnhallenkommission überwiesen. Es soll in Erwägung gezogen werden einen Sportplatz in der Nähe der Stadt zu schaffen.”

   1933 wurden die Turngeräte des Arbeiter - Turn - Vereins sowie die Musikinstrumente des Reichsbanner schwarz - rot - gold beschlagnahmt und an das Landes - Kriminalamt übersandt. Der Verein wurde aufgelöst.

   Am 2.12.1933 abends zwischen 7 und 8 Uhr führte die Turnerjugend unter Leitung des Kaufmanns Rudolf Penzlin einen Werbemarsch durch Neukalen durch.

   Der Männer - Turn - und Sportverein hatte um 1934 auch eine Musikkapelle.

   Ab 27. März 1934 wurde die Turnhalle zur Verfügung gestellt:
1. am Montag Abend Hitlerjugend
2. am Dienstag Abend Rotes Kreuz
3. am Mittwoch Abend S.A. Sturm 3/214
4. am Donnerstag Abend S.A. Sturm 3/214
5. am Freitag Turnverein
6. am Sonnabend B.D.M.
   Daraufhin beschwerte sich der Männer - Turn - und Sportverein am 31.3.1934, daß er nur noch einen Abend in der Turnhalle zur Verfügung hatte: “... Ich weiß nicht ob es richtig gehandelt ist, wenn der Turnverein durch Wegnahme seiner 3 Abende, die notwendig gebraucht werden, gezwungen wird dadurch wieder die Schulungsabende und den Turnunterricht in dem Saal eines Lokales abzuhalten, während in der Turnhalle Marsch- und Wehrdienst abgehalten wird. Wir werden dann unsere Geräte aus der Turnhalle entfernen und hierüber Bericht an maßgebende Stelle weiter leiten." Für den Vorsitzenden des Männer - Turn - und Sportvereins Rudolf Penzlin hatte diese Beschwerde negative Folgen. Er wurde am 10.4.1934 als Vertrauensmann für die politische Betreuung des Sport- und Turnwesens durch den Reichssportführer in Mecklenburg abgesetzt. Als neuer Vertrauensmann wurde der Kaufmann Ulrich Fischer vorgeschlagen und angenommen. Bis 1937 war der Kaufmann Rudolf Penzlin noch Vorsitzender des Männer - Turn - und Sportvereins Neukalen, ab 1937 wird als Leiter (Turnwart) Kurt Albrecht genannt. Mit Ausbruch des II. Weltkrieges ließen die Aktivitäten des Vereins nach und ruhten schließlich ganz.
Außer dem Turnverein gab es 1935 noch einen Tennisclub. Leiter war der prakt. Arzt Dr. Wilhelm Vierheller, der in der Mühlenstraße wohnte. Der Tennisplatz befand sich im Gartsbruch auf dem sogenannten Turnerplatz.
   Die Stadt stellte jährlich 100 Reichsmark für Turn- und Sportzwecke zur Verfügung.

 

Der erste Neukalener Fußballclub 1932

 

Der erste Neukalener Fußballclub 1932

 

Sportfest um 1935

 

Sportfest um 1935
(auf dem damaligen Sportplatz bei den "Judentannen"

 

Fußballer um 1945

 

Fußballer um 1945

 

Haus am früheren Sportplatz bei den

 

Haus am früheren Sportplatz bei den "Judentannen"
(Aufnahme vom September 1979)